Fotovoltaik in den AlpenOberste Heimatschützerin will ein Moratorium für grosse Solaranlagen
Solaranlagen in den Bergen sollen entscheidend dazu beitragen, die Energiewende zu schaffen. Die oberste Natur- und Heimatschützerin Heidi Z’graggen fordert einen vorläufigen Stopp.
Der pensionierte Gymnasiallehrer Renato Jordan hat sich Grosses vorgenommen: Auf seiner Alpwiese in Gondo in der Gemeinde Zwischbergen im Wallis will er die grösste alpine Solaranlage der Schweiz bauen – auf einer Fläche von 14 Fussballfeldern.
Die Wissenschaft ist begeistert. Jürg Rohrer von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften forscht seit längerem zum Bau von hochalpinen Solaranlagen. Der Ausbau von Solaranlagen im Mittelland schreite zu langsam voran, und das Projekt in Gondo könnte wichtige Erkenntnisse für weitere alpine Fotovoltaikanlagen liefern, sagt Rohrer. Auch der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen will auf solche Fotovoltaikanlagen in den Bergen setzen.
Gegen eine Verunstaltung der Landschaft
Aufgeschreckt hat dies Ständerätin Heidi Z’graggen (Die Mitte). Sie ist nicht nur Präsidentin der Schweizerischen Natur- und Heimatschutzkommission, sie lebt auch in den Alpen, im urnerischen Erstfeld. Sie befürchtet einen unkoordinierten Wildwuchs, der «unsere schönsten Landschaften mit schwarzen Solarpanels verunstaltet». Deshalb fordert sie mit einem parlamentarischen Vorstoss ein Spezialgesetz, welches den Umgang mit «freistehenden Solaranlagen im alpinen Gebiet ab 5000 Quadratmeter Grösse» regelt. Derart gigantische Eingriffe dürften nicht dem Zufall überlassen werden. Zudem brauche es ein Moratorium, bis dieses Spezialgesetz vorliege.
Ein solches zeitweiliges Verbot sei unsinnig und völlig quer in der Landschaft, sagt Jürg Grossen, Präsident der Solarbranchenorganisation Swissolar und der Grünliberalen. Es gelte jetzt alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um weg von den fossilen Brennstoffen zu kommen: «Sonst machen wir uns nur noch mehr abhängig von den Putins dieser Welt.» Gerade in den Alpen sei das Potenzial gross und der dort produzierte Winterstrom etwa dreimal mehr wert als der Sommerstrom, der in der Schweiz auch in Zukunft dank Solarenergie und Wasserkraft im Überfluss produziert werde.
Nicht prinzipiell gegen Solaranlagen
Torpediert sie mit dieser Verzögerungstaktik tatsächlich die Energiewende? Z’graggen verneint: «Es braucht einen partizipativen Prozess zur Erarbeitung eines Konzepts mit Einbezug der Kantone, der Unternehmen und der einspracheberechtigten Organisationen, damit solche Projekte breit getragen werden und dann nicht im letzten Moment an Einsprachen scheitern.» Zudem wolle sie ja nicht Solaranlagen verhindern, die an bereits gebauten Infrastrukturen installiert werden wie etwa die Solaranlage auf der Muttsee-Staumauer in Glarus. Diese soll ab diesem Sommer jährlich 3,3 Millionen Kilowattstunden Strom liefern.
Dass der Druck der Elektrizitätsunternehmen auf die Politik tatsächlich steigt, zeigte sich auch an der Podiumsdiskussion anlässlich der Eröffnung dieses Pionierprojekts. Vertreter der beiden Energieunternehmen Axpo und IWB forderten einfachere und schnellere Bewilligungsverfahren sowie einen Förderrahmen, der den Bau von solchen Grossanlagen wirtschaftlich macht. Denn der Bau und der Betrieb von alpinen Solaranlagen ist aufwendig und teuer.
Weshalb sind Fotovoltaikanlagen in den Bergen trotzdem so interessant für Energieunternehmen? Hochalpine Solaranlagen können helfen, die Energieversorgung der Schweiz insbesondere während der Wintermonate zu verbessern. Denn dann scheint in den Bergen oft die Sonne, während im Mittelland eine hartnäckige Nebeldecke liegt, welche die dortigen Solaranlagen ausbremst.
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