Hickhack um SchulabschlussNur dank Rekursen schaffte es die Tochter durch die Sek A
Im Bezirk Meilen wehren sich Eltern gegen die Umteilung ihres Kindes in die Sek B. Sie seien im Unrecht, findet zwar ein Gericht. Doch die Schülerin darf die Sek A abschliessen.
Eine Schülerin vom rechten Zürichseeufer erbringt in der Sek A konstant schlechte Leistungen. Und obwohl Lehrpersonen und Schulpflege sie mehrmals in die Sek B versetzen wollen, darf sie die Volksschule in der höchsten Klasse abschliessen – dank geschickten Taktierens ihrer Eltern.
Wie dies gelingen kann, lässt sich in einem kürzlich publizierten Entscheid des Verwaltungsgerichts nachlesen. Bis an diese zweite Rekursinstanz sind die Eltern gelangt, um die schulische Herabstufung ihrer Tochter zu verhindern.
In die Privatschule – und zurück
Die Sek B haben sie ihrem Kind offenbar auf keinen Fall zumuten wollen. Dabei hat sich schon früh abgezeichnet, dass die Tochter die Sek A wohl nicht aus eigener Kraft schaffen würde. Als sie nach der sechsten Klasse in die Sekundarschule übertritt, sagen ihr zwar die Lehrer, dass die Sek A für sie möglich sei – aber nur, wenn ihre Leistungen gleich gut bleiben oder besser würden. Schon damals steht die Frage im Raum, ob die Jugendliche in der Sek B nicht besser aufgehoben wäre.
Tatsächlich sackt die Leistung der Schülerin in der Sek A ab. Sie bringt fast nur ungenügende Noten nach Hause. Die Lehrperson will sie deshalb in die Sek B abstufen. Doch die Eltern nehmen sie aus der Volksschule und schicken sie an eine Privatschule. Einige Semester später wechselt die Jugendliche jedoch wieder in ihre frühere Sek-Klasse.
Ihre Leistungen werden aber nicht besser. Im Sommer 2020 droht ihr für das letzte Schuljahr erneut die Umteilung in die Sek B, doch ausnahmsweise werden nun aufgrund der Corona-Pandemie Promotionsentscheide ausgesetzt.
Als solche wieder möglich sind, beantragt ihre Lehrperson erneut den Wechsel in die Sek B. Ausschlaggebend dafür sind noch immer die schlechten Noten. Die Schülerin hat einen Schnitt von 3,19. Lediglich in Englisch und im Sport ist sie knapp genügend.
Schulpflege spricht Machtwort
Normalerweise entscheiden Lehrerinnen, Schulleiter und Eltern gemeinsam über einen Wechsel innerhalb der Sekundarstufe. Sind sie sich – wie in diesem Fall – nicht einig, tut dies die Schulpflege. Die Behörde spricht sich für die Umteilung in die Sek B aus. Sie begründet ihren Entscheid ebenfalls mit dem Notenschnitt.
Die Schulpflege sagt, die Jugendliche fehle zudem oft in der Schule, immer wieder auch an Prüfungstagen. Auch habe sie Mühe, Abgabetermine einzuhalten und Hausaufgaben einzureichen. Die Schülerin leide, weil sie dem Niveau der Sek A von Anfang an nicht gewachsen gewesen sei. In der Sek B hingegen könne sie ihre schulische Defizite aufholen und ein gutes Abschlusszeugnis der Volksschule erhalten.
Die Eltern sehen dies anders. Sie legen beim Bezirksrat Meilen Beschwerde ein – und verlieren. Daraufhin ziehen sie ans Verwaltungsgericht. Und dieses heisst ihre Beschwerde überraschenderweise gut, obwohl es sich eigentlich auf die Seite der Schule und der Schulbehörde stellt.
Zwar hält das Gericht fest, dass die schulischen Leistungen und die damit verbundene emotionale Belastung einen Wechsel notwendig machen würden. Auch fügt es an, dass die Abstufung in die Sek B nur aufgrund des zwischenzeitlichen Wechsels in eine Privatschule sowie wegen des «Rückstufungsstopps infolge der Corona-Pandemie» verhindert werden konnte.
Da sich aber das Gericht erst knapp zwei Monate vor Ende des letzten Schuljahres mit dem Fall befasst, fällt es den Entscheid im Sinne der Eltern. Denn die Jugendliche ist in der Sek A verblieben, solange das Rekursverfahren hängig war. Sie nun für die letzten Wochen ihrer Volksschulkarriere umzuteilen, empfindet das Gericht nicht als sinnvoll. Es kommt deshalb in seinem Entscheid kurz vor den vergangenen Sommerferien zum Schluss: «Unter diesen besonderen Umständen ist die Beschwerde gutzuheissen.» Die Eltern müssen aber die Gerichtskosten von rund 1500 Franken bezahlen.
Ungewöhnlicher Fall
Wie häufig Eltern im Kanton Zürich versuchen, eine Herabstufung in der Sekundarschule auf dem Rechtsweg zu verhindern, ist nicht bekannt. Die Bildungsdirektion kann hierzu keine Angaben machen, da sie – anders als die Rekursinstanzen – in diese Verfahren nicht involviert ist.
Immer wieder werden jedoch Fälle bekannt, bei denen Eltern juristisch vorgehen, weil ihre Sprösslinge die Aufnahmeprüfung ans Gymnasium nicht geschafft haben. Rekurse auf Stufe der Sekundarschule scheinen demgegenüber weniger häufig zu sein. Zumindest für die betroffene Schulgemeinde am rechten Zürichseeufer ist der Fall ungewöhnlich, wie die dortige Schulpräsidentin auf Anfrage sagt.
Hingegen gebe es zunehmend mehr Gespräche zwischen Lehrpersonen, Schulleitung und Eltern zu Einstufungsentscheiden. Diese Tendenz würden auch andere Schulpräsidenten in der Region beobachten, mit denen sie sich regelmässig austausche. «Das ist verständlich, weil Eltern das Beste für ihr Kind wollen», sagt die Kommunalpolitikerin. Selten würden sich dabei die Fronten komplett verhärten. Der Austausch sei meist kooperativ, und praktisch immer finde man eine gütliche Einigung. «Denn letztlich geht es allen um das Wohl des Kindes.»
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