Umstrittene Vorsorge-ReformPensionskassen sind unzufrieden mit Lösung des Bundesrats
Eine aktuelle Umfrage unter Pensionskassen widerspiegelt Skepsis gegenüber dem Reformvorschlag der beruflichen Vorsorge von Bundesrat und Sozialpartnern.
Weil die Lebenserwartung steigt, wird es in der beruflichen Vorsorge je länger, je schwieriger, die gesetzlich garantierten Renten zu finanzieren. Schon seit einiger Zeit werden deshalb jährlich mehrere Milliarden Franken für Rentner eingesetzt, die eigentlich den aktiven Versicherten zustehen würden.
Im Sommer 2019 einigten sich der Schweizerische Arbeitgeberverband, der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaft Travailsuisse auf eine Kompromisslösung für dieses Problem. Der Bundesrat liess diese Ende vergangenen Jahres in einen Gesetzesentwurf einfliessen, den er in die Vernehmlassung schickte (Hier finden Sie eine Übersicht über die wichtigsten Punkte des Entwurfs). Bei den Pensionskassen, die das umsetzen müssten, scheint der Vorschlag jedoch nicht gut anzukommen.
In einer aktuellen Umfrage der Pensionskassenberaterin Complementa bringen sie ihre Skepsis zum Ausdruck. An der Umfrage haben 443 Pensionskassen teilgenommen. Das sind rund ein Drittel aller Pensionskassen, die mehr als 70 Prozent des gesamten Vorsorgekapitals vertreten.
Kritik am Rentenzuschlag
Ein umstrittener Punkt im bundesrätlichen Gesetzesentwurf ist der Rentenzuschlag. Wer in den ersten 15 Jahren nach Einführung des neuen Gesetzes pensioniert wird, soll demnach monatlich eine zusätzliche Rente zwischen 100 und 200 Franken erhalten, die aus Arbeitnehmerbeiträgen finanziert wird. Mehr als zwei Drittel der befragten Pensionskassen finden, dass dieser Rentenzuschlag das bewährte 3-Säulen-Prinzip der Altersvorsorge infrage stelle, weil die Umlage von Angestellten hin zu Rentnern in die erste Säule der AHV gehöre. Nur 19 Prozent verneinen dies.
Eine klare Mehrheit der Pensionskassen möchte die berufliche Vorsorge entpolitisieren, fasst Thomas Breitenmoser von Complementa die Umfrageresultate zusammen. «Doch Bundesrat und Sozialpartner arbeiten zum Beispiel mit dem Rentenzuschlag auf eine zusätzliche Verpolitisierung hin.» Doch Versicherungsmathematik lasse sich nicht mit Politik beseitigen.
Politisch unbequeme Lösungen
Die versicherungsmathematisch korrekten Lösungen, die viele Pensionskassen unterstützen, sind allerdings politisch unbequem. So halten 75 Prozent der befragten Vorsorgeeinrichtungen eine Erhöhung des Rentenalters für sinnvoll. Und fast 70 Prozent finden, der Umwandlungssatz zur Bestimmung der Rente sollte nicht mehr gesetzlich bestimmt, sondern an Kriterien wie Lebenserwartung oder aktuelle Kapitalverzinsung angepasst werden. Heute liegt der gesetzliche Mindestumwandlungssatz bei 6,8 Prozent. Das bedeutet, dass bei einem Alterssparkapital von 100’000 Franken jährlich 6800 Franken Rente ausbezahlt würden. Der versicherungsmathematisch korrekte Umwandlungssatz liegt gemäss Complementa heute jedoch bei nur 4,68 Prozent.
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