Überraschungsteam in EnglandFast 150 neue Spieler in sieben Jahren: Das spezielle Erfolgsrezept von Nottingham Forest
Der Traditionsverein steht zurzeit auf Rang drei der Premier League. Der Erfolg kam mit dem neuen Trainer und vor allem auch durch das Geld eines zornigen Milliardärs.

- Nottingham Forest überrascht mit einem beeindruckenden dritten Platz in der englischen Premier League.
- Der griechische Milliardär Evangelos Marinakis hat über 400 Millionen Franken investiert.
- Trainer Nuno Espírito Santo führte das Team in kurzer Zeit zu bemerkenswertem Erfolg.
- Marinakis’ umstrittener Führungsstil spiegelt sich in häufigen Transfers und Trainerwechseln wider.
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Fussballmärchen. Nottingham Forest spielt sich in der laufenden Saison bis auf den dritten Rang der Premier League vor. Im Team tummeln sich Namen, die beim durchschnittlichen hiesigen Fussballfan nicht die grosse Euphorie erzeugen: Murillo, Ola Aina, Chris Wood – sie könnten bald auf der europäischen Bühne für Aufregung sorgen.
Der Erfolg kommt unerwartet, aber nicht ganz zufällig. Die Investitionen seit dem Aufstieg 2022 sind enorm, der Spielerverschleiss grenzt an Absurdität. Etwas über 400 Millionen Schweizer Franken hat Nottingham in den letzten rund zweieinhalb Jahren ausgegeben. Zum Vergleich: Tabellenführer Liverpool investierte in dieser Zeit rund 340 Millionen Franken.
Das Geld für die Investitionen stammt aus der Tasche des griechischen Milliardärs Evangelos Marinakis, der den Club 2017 zu 80 Prozent übernahm – mit grossen Ambitionen. Zu dieser Zeit steht der taumelnde Traditionsverein auf den hinteren Rängen der Zweitklassigkeit. Weit weg von der Blütezeit der Siebzigerjahre, als Nottingham einst den einzigen Meistertitel (1978) und zweimal den Europacup der Landesmeister (1979, 1980) gewann. Später rutschte der Club aus der Stadt, in der sich die Legende von Robin Hood zugetragen haben soll, sogar bis in die Drittklassigkeit ab.
Präsident Marinakis, der sich anders als der Held aus dem späten Mittelalter nicht für soziale Gerechtigkeit, sondern vielmehr für Erfolge im Fussball interessiert, ist bekannt für grosse Ankündigungen und ein nicht immer ganz sittliches Benehmen. Beim Amtsantritt lässt er verlauten, den Club wieder in eine ähnlich glorreiche Zeit wie vor rund 50 Jahren zurückführen zu wollen.

In der Funktion des Mehrheitseigners von Olympiakos Piräus bedroht und beleidigt Marinakis nach einem Spiel den Schiedsrichter derart massiv, dass ihm ein griechisches Sportgericht ein fünfmonatiges Stadioninnenraum-Verbot auferlegt. Und auch in England sorgt Marinakis’ Umgang mit Unparteiischen für Aufsehen: Ende 2024 soll er einem Schiedsrichter nach einem Spiel Nottinghams gegen Fulham vor die Füsse gespuckt haben, der englische Verband erteilte dem Präsidenten daraufhin für fünf Spiele Stadionverbot.
«Ihr seid nicht einmal das Toilettenpapier in unserem Trainingszentrum wert»
In der illustren Runde von Clubbesitzern gehört der Grieche, der auch beim portugiesischen Rio Ave FC Mehrheitseigner ist, wahrlich nicht zu den Gemässigten. Wenig überraschend sieht auch die Transferkultur Nottinghams eher unkonventionell aus. In der Saison nach dem Aufstieg verpflichtet der Club aus den Midlands stolze 30 neue Spieler, darunter mit Remo Freuler auch einen Schweizer Nationalspieler, der den Verein nach einem Jahr wieder verlässt. Seit Marinakis’ Übernahme 2017 amteten in Nottingham schon sieben Trainer, und der Club verpflichtete nahezu 150 Spieler.
Es sind Zahlen, die nicht gerade Erfolg versprechend oder auch nur annähernd nachhaltig wirken. Der Club kann in der Premier League nach dem Aufstieg auch zweimal nur knapp dem Abstieg entkommen. Unter Trainer Nuno Espírito Santo nimmt das Team aber enorm an Fahrt auf. Seit Dezember 2023 steht der Portugiese nun an der Seitenlinie – mit ihm kommt der Höhenflug.

Mit Ryan Yates steht nur noch ein Spieler aus der Aufstiegsmannschaft im Kader. Transformation vor Tradition ist das Credo von Marinakis, der mit Reedereien ein Vermögen angehäuft hat. Laut Forbes soll der Grieche, dessen Vater schon als Reeder tätig war, rund 4 Milliarden Dollar schwer sein.
Ebenso wie der Reichtum gehört auch eine gesunde Portion Zorn zum Patriarchen, der einst bei Olympiakos Piräus die Spieler nach einer schwachen Saison mit den Worten «Ihr seid nicht einmal das Toilettenpapier in unserem Trainingszentrum wert» beleidigte. Einen Monat zuvor hatte er die Spieler mit einer Gesamtbusse von 400’000 Euro bestraft und ihnen die Möglichkeit eröffnet, besser gleich in den Urlaub zu gehen.
Anklagen wegen Spielmanipulationen oder Schmuggel von 2,1 Tonnen Heroin auf einem seiner Frachter: Marinakis musste auch immer wieder vor Gericht antraben. In keinem der Fälle wurde Marinakis verurteilt. Die Persona des Präsidenten ist einigen Fans dennoch nicht ganz genehm.
Im Sommer 2024 feierten in Piräus aber sicherlich auch die Kritischen mit den weiteren Zehntausenden Anhängern den Gewinn der Conference League, den ersten Europacup-Titel überhaupt für ein griechisches Team. Und in Nottingham träumen sie weiter davon, dass die Zukunft nun ebenso rosig wird wie die bald schon 50-jährigen Gedanken.
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