Tempo-30-ZonenParis drosselt die Geschwindigkeit
Auf fast allen Strassen der Metropole wird seit heute die Höchstgeschwindigkeit gesenkt. Damit soll die Verkehrssicherheit erhöht, der Lärm reduziert und einen Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.
Die sozialistische Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo löst eines ihrer Wahlkampfversprechen ein, das sie vor den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr abgegeben hatte. Auf den meisten Strassen in Paris gilt seit Montag Tempo 30. 25 Prozent weniger Unfälle, 50 Prozent weniger Lärm und mehr Raum insbesondere für Radfahrer lauten die Argumente für den umstrittenen Einschnitt.
Ausgenommen von dem neuen Tempolimit sind die Ringautobahn Périphérique, Ausfallstrassen und einige grössere Verkehrsachsen. Auf der Ringstrasse ist der Stadtverwaltung zufolge weiterhin Tempo 70 erlaubt, Achsen wie die Champs-Elysées dürfen mit 50 km/h befahren werden.
59 Prozent der Pariser hätten einer Geschwindigkeitsbegrenzung bei einer Umfrage zugestimmt, begründete die Stadtverwaltung den Schritt. Auf 60 Prozent der Strassen gelte ohnehin schon Tempo 30, hiess es ausserdem.
Hunderte Schilder mussten in Paris übrigens nicht für die neue Geschwindigkeitsbegrenzung angeschraubt werden. An den Einfallstrassen in die Stadt wird einmalig auf die neue grossflächig geltende Regelung hingewiesen. Pionier mit dem stadtweiten Tempolimit ist Paris in Frankreich nicht: Lille und Grenoble senkten vorher schon das Tempo.
Das neue Tempolimit ist nur eine Massnahme von etlichen zur Eindämmung der Autolawinen in Paris. 52 Kilometer während der Corona-Epidemie eingerichtete Pop-Up-Radwege werden im Moment in dauerhafte Radspuren umgewandelt. In anderen Strassen müssen die Autos ganz den Fussgängern weichen, öffentliche Begegnungsflächen und Fahrradstellplätze werden geschaffen und Bäume und Gartenflächen gepflanzt.
«Stinksaure Kunden»
Ohne Kritik bleibt das Tempolimit in Paris nicht: Bei der Umfrage wurden auch Bewohner des Grossraums Paris befragt, die nicht alle gleich per Metro an ihr Ziel gelangen können. 61 Prozent von ihnen sprachen sich gegen die Massnahme aus. Und der Interessensverband der Autofahrer «40 millions d’automobilistes» zweifelt den Zweck der Massnahme an. Innerhalb von Paris gebe es ohnehin wenige Unfälle, und wenn, dann seien meist Radfahrer betroffen, hiess es.
Der Taxifahrer Smaïl Chekimi sagte der Nachrichtenagentur AFP, Tempo 30 bereite ihm deutlich «mehr Stress». «Heute morgen war ein Kunde stinksauer, weil ich fünf bis zehn Minuten länger gebraucht habe als üblich», sagte der Fahrer mit 28 Berufsjahren. Nun drohten noch mehr Staus.
Die Cafébetreiberin Marie Hiz hofft dagegen auf mehr Ruhe: «Es gibt einfach zu viel Lärm», sagte sie hinter der Theke ihres Cafés «Le carrefour» an einer viel befahrenen Kreuzung nahe des Haussmann-Boulevards. «Manchmal kann ich mein eigenes Wort nicht verstehen.» Für Lieferfahrer sei das neue Tempolimit allerdings schwierig, räumte sie ein.
afp/sda
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