Novartis informiert schon wieder verspätet
Bei Affen-Tests mit dem Millionen-Medikament Zolgensma kam es zu schweren Nebenwirkungen. Die US-Behörde reagiert prompt.
Die neue Gentherapie Zolgensma kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus. Denn bereits zum zweiten Mal muss Novartis einräumen, dass es bei Studien zum Mittel zur Behandlung des genetisch bedingten Muskelschwunds (Spinale Muskelatrophie, kurz SMA) zu einer verspäteten Meldung gekommen ist.
Zolgensma wurde vom US-Start-up Avexis entwickelt, das Novartis im vergangenen Jahr für 8,7 Milliarden Dollar übernommen hatte. Die Gentherapie ist in den USA zugelassen, mit einem Listenpreis von 2,1 Millionen Dollar ist Zolgensma das teuerste Medikament der Welt.
Probleme bei Tierversuchen
Derzeit ist Zolgensma zur Behandlung von Babys mit der schwersten Form der Muskelerkrankung, SMA vom Typ 1, zugelassen. Nun arbeitet Avexis daran, die Zulassung auf die weniger schwerwiegenden Formen der Krankheit auszuweiten.
Diesen Mittwoch hat die US-Zulassungsbehörde FDA einen temporären Stopp für klinische Studien mit Zolgensma verhängt. Bei diesen Studien wurden Kinder im Alter bis zu 5 Jahren mit der Gentherapie behandelt, die von der schwächeren Variante der Krankheit, SMA Typ 2, betroffen sind. Auslöser für den Studienstopp waren Ergebnisse aus Tierversuchen in der vorklinischen Phase.
Dabei wurde Affen Zolgensma per Rückenmarkspritze injiziert. Bei Tests mit der höchsten Dosierung mit dem Mittel traten schwere Nebenwirkungen auf, wie neuronale zelluläre Entzündungen, die zu Zellverlust führen können.
Probleme waren seit März bekannt
Die Probleme waren indes nicht neu. Avexis wusste von den Nebenwirkungen bei den Tierversuchen bereits seit März. Einen entsprechenden Bericht des Branchenportals «Fierce Pharma» bestätigte Novartis.
Demnach erfuhren die für die Sicherheit zuständigen Manager von Avexis im März von den Problemen. Es wurde entschieden, die Ergebnisse im jährlichen Update den Behörden zu melden, das für September geplant war. «Unglücklicherweise wurde ein Fehler gemacht, und das Update wurde nicht implementiert», teilte Novartis mit. Die FDA wurde erst Ende vergangener Woche informiert.
Das Auftreten der Nebenwirkungen bei den Versuchen mit Affen sei aufgefallen, als Novartis der Datenmanipulation nachging, welche diesen Sommer weltweit für Schlagzeilen gesorgt hatte.
Tests hatten keinerlei Relevanz
Forscher von Avexis hatten bei der Entwicklung der Gentherapie Ergebnisse von Tests mit Mäusen manipuliert. Dank eines internen Tippgebers wusste Novartis bereits seit dem 14. März von dem Fall. Doch der Konzern informierte die US-Zulassungsbehörde erst am 28. Juni darüber – gut einen Monat, nachdem die FDA die Zulassung für Zolgensma zur Behandlung von SMA Typ 1 erteilt hatte. Die US-Zulassungsbehörde hatte per Medienmitteilung diese späte Meldung scharf kritisiert und den Fall damit öffentlich gemacht.
Novartis hatte seinerzeit die späte Information damit begründet, dass der Konzern erst die Ergebnisse einer zweiteiligen internen Untersuchung zu dem Fall abwarten wollte. Unter anderem wurden die fraglichen Mäusetests erneut durchgeführt, um zu prüfen, ob allenfalls Änderungen am Zulassungsantrag nötig seien. Tatsächlich hatten die Tests keinerlei Relevanz für die Wirksamkeit, Sicherheit oder Verträglichkeit von Zolgensma.
FDA reagierte binnen Tagen
Die Aufarbeitung der damaligen Datenmanipulation förderte nun also die verspätete Meldung der Probleme bei den Tierversuchen zutage. Auffällig ist, dass die US-Zulassungsbehörde FDA jetzt binnen weniger Tage reagierte. Und den temporären Teststopp verhängte.
Ein Sprecher von Novartis erklärte, dass der Konzern der Frage nachgehe, warum die Meldung über die Probleme bei Tierversuchen verspätet gemacht wurde und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind.
Für den Konzern steht viel auf dem Spiel. Die aktuelle Zulassung von Zolgensma steht zwar nicht in Zweifel. Das Mittel wird weiter verkauft. Doch der Teststopp könnte verzögern, dass die FDA die Gentherapie für weitere Anwendungsfelder zulässt. Die Analysten von Vontobel schätzen, dass die Zulassung von Zolgensma für den Typ 2 der Muskelschwäche SMA einen zusätzlichen Umsatz bis zu 800 Millionen Dollar pro Jahr einbringen könnte.
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