Tourismus-Spot mit Humor«Ich würde nicht hierher kommen» – Oslo entzückt mit neuer Werbung das Internet
Die norwegische Stadt nimmt sich in einem Tourismus-Video selber auf die Schippe und präsentiert ihre Vorzüge subtil und mit trockenem Humor.
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«Ich würde nicht hierhin kommen, um ehrlich zu sein», beginnt der Werbespot der Tourismusorganisation «Visit Oslo». «Ich meine, ist es überhaupt eine Stadt?», fragt sich Protagonist Halfdan, während er gemütlich auf einer Wiese sitzt.
Das Video der norwegischen Hauptstadt begeistert derzeit das Internet und dürfte sein Ziel somit erreichen: Menschen nach Oslo zu locken. Die Werbung lebt von Understatement und trockenem Humor, für beides ist Norwegen bekannt.
Der einheimische Halfdan scheint eigentlich überhaupt nicht begeistert von seiner Stadt, preist damit aber deren Vorzüge indirekt an. Getarnt als vermeintliche Schwächen im Gegensatz zu den überfüllten Städten in Europa.
Anne-Signe Fagereng, Marketingleiterin von Visit Oslo, erklärt denn auch gegenüber dem Reisenewsportal «Skift», dass die Anzeige Oslos Aussenseiterposition in Europa hervorheben soll, besonders in Zeiten von Overtourism in beliebten Städten wie Venedig und Barcelona.
Im Video läuft Halfdan vor den Attraktionen der Stadt vorbei und schaut dabei gelangweilt auf sein Handy, als gäbe es hier nichts zu sehen. In den gesamten rund 100 Sekunden ist der Hintergrund aber der heimliche Star: die Festung Akershus, das Nobel-Friedenszentrum, das Edvard-Munch-Museum oder das Seefahrtsmuseum.
Einmal sitzt Halfdan vor der ehemaligen US-Botschaft, macht ein Foto und sagt trocken, diese habe «ein amerikanischer Architekt» gebaut. Es handelt sich dabei um einen Bau von Eero Saarinen, einem der bekanntesten Architekten des 20. Jahrhunderts.
«Kultur?», fragt sich Halfdun gähnend, «ich weiss nicht», während hinter ihm die Sehenswürdigkeiten in der Sonne strahlen. Hier sei nichts exklusiv, «alles ist so verfügbar», sagt Halfdun. Ob etwas, wenn man nicht stundenlang dafür anstehen müsse, überhaupt wert sei, es zu sehen, fragt sich der Norweger, während er durch verschiedene Museen läuft.
Er schaut sich die Kunstwerke skeptisch an, vor einem Bild bleibt er stehen und seufzt. «Das ist jetzt nicht gerade die Mona Lisa», sagt er, während im Hintergrund Edvard Munchs «Der Schrei» zu sehen ist – auch eines der berühmtesten Gemälde der Welt. Und die subtile Werbung geht wohl sogar noch etwas weiter, denn in der Nationalgalerie von Oslo ist auch eine Kopie der «Mona Lisa» zu sehen.
Diese Art Humor zieht sich durch das Video durch. So sitzt Halfdan in einem türkischen Bad und fragt den Kameramann: «Warst du schon einmal in Istanbul?», er spricht es norwegisch charmant als «Istanbül» aus. Die Anspielung bezieht sich auf ein «Graffiti» in der Hagia Sophia aus dem 9. Jahrhundert. Ein Wikinger kritzelte dort «Halfdan war hier» ins Gemäuer. Da wird dann also mit etwas Hintergrundwissen klar, wieso der Protagonist im Oslo-Video diesen Namen hat.
Halfdan sitzt mit seiner Tasche am Meer und wundert sich, weshalb die Leute mitten in der Stadt baden gehen. «Das ist widerlich», sagt er. Wahrscheinlich ist es vor allem eher kalt. Weshalb die Tasche mit kanadischem Milch-Motiv einen derart grossen Auftritt im Video hat, wissen nicht einmal die Hersteller selber. Auf Instagram schreibt die Firma aus Toronto, man freue sich, sei aber momentan ausverkauft. Eine neue Charge sei in Vorbereitung.
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Zurück zu Halfdan, der weiter damit hadert, dass seine Stadt nicht exklusiv genug sei. Manchmal laufe er einfach in ein Restaurant und erhalte gleich einen Tisch, moniert er. Dabei sei er nicht mal berühmt. Gleichzeitig spielt er auf dem Handy Schach, zweifelsohne eine Anspielung auf das norwegische Schachgenie Magnus Carlsen.
«Was sagt das aus?», fragt Halfdan zur fehlenden Warterei in seiner Stadt. Man könnte ja meinen, dass die Menschen lieber stundenlang anstehen, wenn trotz Übertourismus weiterhin alle an dieselben Orte strömen, wird impliziert. Da hat Oslo aus Halfdans Sicht ein «Defizit». «Die Stadt sollte es den Touristen etwas schwerer machen», empfiehlt er. Es sei wie eine gute Beziehung, es sollte nicht einfach sein.
Dieses Unterstatement und die Ironie funktionieren, das Video wurde innert zwei Tagen millionenfach angeschaut und der Humor gefeiert. In den Kommentaren schreiben viele, dass sie jetzt definitiv nach Oslo wollen.
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