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China stemmt sich gegen die Krise
Peking macht die Kasse auf

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Chinas Premierminister sorgte bei der Eröffnung des Volkskongresses für eine Überraschung. Zum ersten Mal seit 30 Jahren verzichtet die Regierung auf eine Wachstumsprognose.

Auf diese Zahl stürzten sich alle: Die Prognose zum chinesischen Wirtschaftswachstum, die Chinas Premierminister traditionell zum Auftakt des Volkskongresses verkündet. Schon eine Nachkommastelle kann Börsenkurse bewegen.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. Die deutsche Übersetzung der Rede von Premier Li Keqiang ist zwar so steif wie eh und je. Aber Li verkündete überraschend, dass die Regierung in diesem Jahr erstmals seit 1990 keine Prognose abgeben werde: «wegen der grossen Unsicherheiten» durch die Corona-Krise. Das ist eine Zäsur. China ist nicht mehr die Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft – und niemand weiss, wie lange das so bleibt.

Bereits im ersten Quartal hatte sich das Bruttoinlandprodukt der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,8 Prozent verringert. Das ist der erste negative Wert seit Beginn der quartalsweisen Erhebungen 1992. Ein ganzes Jahr ohne Wachstum hatte es in der Volksrepublik zuletzt 1976 gegeben.

Weiterer Ausbau der Infrastruktur

In den vergangenen Wochen haben Ökonomen in China über Konjunkturpakete, Konsumgutscheine und Rettungsmassnahmen für den chinesischen Mittelstand diskutiert. Wie beatmet man die chinesische Wirtschaft, ohne dass allzu viel Geld auf Sparkonten landet oder in dunklen Kanälen versickert?

Nach der Finanzkrise von 2008 steckte die Regierung Milliarden Yuan in die Infrastruktur: Neue Flughäfen wurden gebaut, U-Bahnen und das grösste Hochgeschwindigkeitszugnetz der Welt. Die Folge: Schulden über Schulden. Als 2008 die Olympischen Spiele in Peking stattfanden, lag die Gesamtverschuldung der Volksrepublik – die Verbindlichkeiten aller Privathaushalte und Unternehmen sowie des Staates – bei etwa 145 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Aktuelle Schätzungen gehen von deutlich mehr als 300 Prozent aus.

Dennoch kündigte Premier Li in seiner Rede nun an, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie mit weiteren Milliardenausgaben und neuen Schulden zu bekämpfen. Vorgesehen ist demnach die zusätzliche Ausgabe von Staatsanleihen im Wert von 1 Billion Yuan (etwa 135 Milliarden Franken), zudem soll die Infrastruktur weiter ausgebaut werden. Statt 2,15 Billionen sollen in diesem Jahr 3,75 Billionen Yuan dafür zur Verfügung stehen.

Streit mit Washington

Das Rezept gleicht also dem von 2008. Und es geht sogar noch weiter. Um den Konsum im Land wieder anzukurbeln, werde man die Steuern senken, versprach Li. Die Mehrwertsteuer soll reduziert werden, genauso wie die Sozialabgaben, die Unternehmen für ihre Mitarbeiter abführen müssen.

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage sagte Li, wolle China das Handelsabkommen mit den USA einhalten. Erst Mitte Januar hatten die USA und China nach einer zähen und erbitterten Auseinandersetzung ein vorläufiges Handelsabkommen unterzeichnet.

Streit mit Washington ist dennoch programmiert. Der Volkskongress soll kommende Woche ein Sicherheitsgesetz für Hongkong verabschieden. Die Furcht ist gross, dass Investoren und Unternehmen abwandern, wenn Hongkong kein Rechtsstaat mehr ist und die Gesetze in Peking gemacht werden. Für die Wirtschaft und das chinesische Wachstum ist das ein schlechtes Signal.