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Noël könnte der nächste Hirscher werden

Clément Noël auf dem Weg zum Sieg in Wengen. (Bild: Lionel Bonaventure/AFP)
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Man muss sich erst einmal an dieses Bild gewöhnen. Da wird also ein Slalom gefahren, und am Ende steht tatsächlich nicht Marcel Hirscher zuoberst auf dem Podest. Vier von fünf Rennen in dieser Disziplin entschied der Österreicher in diesem Winter für sich, brachte mit dieser Konstanz die Konkurrenz zuweilen an den Rand der Verzweiflung. Und dann kommt da ein 21-jähriger Franzose und stiehlt dem Dominator einfach so die Show.

Clément Noël heisst der junge Mann mit dem Lausbubengesicht und dem schnellen Schwung. Nach seinem Auftritt in Wengen dürfte sein Name nicht länger nur Szenekennern ein Begriff sein. Dafür war seine Leistung zu beeindruckend. Und dafür ist vor allem sein Potenzial zu gross.

Für ein erstes Ausrufezeichen sorgte der Franzose bereits am Sonntagmorgen, als er Laufbestzeit fuhr, 42 Hundertstel vor dem Zweitschnellsten, Manuel Feller, und beinahe eine Sekunde vor Hirscher. «Das war super», meinte er. Doch es war erst die halbe Miete. Zumal Hirscher in der Reprise stets noch zulegen kann. Und vor allem, weil sich Noël nach halbem Pensum zuvor noch nie in der Rolle des Führenden befunden hatte.

«Ich wollte mich über Mittag gar nicht zu sehr auf den zweiten Lauf fokussieren. Also sprach ich mit anderen, ass und trank etwas», erzählt er. Erst als es losging, zog er sich zurück und hörte Musik. «Da war die Spannung schon enorm gross.»

Hirschers Ritterschlag

Weil sich Henrik Kristoffersen (4.) und Alexis Pinturault (25.) dann mit einem Fehler bei der letzten Kuppe um den Erfolg brachten, war Noël gewarnt. «Als ich diese Stelle gemeistert hatte, wusste ich: Das wird ein wirklich gutes Resultat.» Die Entscheidung zu seinen Gunsten fällt am Ende dennoch knapp aus: Um acht respektive zehn Hundertstel verweist er den starken Feller und Hirscher auf die Plätze.

Noël schreibt damit ein weiteres Kapitel in der erfolgreichen Geschichte der französischen Techniker, an deren Anfang der legendäre Jean-Claude Killy steht. Und die zuletzt von Jean-Baptiste Grange und Julien Lizeroux geprägt wurde. Die Chance ist sehr gross, dass Noël dereinst in ihre Fussstapfen treten wird.

Hirscher jedenfalls nennt ihn bereits «die Zukunft des Slaloms». Das kommt einerseits einem Ritterschlag gleich, andererseits neigt der Österreicher dazu, junge, talentierte Fahrer rasch einmal in höchsten Tönen zu loben.

Die jüngste Entwicklung aber könnte Hirscher recht geben: 2018 gewann Noël Gold an der Junioren-WM und wurde Vierter an den Olympischen Spielen. Zum Auftakt dieses Jahres ist er nun richtig durchgestartet. Nach einem 4. Platz in Zagreb schaffte er vor Wochenfrist als Zweiter in Adelboden erstmals den Sprung auf ein Weltcuppodest.

In jungen Jahren auf den Ski

«Was das Skifahren betrifft, fühlte ich mich schon Anfang Saison sehr gut. Bloss hat sich das nicht in den Resultaten gezeigt. Die Leistungen von Zagreb und Adelboden haben mir Zuversicht gegeben», sagt er. «Und im Slalom ist es ein wesentlicher Unterschied, ob du mit viel Vertrauen fährst oder nicht.»

Noël ist im Städtchen Remirement in den Vogesen aufgewachsen, das Elternhaus befindet sich direkt neben einem Skilift – was seinen Lebensweg wesentlich beeinflusst hat. «Meine Eltern waren begeisterte Skifahrer, und natürlich stellten sie mich früh auf die Ski», sagt er.

Als Teenager verfolgte er dann im TV die Rennen von Grange und Lizeroux, sie wurden zu Vorbildern. Seit zwei Jahren trainiert er nun mit ihnen, was die Sichtweise verändert habe. «Wir stehen uns als Teamkollegen nun anders gegenüber, aber ich habe immer noch grossen Respekt vor ihren Leistungen.» Derweil die beiden im Spätherbst ihrer Karriere stehen, beginnt sich das Karussell für Noël gerade erst zu drehen. Das sind glänzende Voraussetzungen für den französischen Skisport.

Yule setzt als 5. die Serie fort

Gleiches lässt sich im Prinzip auch über die Schweizer Techniker behaupten. Das Team ist kompetitiv wie lange nicht mehr. In Wengen setzte Daniel Yule (5.) seine Serie fort: Nie war er in einem Slalom in diesem Winter ausserhalb der Top 10 klassiert. Wobei der Walliser wegen eines Fehlers am Morgen auf den ersten 22 Fahrsekunden fast neun Zehntel auf Noël einbüsste.

«Damit habe ich einen Podestplatz verpasst», meinte er. «Aber immerhin habe ich diesen Fehler korrigieren können. Ich fühlte mich im zweiten Lauf besser als in den letzten Rennen, das stimmt mich zuversichtlich.» Loïc Meillard sorgte als Elfter dafür, dass die Schweizer Bilanz zufriedenstellend ausfällt.

Doch das Berner Oberland bleibt für sie ein hartes Pflaster. In Adelboden liegt der letzte Podestplatz elf Jahre zurück, und in Wengen feierten die Gastgeber heuer ein unrühmliches Jubiläum: 1999 sorgte Michael von Grünigen als Zweiter hier für den letzten Schweizer Exploit in einem Slalom. Clément Noël war da noch keine zwei Jahre alt.