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Parlamentswahlen in Pakistan
Pakistan wählt – und hat Ärger mit seinen Nachbarn

This photo taken on February 3, 2024, shows a street festooned with flags of political parties ahead of Pakistan's national elections, in Quetta. (Photo by Banaras KHAN / AFP)
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Pakistan wählt am Donnerstag ein neues Parlament. Rund 128 Millionen Wahlberechtigte sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Da der populäre Ex-Regierungschef Imran Khan im Gefängnis sitzt und auch ein Grossteil seiner Parteikollegen von der Wahl ausgeschlossen ist, scheint das Feld offen für eine vierte Amtszeit von Premierminister Nawaz Sharif und seiner konservativen Partei Muslimliga-Nawaz.

Die südasiatische Atommacht ist ein schwieriger Nachbar in einer schwierigen Nachbarschaft. Das wurde vor zwei Wochen deutlich, als auf einen grossen Knall eine lautstarke Versöhnung folgte. Zuerst schickte Iran Drohnen und Raketen hinüber nach Pakistan. Daraufhin feuerte das angegriffene Land zurück. Am vergangenen Montag dann: Händeschütteln der beiden Aussenminister vor der Presse in Islamabad und eine Erklärung, dass beide Länder «die Souveränität und die territoriale Integrität des jeweils anderen Landes respektieren».

A woman casts her vote at a polling station during Pakistan's national elections in Lahore on February 8, 2024. Millions of Pakistanis began voting February 8 in an election marred by allegations of poll rigging, with the country's most popular politician in jail and a military-favoured candidate tipped to win. (Photo by Arif ALI / AFP)

Die Beziehungen zwischen den beiden muslimischen Nachbarn sind seit langem schwierig, doch die Raketenangriffe waren die schwersten Zwischenfälle seit Jahren. Sie waren so unnötig wie zwecklos. Tatsächlich wurden in den jeweiligen Grenzdörfern nur Zivilisten getötet, unter ihnen einige Kinder.

Botschaft an die Amerikaner

Teherans Angriff richtete sich erstem Anschein nach gegen Kämpfer der Jaish ul-Adl, Separatisten, die für die Unabhängigkeit Belutschistans von Iran eintreten und sich immer wieder nach Pakistan zurückziehen, um von dort aus Anschläge in ihrer Heimat zu koordinieren. In Islamabad hingegen suchte man sich die Balochistan Liberation Front als Ziel aus, die vom iranischen Teil Belutschistans aus für die Unabhängigkeit belutschischen Gebiets von Pakistan streitet.

In this handout photograph taken and released by the Pakistan Foreign Office on January 29, 2024, Pakistan's Foreign Minister Jalil Abbas Jilani (R) speaks with his Iranian counterpart Hossein Amir-Abdollahian at the Ministry of Foreign Affairs in Islamabad. Iran's foreign minister was in Pakistan for talks on January 29, as both nations sought to ease tensions after deadly cross-border strikes threatened diplomatic relations. (Photo by Handout / Pakistan Foreign Office / AFP) / XGTY / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO/PAKISTAN FOREIGN OFFICE" - NO MARKETING - NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS

Die beiden Länder vereinbarten bei dem Treffen der Aussenminister, den Terrorismus in ihren jeweiligen Gebieten zu bekämpfen. Dabei dürften angebliche Terroristen nicht das einzige Ziel des Iran gewesen sein. Es ging Teheran wohl auch darum, zu zeigen, dass man zu Angriffen in der Region bereit und imstande ist.

Das war eine Botschaft, die sich eher an die Amerikaner und die Israelis richtete als an die Pakistaner. Vor allem aber will das Regime in Teheran offenkundig von inneren Problemen ablenken. Der Iran befindet sich in einer dauerhaften Wirtschafts- und Gesellschaftskrise.

Der Ölhandel, eine wichtige Einnahmequelle der Mullahs, bringt aufgrund der amerikanischen Sanktionen nicht genügend Devisen ins Land. In Belutschistan, das zu einem grossen Teil in Pakistan und zu einem kleineren Teil im Iran liegt, wird Öl in den pakistanischen Teil geschmuggelt und von dort aus weiterverkauft. Das erledigen Terrorgruppen und das organisierte Verbrechen in der Region. Für die Einwohner, die keiner der beiden Gruppen angehören, bedeutet das stets nur mehr Ärger, etwa wenn der Iran wieder einmal die Grenzen schliesst.

People gathered at the site of a bomb blast outside the office of an independent candidate in Pishin district, around 50 kilometres (30 miles) from Quetta on February 7, 2024, on the eve of Pakistan's national elections. At least 24 people were killed on February 7 by two separate bomb blasts outside the offices of election candidates in southwestern Pakistan, on the eve of a national vote marred by violence and allegations of poll rigging. More than half a million security officers were deploying ahead of February 8 election, with authorities distributing ballot papers to more than 90,000 polling stations. (Photo by Banaras KHAN / AFP)

Auf der pakistanischen Seite versucht das mächtige Militär, Ordnung herzustellen. Das muss es auch, denn die chinesische «Belt & Road»-Initiative verläuft durch Belutschistan, bevor sie an die maritime neue Seidenstrasse anschliesst. Seit 2015 wurden der Tiefwasserhafen Gwadar und die Strecke dorthin als China-Pakistan-Wirtschaftskorridor (CPEC) ausgebaut. Mehr als 50 Milliarden Euro an Investments aus Peking kamen so nach Pakistan.

Eine halbe Million Afghanen ausgewiesen

Das wichtige Infrastrukturprojekt reicht von der Grenze im Himalaja bis hinunter an den Golf von Oman. Mittlerweile aber wächst auch in Pakistan das Bewusstsein, dass man sich damit in grosse Abhängigkeit von Peking begeben hat. Die Balochistan Liberation Front hat sich deswegen unter anderem auf Attacken auf chinesische Projekte spezialisiert, weswegen man in Islamabad hart gegen die Miliz vorgehen muss, um die Zusammenarbeit mit Peking nicht zu gefährden.

Im 2600 Kilometer langen Grenzgebiet zu Afghanistan wiederum halten sich nicht nur die pakistanischen Taliban auf, sondern auch das Haqqani-Netzwerk, der Islamische Staat und die al-Qaida, die einst in Peschawar gegründet wurde, der Hauptstadt der Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Vor allem die pakistanischen Taliban kämpfen gegen die Regierung in Islamabad, fordern die Einführung der Scharia und wollen die Fusion ihrer Stammesgebiete in die Provinz rückgängig machen, die seitdem durch das Militär kontrolliert wird.

Als Reaktion auf mehrere Anschläge in der Provinz begann Islamabad im November damit, etwa eine halbe Million Afghanen ohne gültige Papiere auszuweisen. Seitdem stauen sich die Vertriebenen am Khyberpass. Mindestens 1,7 Millionen Afghanen leben teilweise seit Jahrzehnten in Pakistan, sie waren vor Krieg und Terror in ihrer Heimat geflohen. Mehr als eine halbe Million kam nach der erneuten Machtergreifung der Taliban im Jahr 2021 dazu.

Konflikt um Kashmir

Auch im Osten liegt Pakistan im Dauerkonflikt: mit dem Bruderstaat Indien. Seit Britisch-Indien im Jahr 1947 in einen Staat für die Hindus und einen für die Muslime getrennt wurde, haben beide Länder mehrmals Krieg geführt, vor allem um die geteilte Region Kashmir. Sowohl Indien als auch Pakistan erheben vollständigen Anspruch auf das gesamte Gebiet im Himalaja.

Nachdem Delhi den Sonderstatus des indischen Teils von Kashmir 2019 aufgehoben hatte, stufte Islamabad die diplomatischen Beziehungen zu Delhi herab und setzte den Handel aus. Einen neuen Krieg aber wollte man nicht riskieren. Seither herrscht Dauerstress. Indien bot Pakistan Lebensmittellieferungen an, als das Land nach einer verheerenden Jahrhundertflut vor eineinhalb Jahren in eine Versorgungskrise geriet – wohlwissend, dass die Regierung in Islamabad das Angebot aus Stolz nicht wahrnehmen würde.