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Nach Stimmvolk-Ja in Zürich und Winterthur
Nun will die Linke in weiteren Städten einen Mindestlohn

Restaurantmitarbeiterinnen und -mitarbeiter verdienen in Zürich und Winterthur künftig mindestens 23 Franken pro Stunde.
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Nach den Zweidrittelmehrheiten für einen Mindestlohn in Zürich und Winterthur will die SP mit ihren Bündnispartnern in weiteren Städten nachdoppeln. In der Stadt Luzern haben die Juso bereits eine Volksinitiative für einen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde eingereicht. Der Luzerner Juso-Präsident Valentin Humbel ist nach den Abstimmungen in Zürich und Winterthur zuversichtlich: «Der Mindestlohn ist gerade vor dem Hintergrund steigender Mieten und Krankenkassenprämien mehrheitsfähig.» Stadtluzerner Regierung und Parlament müssen nun zum Mindestlohn Stellung nehmen, die Volksabstimmung dürfte in rund eineinhalb Jahren stattfinden.

In der Stadt Schaffhausen soll noch dieses Jahr eine Volksinitiative lanciert werden. Eine Allianz aus linken Parteien, Organisationen und Institutionen will dort einen Mindestlohn einführen. «Auch bei uns gibt es Menschen, die von ihrem Lohn nicht leben können», sagt SP-Kantonsrätin Linda De Ventura. Sie sei überzeugt, dass die Bevölkerung nicht wolle, dass Menschen zu Tiefstlöhnen arbeiteten. 

Gute Chancen in Bern

In der Stadt Bern ist die SP ebenfalls mit Partnern im Gespräch, um einen städtischen Mindestlohn zu lancieren. «Wir sind überzeugt, dass die Stimmberechtigten eine solche wichtige sozialpolitische Massnahme für angezeigt halten», sagt Lena Allenspach, Co-Präsidentin der SP der Stadt Bern. Auch in Bern sieht sich die Linke durch das Abstimmungswochenende bestätigt. Die Stadtberner Stimmberechtigten haben einem Personalreglement zugestimmt, das für städtische Angestellte sogar einen Mindestlohn von 52’000 Franken pro Jahr und den vollen Teuerungsausgleich vorsieht.

Die Städte und Kantone haben sich in die Lohnpolitik eingeschaltet. Das heizt die Debatte auf Bundesebene weiter an.

Zudem werden im Kanton Solothurn für Unterschriften für eine Initiative gesammelt, die im Kanton einen Mindestlohn von 23 Franken verlangt. In den Kantonen St. Gallen, Thurgau und Appenzell Ausserrhoden sammeln Gewerkschaften, SP und Grüne zurzeit Unterschriften für eine Petition, die einen Mindestlohn von 23 Franken fordert. Die Petition soll am Donnerstag in den drei Kantonen eingereicht werden. 

2017 hat der Kanton Neuenburg als erster in der Schweiz einen staatlichen Mindestlohn eingeführt, der heute bei 20.77 Franken pro Stunde liegt. Es folgten mit Jura, Genf und Tessin weitere Kantone. In der Deutschschweiz setzten sich mit Ausnahme von Basel-Stadt linke Mindestlohnforderungen bisher nicht durch, weil die Bürgerlichen die Mehrheit haben. Doch in den grösseren Städten dominiert die Linke. Deshalb könnten sich in nächster Zeit in weiteren Deutschschweizer Städten Mindestlöhne durchsetzen.

GAV dürfen nicht ausgehebelt werden

Dann droht allerdings ein offener Konflikt mit dem Bund. Denn das eidgenössische Parlament hat letztes Jahr festgehalten, dass kantonale Mindestlohnregelungen nicht landesweite Gesamtarbeitsverträge (GAV) aushebeln dürfen.

Die Motion von Mitte-Ständerat Erich Ettlin wurde zwar vor dem Hintergrund kantonaler Regelungen wie jener in Neuenburg verabschiedet. Der Bundesrat soll demnach gesetzlich festhalten, dass allgemein verbindlich erklärte Landes-GAV kantonalen Mindestlohnregelungen vorgehen. Konkret: Sieht ein gesamtschweizerischer GAV tiefere Mindestlöhne vor als die kantonale Vorgabe, so muss gemäss dem Willen des eidgenössischen Parlaments der Mindestlohn im GAV gelten.

Die Mindestlöhne in Zürich (23.90 Franken pro Stunde) und Winterthur (23 Franken) liegen ebenfalls über den Ansätzen einiger Branchen-GAV. Betroffen sind etwa das Gastgewerbe oder die Reinigungsbranche, die zum Teil tiefere Mindestlöhne vorsehen.

Droht ein Mindestlohn-Flickenteppich?

Dass sich nach einigen Kantonen nun die Städte in die Lohnpolitik einschalten, heizt die Debatte auf Bundesebene weiter an. Für Erich Ettlin ist nach den Entscheiden in Zürich und Winterthur klar, dass der Vorrang der GAV auch gegenüber den städtischen Mindestlöhnen gelten soll. Der Bundesrat müsse bei der Ausarbeitung der gesetzlichen Grundlage die Entscheide in den Städten miteinbeziehen, sagt er. Für Ettlin erschweren kommunale und kantonale Mindestlöhne die GAV-Verhandlungen der Sozialpartner. Es drohe ein Flickenteppich. Im Kanton Zürich gelte im Gastgewerbe nun in den Städten Zürich und Winterthur ein höherer Mindestlohn als in Kloten oder Thalwil, wo für die Betriebe weiterhin die Regelungen des GAV der Gastrobranche massgebend seien.

Bis auf Bundesebene eine gesetzliche Regelung mit dem GAV-Vorrang in Kraft ist, werden allerdings noch mehrere Jahre vergehen. Ettlin rechnet damit, dass bis dahin in zahlreichen Städten Mindestlöhne beschlossen werden, vor allem dort, wo die Linke die Mehrheit hat. Kein Problem hat Ettlin mit der Basler Regelung, denn diese enthält die in seiner Motion verlangte Ausnahme, wonach GAV-Bestimmungen unangetastet bleiben.