Neue Milliarden für BahnprojekteDer Lötschbergtunnel wird doppelspurig ausgebaut
Der Bundesrat will zwei Milliarden Franken in neue Bahntunnels investieren. Geplant ist aber auch der Ausbau mehrerer Bahnhöfe.
Verkehrsminister Albert Rösti war zwar früher Autolobbyist, aber er ist auch ein Bahn-Fan. Schliesslich sei er nur 2 Kilometer entfernt vom Nordportal des alten Lötschbergtunnels aufgewachsen und habe als Sekundarschüler täglich den Zug nach Frutigen benutzt, sagte er am Mittwoch vor den Medien. Nun hat der Berner Oberländer im Bundesrat den vollständigen Ausbau des Lötschberg-Basistunnels auf zwei Spuren durchgebracht, der von Frutigen nach Raron im Wallis führt.
Die Kantone Bern und Wallis sowie die Romandie und die Nordwestschweiz fordern die Kapazitätserweiterung auf der überlasteten Strecke schon lange. Denn die direkte Bahnverbindung zwischen der Deutschschweiz und dem Wallis ist heute am Anschlag, ein durchgehender Halbstundentakt ist wegen der grösstenteils einspurigen Streckenführung nicht möglich. Zudem zeigt die Entgleisung eines Güterzugs im Gotthard-Basistunnel, welche Folgen eine Sperrung auf der Nord-Süd-Achse hat.
Beim Lötschberg hat das Parlament 2018 zwar den Ausbau jener 14 Kilometer des Tunnels bereits beschlossen, die bei der zweiten Röhre ausgebrochen, aber noch über keine Gleise und technische Anlagen verfügen. Dafür wurden 900 Millionen Franken bewilligt. Für den Vollausbau der zweiten Röhre sind nun aber weitere 640 Millionen nötig, die der Bundesrat dem Parlament beantragt.
Halbstundentakt und mehr Sicherheit
Der Vollausbau hat gegenüber dem Teilausbau wesentliche Vorteile. Beim Teilausbau müsste die Basisstrecke während 8 Monaten vollständig gesperrt werden, was der Bevölkerung und der Wirtschaft kaum zuzumuten sei, sagte Rösti. Zudem muss der 2007 eröffnete Basistunnel 2040 saniert werden, was ohne voll ausgebaute zweite Röhre eine erneute Sperrung bedingte. Schliesslich erhöht der Vollausbau die Sicherheit bei der Räumung des Munitionslagers Mitholz. Im Bereich des Munitionsdepots liegt der Eingang bei einem Rettungsstollen des Bahntunnels. Mit der Eröffnung der zweiten Röhre ist dieser Rettungsstollen nicht mehr nötig.
Der Vollausbau dürfte bis 2035 realisiert sein, sagte Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV). Beim Lötschberg-Basistunnel ist heute nur die Oströhre durchgängig befahrbar. Die Weströhre ist auf 14 Kilometern befahrbar, weitere 14 Kilometer Tunnel sind ausgebrochen, verfügen aber über keine Gleise und andere bahntechnische Ausrüstung. 7 Kilometer sind noch gar nicht gebohrt worden.
Für den Vollausbau machte sich das Lötschberg-Komitee stark. Darin sind Behörden sowie Politikerinnen und Politiker der Kantone Bern, Wallis, Solothurn, beider Basel und der Romandie vertreten. Das Komitee zeigt sich in einer Stellungnahme erfreut über den Bundesratsentscheid. Dieser sei überfällig gewesen. Der Unterbruch des Gotthard-Basistunnels zeige, wie dringend es sei, dass auch am Lötschberg eine vollwertige Bahnachse durch die Alpen führe. Zudem werde mit dem Vollausbau die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene gefördert.
Neuer Tunnel am Genfersee
Den Entscheid zum Lötschberg fällte der Bundesrat zusammen mit weiteren Ausbaubeschlüssen. So soll zwischen Genf und Lausanne ein drittes Gleis gebaut werden. Neu plant der Bundesrat, dieses unter den Boden zu verlegen. Vorgesehen ist ein 9 Kilometer langer Tunnel zwischen Morges VD und Perroy VD. Dadurch verteuert sich die Erweiterung um 1,3 Milliarden Franken. Der Vorteil der Tunnellösung sei, dass diese einfacher zu realisieren sei, sagt Rösti. Ein oberirdisches drittes Gleis hätte durch dicht besiedeltes Gebiet geführt, weshalb mit zahlreichen Einsprachen zu rechnen gewesen wäre.
Insgesamt beantragt der Bundesrat dem Parlament Erweiterungen an bereits beschlossenen Bahnprojekten in der Höhe von 2,6 Milliarden Franken. Davon entfallen 2 Milliarden auf den Lötschberg und den Tunnel am Genfersee. Weitere Zusatzkosten entstehen bei folgenden Projekten, die wie auch der Ausbau am Lötschberg von Röstis Vorgängerin Simonetta Sommaruga aufgegleist wurden:
Der Brüttenertunnel auf der Strecke Zürich–Winterthur erfordert eine Kreuzung bei Dietlikon, die nun unterirdisch statt oberirdisch erfolgen soll (Kosten: 310 Millionen Franken).
Beim Zimmerberg-Basistunnel II müssen aus Sicherheitsgründen zwei einspurige Tunnels statt eines Doppelspurtunnels realisiert werden (Kosten: 205 Millionen). Der Basistunnel soll den Engpass zwischen Zug und Zürich beheben.
Für das 4. Gleis am Bahnhof Zürich-Stadelhofen sind wegen der engen Platzverhältnisse und der Geologie zusätzliche Massnahmen notwendig (Kosten: 90 Millionen).
Projektanpassungen beim Tiefbahnhof Genf (Kosten: 160 Millionen).
Beim Ausbau des Bahnhofs Olten wird mehr in die Publikumsanlagen investiert (Kosten: 290 Millionen).
Am Grimsel wird ein Multifunktionstunnel projektiert, durch den neben einer Stromleitung eine neue Bahnlinie führen soll (Projektierungskredit: 30 Millionen). Den Entscheid, ob am Grimsel ein neuer Bahntunnel ins Wallis gebaut wird, fällt der Bundesrat später aufgrund einer Kosten-Nutzen-Analyse, wie Rösti sagte.
Die Mehrkosten für diese Projekte werden durch tiefere Kosten für andere Bahnausbauten teilweise kompensiert. Deshalb sind für die genannten Projekte unter dem Strich nur zusätzliche 600 Millionen Franken nötig.
Der Bundesrat hat am Mittwoch auch die Prioritäten für den langfristigen Bahnausbau festgelegt. Unter dem Titel «Perspektive Bahn 2050» soll schwergewichtig das Angebot in den Agglomerationen verbessert werden. Dazu sind Investitionen in S-Bahnen und Vorstadt-Bahnhöfe geplant. Details dazu sind noch nicht bekannt. Längere Strecken will der Bundesrat nur noch dort ausbauen, wo die Bahn gegenüber dem Flugzeug noch nicht konkurrenzfähig ist.
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