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Frances Haugen unter Verdacht
Rechte Medien greifen Facebook-Whistleblowerin an

Frances Haugen bei ihrem Auftritt vor dem Senatsausschuss: Ihre Angriffe gegen Facebook waren von langer Hand geplant.  
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Besser hätte Frances Haugen das kaum hinkriegen können. Mit einer Serie von Angriffen seit Mitte September hat es die Whistleblowerin geschafft, das soziale Netzwerk Facebook mit «Big Tobacco» in Verbindung zu bringen.

Die Tabakindustrie leugnete lange Jahre, dass ihre Produkte süchtig machen – obwohl sie es längst wusste. Whistleblower Jeffrey Wigand machte das 1995 öffentlich, die Zigarettenhersteller gerieten unter politischen Druck. Ähnlich hat nun Haugen gegen Facebook mobilisiert: Sowohl Demokraten als auch Republikanerinnen haben angekündigt, dem sozialen Netzwerk schärfere Regeln auferlegen zu wollen.


Die Bühne vorbereitet

Inzwischen ist klar geworden, dass Haugen ihre Aktion sorgfältig geplant hat. Während sie bei Facebook angestellt war, lud sie Zehntausende Seiten mit internen Dokumenten herunter. Diese spielte sie dem «Wall Street Journal» zu, das ab Mitte September eine Serie dazu veröffentlichte. Die Vorwürfe sind gravierend: Die Produkte von Facebook schadeten jungen Frauen, gefährdeten die Demokratie und begünstigten ethnische Konflikte – unter anderem.

Die Öffentlichkeit erfuhr Haugens Namen Anfang Oktober in einem Fernsehinterview, kurz darauf gingen ihre professionelle Website und ein verifiziertes Twitter-Konto online. Hinter den Kulissen war ihre Identität bereits breiter bekannt.

Haugen hatte in den Wochen davor Kontakte mit zahlreichen internationalen Medien geknüpft und Interviews organisiert, die kurz nach dem Fernsehauftritt erschienen, unter anderem in dieser Zeitung. Damit war die Bühne bereit für Haugens grossen Auftritt: Am 5. Oktober sagte sie vor einem Senatsausschuss gegen Facebook aus und empfahl, dem sozialen Netzwerk regulatorische Fesseln anzulegen.

Rechte Medien fühlen sich gefährdet

Für die professionell orchestrierte Kampagne erhält Haugen Unterstützung aus dem Umfeld der demokratischen Partei, unter anderem von Bryson Gillette, der Firma von Obama-Berater Bill Burton, für die auch Joe Bidens Sprecherin Jen Psaki früher arbeitete.

Rechte Medien haben zudem in Erfahrung gebracht, dass Haugen einige Tausend Dollar an Demokraten gespendet hat, auch an Alexandria Ocasio-Cortez, das Schreckgespenst der Konservativen. Nun wittern sie hinter Haugens Angriffen auf Facebook eine gross angelegte Verschwörung zur Verbannung rechter Inhalte aus sozialen Medien.

Trotzdem bei Facebook angeheuert

Genährt wird ihr Verdacht durch Haugens Aussagen. Sie hatte sich schon früh für die Risiken von sozialen Netzwerken interessiert und bei mehreren Firmen daran gearbeitet. Facebooks dunklen Seiten in Afrika sei sie schon vor über 10 Jahren auf die Spur gekommen.

Aufgeschreckt habe sie dann, als ein naher Freund sich innert kürzester Zeit auf sozialen Netzwerken radikalisiert und rechten Verschwörungstheorien zugewendet habe.

Trotz all dieser Erfahrungen liess sich Haugen bei Facebook anstellen. Sie selbst sagt, sie habe an der Lösung der Probleme der Firma mitarbeiten wollen. An die Öffentlichkeit sei sie nun gegangen, weil alles viel schlimmer sei als erwartet.

Nun bleibt abzuwarten, ob die Politik eingreift. Bei der Tabakindustrie dauerte es Jahrzehnte.