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Referat endet in Nahkampf
Neurologe prügelt sich mit grünem «Gorilla»

Wurde an einer Tagung während eines Referats von einem grünen Gorilla bedrängt: Neurowissenschaftler Sebastian Dieguez.
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Die Sprache verschlägt es Sebastian Dieguez selten. Doch was der Neurologe und Buchautor am Samstag während eines Referats erlebt hat, geht ihm am Montagmorgen noch immer nahe. Er schreibt: «Ich kann mich nicht konzentrieren. Ich kann nicht arbeiten. Was passiert ist, hat mich tief getroffen.»

Der Neurowissenschaftler war eingeladen, in Lausanne an einer Tagung zum Thema Hass in den sozialen Medien zu sprechen. Natürlich präsentierte Sebastian Dieguez dabei auch sein eben erschienenes Buch «Verschwörung: Kognition, Kultur, Gesellschaft». Schon seine 2018 erschienene Analyse «Totaler Bullshit! Im Herzen des postfaktischen Zeitalters» fand breite Beachtung.

«Ich schaue mich um, alle scheinen verwirrt und amüsiert zu sein, aber niemand reagiert.»

Sebastian Dieguez, Neurowissenschaftler

150 Leute sassen in Dieguez’ Vortrag, darunter der Organisator der Tagung, Charles Kleiber, ehemaliger Staatssekretär für Bildung, Forschung und Innovation. Plötzlich tauchte im Saal ein grüner Gorilla auf, der auf Dieguez zuging. «Ich schaue mich um, alle scheinen verwirrt und amüsiert zu sein, aber niemand reagiert», schildert er die Situation später auf Twitter.

Auf einmal habe sich das grüne Monster vor ihm aufgebaut, ihn unterbrochen und sein Buch verlangt, so Dieguez. Als der Autor in einem Überraschungscoup versuchte, dem Monster die Maske vom Gesicht zu reissen, floh die Gestalt aus dem Saal.

Dieguez ging von einem Störefried aus und nahm an, ausserhalb des Saals würde jemand eingreifen. Doch plötzlich stand das Monster wieder im Saal, hielt sich in seinem Rücken auf und begann Störgeräusche zu machen.

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«Mein Referat ist ruiniert. Ich habe keinen Spass mehr, und das spürt man», beschreibt Dieguez diesen Moment auf Twitter. Er hat Angst. Der Mittvierziger fragt sich: «Trägt das Monster am Ende eine Waffe auf sich?» Mit Morddrohungen und Belästigungen ist er im Alltag immer wieder konfrontiert. Das Buch einmal in den Händen, deutete das Monster an, damit seinen Hintern abzuwischen.

Tritt in die Genitalien

Das Monster und Sebastian Dieguez verlassen den Saal schliesslich durch separate Ausgänge. Doch sie begegnen sich wieder. Die Situation eskaliert. Der Wissenschaftler stürzt sich auf das Monster. Er beschreibt die Szene im Rückblick so: «Ich will ihm seine Maske ausziehen. Er tritt mich in die Genitalien. Schliesslich gelingt es mir, ihn zu demaskieren. Er sagt, dass ich nicht wüsste, wovon ich rede, dass ich ein Clown sei.»

Später stellte sich heraus, dass es sich beim Monster um einen Saxofonisten der Jazzschule Lausanne handelte, der an der Tagung Teil einer Kunstperformance war. Organisator Charles Kleiber hatte der Schule eine Carte blanche erteilt, um ein Experiment zu wagen. Er habe sich gewünscht, dass «Musiker die Tagung musikalisch-humoristisch unterwandern», sagt Kleiber.

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Dass das grüne Monster ohne Saxofon neben Sebastian Dieguez stand und von einer musikalischen Unterwanderung keine Rede sein kann, weiss auch Kleiber. «Ich übernehme die Verantwortung. Ein nächstes Mal würde ich die Darbietungen mit den Referenten und den Künstlern eingehend besprechen», sagt der ehemalige Staatssekretär. Und auch der Saxofonist im Gorillakostüm habe mittlerweile realisiert, dass er Grenzen überschritten habe, versichert Kleiber. Die Tagung als solche wertet er dennoch als «Erfolg» und sagt, die Referenten seien schriftlich informiert worden, dass es eine Performance geben werde.

Für Sebastian Dieguez bleibt die Tagung eine traumatische Erfahrung. Er sagt: «Die Leute im Publikum waren verängstigt. Einige sagten mir danach, sie hätten sich mit dem Gedanken beschäftigt, sich zu Boden zu werfen, sollte der Gorilla zu schiessen beginnen. Nichts von dem, was er tat, war lustig oder künstlerisch, alles war feindselig, bedrohlich und unheimlich, und ich sah nie ein einziges Saxofon.»

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