Parlament entscheidet sich für begrenzte Überbrückungsrente
Die grosse Kammer folgt dem Ständerat. Auch der Bezügerkreis soll verkleinert werden – zum Unmut der Linken.
Die Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose soll gegen oben begrenzt sein. Der Nationalrat kam am Mittwoch auf seinen ursprünglichen Entscheid zurück und folgte dem Ständerat. Auch den Bezügerkreis will die grosse Kammer verkleinern – zum Missfallen der linken Parteien.
Zwar verbleiben beim Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Ausgesteuerte weitere Differenzen, um welche die Räte in den kommenden Tagen feilschen werden. Derzeit zeichnet sich aber ab, dass sich die Bürgerlichen in wichtigen Punkten durchsetzen werden.
Konkret heisst das, dass die Räte für eine reduzierte Übergangsrente einstehen. Nachdem der Nationalrat vergangene Woche bei seiner ersten Beratung den Entwurf des Bundesrats noch um 40 Millionen auf 270 Millionen Franken ausgebaut hatte, ist er jetzt für ein günstigeres Sozialwerk.
Höhere Obergrenze als Ständerat
Neu setzt der Nationalrat ebenfalls auf Leistungsobergrenzen. Er will die maximale Überbrückungsleistung beim 2,25-Fachen des allgemeinen Lebensbedarfs ansetzen. Das entspricht bei alleinstehenden Personen 43'762 Franken pro Jahr, bei Mehrpersonenhaushalten 65'643 Franken pro Jahr – und damit fast der Höhe von Ergänzungsleistungen.
Die kleine Kammer möchte den Plafond bei jährlich 38'900 Franken für Alleinstehende und bei 58'350 Franken für Ehepaare festlegen. Das entspricht dem 2-Fachen des Lebensbedarfs. Diese Version wurde im Nationalrat mit 115 zu 80 Stimmen bei einer Enthaltung verworfen.
Weniger Krankheitskosten
Die Krankheits- und Behinderungskosten sollen - analog zu den Ergänzungsleistungen - separat abgegolten werden. Dabei will der Nationalrat wie der Ständerat die Vergütung ebenfalls plafonieren, nämlich bei 5000 Franken für Alleinstehende und bei 10'000 Franken für Mehrpersonenhaushalten.
Ursprünglich wollte die grosse Kammer die Obergrenze viel höher ansetzen, bei 25'000 respektive 50'000 Franken. Auch hier setzte sich letztlich das Konzept des Ständerats durch.
Manuela Weichelt-Picard (Grüne/ZG) argumentierte gegen eine Kürzung. Ältere Menschen mit tieferem sozialen Status litten öfter an gesundheitlichen Problemen. Genau diesen Personen die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten zu kürzen, sei «ethisch nicht vertretbar». Der Antrag scheiterte mit 126 zu 68 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
Parlament setzt klare Schwelle
Anspruch auf Überbrückungsleistungen sollen nur mit 60 Jahren oder später ausgesteuerte Personen haben. Die grosse Kammer ist dem Ständerat mit 99 zu 95 Stimmen bei einer Enthaltung gefolgt. Ursprünglich zählte der Nationalrat alle 60-jährigen Ausgesteuerten, unabhängig vom Zeitpunkt der Aussteuerung, zum potenziellen Kreis von Bezügern dazu.
Eine Minderheit wollte an diesem Konzept festhalten, dafür die Mindestversicherungsdauer von 20 auf 25 Jahre erhöhen. Personen hätten zudem mindestens 7 Jahre nach ihrem 50. Geburtstag in die Sozialwerke einzahlen müssen. Es sei unfair, wenn eine harte Schwelle bei 60 Altersjahren gesetzt werde, sagte Pierre-Yves Maillard (SP/VD). Wenn jemand ein paar Tage vor seinem 60. Geburtstag ausgesteuert werde, habe dieser keinen Anspruch auf Überbrückungsleistungen. Die Person riskiere dann den Gang vors Sozialamt. Er scheiterte mit seiner Minderheit nur knapp.
Keine Härtefallklausel
Überbrückungsleistungen beantragen können Personen, bei denen das Reinvermögen weniger als 50'000 Franken (für Alleinstehende) und 100'000 Franken (für Ehepaare) beträgt. Das entspricht der Hälfte der EL-Vermögensschwelle. Zum Reinvermögen sollen neu auch Guthaben aus der 2. Säule zählen, soweit sie einen vom Bundesrat zu definierenden Betrag übersteigen.
Weiter will das Parlament nicht, dass der Bundesrat Härtefälle definieren kann, welche die Anspruchsvoraussetzungen nicht vollumfänglich erfüllen müssen, um an eine Rente zu kommen. Der Nationalrat hat sich auch in diesem Punkt dem Ständerat angeschlossen.
Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH) plädierte erfolglos für ein «wichtiges menschliches Zeichen, das finanziell praktisch keine Auswirkungen hat». Die Härtefallklausel wurde mit 126 zu 70 Stimmen abgelehnt.
Sonderlösung für Branchen gestrichen
Verzichten will der Nationalrat ferner auf einen in der ersten Beratungsrunde erfolgreichen Einzelantrag von Fabio Regazzi (CVP/TI), wonach Branchen mit weitergehenden sozialpartnerschaftlichen Leistungen von der Finanzierung von Überbrückungsleistungen ausgeklammert werden sollten.
Er wollte so vermeiden, dass Unternehmen gleich doppelt Unterstützungsbeiträge zahlen. In solchen Fällen sollten Firmen die zu viel geleisteten Beiträge zurückerhalten. Nach dem Nein des Ständerats hat sich die grosse Kammer mit 100 zu 95 Stimmen bei einer Enthaltung diesem Urteil angeschlossen.
Lösung in Sicht
Ziel der Räte ist es, die Überbrückungsrente nächste Woche definitiv zu beschliessen. Die SVP will das verhindern, weil sie gegen ein weiteres Sozialwerk ist. Die Überbrückungsrente soll auch dazu beitragen, dass die Kündigungsinitiative abgelehnt wird, indem sie negative Folgen der Personenfreizügigkeit abfedert. Das soll die Gewerkschaften dazu motivieren, sich im Abstimmungskampf stark zu engagieren.
Das wird mit der aktuellen Lösung infrage gestellt. Die Nationalrätin Prelicz-Huber, Präsidentin der Gewerkschaft VPOD, kritisierte die Vorlage als «eine Pseudolösung» und eine «bittere Pille», die zwar besser als nichts sei, aber nicht mehr. Laut Barbara Gysi (SP/SG), Präsidentin des St. Galler Gewerkschaftsbundes, mag die Lösung nicht zu genügen.
Als nächstes ist wieder der Ständerat am Zug. Er berät die Vorlage voraussichtlich bereits am Donnerstag wieder.
SDA/fal
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch