Rückschlag für DominatorAbrupt gestoppt: Marco Odermatt fällt verletzt aus
Ein Schlag aufs Knie sorgt dafür, dass der Gesamtweltcupsieger pausieren muss. Er ist nicht das einzige Opfer der Abfahrt in Kitzbühel.
Es ist das Geräusch, das sie so fürchten in Kitzbühel, das für ungute Gefühle sorgt, für bange Momente. Am frühen Freitagnachmittag ertönt es, sind die Rotoren eines Helikopters zu hören. Für einmal muss er nicht die Streif hoch, um einen verletzten Fahrer abzutransportieren, nein, dieser liegt im Ziel.
Der Norweger Henrik Roea hat sich kurz vor der roten Linie aufgerichtet – es ist eine fatale Entscheidung. Der 27-Jährige verliert sofort die Spannung, die Ski machen, was sie wollen, ziehen nach links und rechts, Roea stürzt heftig, es verdreht ihm die Beine, die Ski fliegen weg. Roea richtet sich nur leicht auf, die plötzliche Stille im Zielraum durchbrechen erst die Rotoren des Helikopters, der ihn ins Spital fliegt. Noch im Zielraum diagnostizierten die Ärzte einen Wadenbeinbruch.
Die Streif fordert in der sogenannten Kitzbühel-Abfahrt, auf die am Samstag die offizielle Hahnenkamm-Abfahrt folgt, ihre Opfer. Zu diesen gehören auch zwei ganz prominente Athleten: Marco Odermatt und Aleksander Kilde, der eine Gesamtweltcupsieger, der andere der beste Abfahrer der Gegenwart. Der Nidwaldner gerät im Steilhang in Rücklage, verliert das Gleichgewicht, schiesst direkt Richtung Netz, ehe er sich doch noch auffängt.
Odermatt schafft es zwar ins Ziel, doch dass er nicht glimpflich davongekommen ist, wird schon kurz danach klar, als er wortlos verschwindet. Er soll einen Schlag aufs linke Knie erwischt haben, heisst es bald. Später steht fest: Die Verletzung ist derart gravierend, dass Odermatt mitten in seinem sportlichen Höhenflug pausieren muss und mindestens die Hahnenkamm-Abfahrt vom Samstag verpasst.
Mindestens eine Meniskusquetschung
Beni Matti, Rennsportleiter bei Odermatts Ausrüster Stöckli, sagt: «Eine erste Diagnose hat eine Meniskusquetschung ergeben. Wir hoffen, dass es nichts Schlimmeres ist und er Glück im Unglück hatte. Er hat sich gigantisch gerettet, wenigstens ist er nicht ins Netz geflogen.» Odermatt werde nun weiteruntersucht und allenfalls in der Schweiz weiterbehandelt, sagt Matti, «er braucht jetzt erst einmal Ruhe, damit die Schmerzen nicht schlimmer werden». In einem Communiqué von Swiss-Ski wird Odermatt so zitiert: «Ich bin froh, dass ich nicht im Netz gelandet bin. Jetzt muss ich aber zuerst mein Knie etwas schonen und schaue Tag für Tag weiter.»
Für Spektakel der unfreiwilligen Sorte sorgt auch Kilde, der vor dem Rennen in Kitzbühel vier von sechs Abfahrten des Winters gewonnen hat. Dem Norweger wird die berüchtigte Traverse beinahe zum Verhängnis, die sich deutlich giftiger präsentiert als in den Trainings. Bei einer Bodenwelle verschlägt es ihm die Ski. Kilde gerät gefährlich nahe ans Netz, rettet sich aber und kommt ohne Verletzung ins Ziel. Im Gegensatz zum Vortag, als er bei der Testfahrt hart mit der Hand auf der Piste aufschlug und sich dabei einen Knochen brach.
Niels Hintermann, als Dritter zum sechsten Mal auf einem Weltcuppodest, kommentierte: «Was der machte, ist physikalisch gar nicht möglich, das war abartig.»
Die Streif, um die sich allerlei wahre und halb wahre Geschichten ranken, beweist auch an diesem Tag, dass kein Athlet vor ihr sicher ist. Nicht der kompletteste und beste Skifahrer der Gegenwart. Nicht der Mann, der so stilsicher und schnell die Pisten dieser Welt hinunterraste wie kein anderer – bis ihn das Monster unter den Abfahrtsstrecken beinahe in die Netze befördert hätte.
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