Enttäuschte SchweizerKeine Medaillen für Bissegger und Küng
Die Schweizer belegen im Olympia-Zeitfahren die Plätze 6 und 8. Remco Evenepoel holt Gold.
Nach rund 37 Fahrminuten ist in der Innenstadt von Paris klar: Das mit Stefan Küng und den Olympischen Spielen wird eher keine innige Liebe mehr. Als Mitfavorit gestartet, verliert der Thurgauer über die 32,4 km sukzessive Zeit. Die Frage lautet darum irgendwann nicht mehr, ob er die anvisierte Medaille gewinnt, sondern: ob er im Regen auf der rutschigen Strasse auf dem Velo bleiben kann. Küng kommt zwar durch, jedoch mit dem grossen Rückstand von 1:35 Minuten auf Sieger Remco Evenepoel. Auf Filippo Ganna verliert er 1:20, auf Wout van Aert 1:10. Kurz: Welten.
Achter wird Küng und wirkt im Ziel schon fast fatalistisch. Weil er in den vergangenen sechs Wochen immer wieder kränkelte, «fehlte mir das hundertprozentige Selbstvertrauen, um voll attackieren zu können». Die Bedingungen aber verlangten ein grosses Ego, das wurde im Rennen der Frauen deutlich. Da stürzten sie fast im Dutzend – auch die Bündnerin Elena Hartmann (Rang 17).
Seine Karriere ist mitgeprägt von schweren Stürzen
Für Küng endeten also auch seine zweiten Spiele in einer Enttäuschung. Vor drei Jahren in Tokio hatte er den Bronzeplatz um läppische vier Zehntel verpasst – und in Rio 2016 nach einem schweren Sturz im Vorfeld samt Beckenbruch gar nicht erst antreten können.
Paris hätte für den Leidgeplagten, dessen Karriere von schweren Stürzen mitgeprägt ist, darum zum Befreiungsschlag werden sollen. Dafür entwickelte sein Velosponsor innert Monaten gar ein komplett neues Zeitfahrvelo, steckte 300’000 Franken ins Projekt. Das schnellste Rad aber bringt wenig, wenn der Athlet darauf just am Höhepunkt nicht über die erhoffte Form verfügt. «Ich habe wirklich alles probiert», sagte der 30-Jährige noch. Es klang ein bisschen so, als glaubte er, sich für seine Leistung entschuldigen zu müssen. Küng bestätigte damit den Eindruck, den er im finalen Auftritt vor den Spielen hinterlassen hatte: Defensiv und abwägend hatte er sich da gezeigt.
Müde Beine? Für Evenepoel kein Problem
Ganz anders hatte sich Teamkollege Stefan Bissegger präsentiert. «Die Ambition ist zu gewinnen, sonst müsste ich nicht hierherkommen», sagte der 25-Jährige keck. Doch auch der zweite Ostschweizer büsste kontinuierlich an Zeit ein. «Meine Leistung war gut, aber natürlich habe ich mir mehr erhofft», resümierte er nach seinem sechsten Platz. Ihm fehlten 1:01 Minuten auf den Bronzeplatz. Das olympische Diplom war ihm da natürlich ein zu bescheidener Trost.
Dass das Rennen um Gold so gut wie nie zum Fight der geringen Abstände wurde, lag an Evenepoel. Der Zeitfahrweltmeister, der nach seinem dritten Tour-Gesamtrang zwar über müde Beine geklagt und Teile der holprigen Olympiastrecke gar als «beschissen» bezeichnet hatte, siegte mit klarem Vorsprung von 15 Sekunden. Und weil der Belgier erst 24 ist, könnte das zumindest bei ihm mit den Spielen noch eine ziemlich innige Liaison werden.
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