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Neue Steuer für AHV
Idee aus der Mottenkiste oder Lösung für die 13. Rente?

Philipp Matthias Bregy, Fraktionspraesident Die Mitte-Fraktion und Nationalrat (VS) spricht anlaesslich dem Dreikoenigsgespraech, am Dienstag, 9. Januar 2024 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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In den 1990er-Jahren war es eine Forderung linker Globalisierungskritiker: Finanztransaktionen sollten besteuert werden. Das würde Einnahmen generieren und den spekulativen Hochfrequenzhandel eindämmen, argumentierten Gruppierungen wie Attac. Nach der Finanzkrise von 2008 wurde die Idee international salonfähig: Die EU plante die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, konnte sich aber nicht einigen. Nur Frankreich, Italien und Spanien führten die Steuer bisher ein.

In der Schweiz blieb es ein linkes Anliegen – bis am Sonntag. Da haben Mitte-Vertreter die Finanztransaktionssteuer als Möglichkeit für die Finanzierung der 13. AHV-Rente ins Spiel gebracht. Darüber müsse diskutiert werden, schrieb Fraktionschef Philipp Bregy auf X (vormals Twitter). Mehrere seiner Parteikollegen nahmen den Ball begeistert auf. Und auch Parteipräsident Gerhard Pfister sagte in der Elefantenrunde, das sei eine Option. Das linke Anliegen könnte damit mehrheitsfähig werden. 

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Bis 2026 dürfte kaum eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden, es bräuchte also eine Übergangslösung. Doch ist der Vorschlag überhaupt realistisch? Und warum ist die Mitte plötzlich dafür? Die wichtigsten Fragen und Antworten. 

Wie ernst ist es der Mitte mit dem Vorschlag?

Fraktionschef Philipp Bregy sagt: «Wir müssen neue Wege finden – und die Finanztransaktionssteuer ist ein Weg, den wir ernsthaft prüfen müssen.» Der Bundesrat habe bereits den Auftrag erhalten, dies zu tun. Nun müsse er vorwärtsmachen. Der Ständerat hatte 2022 einen Vorstoss von Mitte-Vertreter Beat Rieder angenommen, der eine Auslegeordnung verlangte. Rieder sagte damals, die Steuer könnte eine Möglichkeit bieten, sich bei der nächsten AHV-Revision nicht «gegenseitig die Köpfe einzuschlagen».

Wie funktioniert die Finanztransaktionssteuer?

Die klassische Ausprägung ist eine Umsatzsteuer für Finanzmärkte, die Devisen, Aktien, Anleihen und den Handel mit Derivaten erfasst. Auf den Handel wird bei jeder Transaktion ein geringer Steuersatz erhoben, beispielsweise 0,2 Prozent. 

Was sagen die Gegner?

Die Gegner im bürgerlichen Lager argumentieren, die Schweizer Börse wäre nicht mehr wettbewerbsfähig. Mit der Umsatzabgabe, die auf der Übertragung mancher Wertpapiere erhoben werde, kenne die Schweiz ausserdem bereits heute eine Finanztransaktionssteuer. Darauf wies auch der Bundesrat hin. Die Umsatzabgabe müsste wohl aufgegeben werden, falls eine Finanztransaktionssteuer eingeführt würde, sagte der damalige Finanzminister Ueli Maurer bei der Diskussion von Rieders Vorstoss.

Marius Brülhart, Wirtschaftsprofessor an der Universität Lausanne, sagt: «Ich bin erstaunt, dass es eine bislang eher utopische Idee nun in die seriöse politische Debatte schafft.» Der Steuer liege die Idee zugrunde, dass dank einer kaum spürbaren Steuer eine riesige Summe zustande komme. Brülhart bezweifelt allerdings, dass eine Steuer mit Milliardenerträgen nicht zur Abwanderung ins Ausland führt. «Gerade der Markt der Finanztransaktionen gilt als sehr mobil.»

Was sagen die Befürworter?

Die Befürworter weisen darauf hin, dass die Steuer eine kleine Gruppe finanzkräftiger Akteure treffe. Kleinsparer würden praktisch nicht belastet. Dennoch würde die Steuer hohe Summen einbringen. Wenn alle europäischen Länder die Steuer einführen würden, brächte schon ein Steuersatz von nur 0,05 Prozent jährlich über 200 Milliarden Euro ein, schätzt Attac. Rieder sagte im Ständerat, die Entwicklung der Finanzwirtschaft in den letzten 30 Jahren stehe in keinem Verhältnis zur Entwicklung der Realwirtschaft. Zwar kenne die Schweiz die Umsatzabgabe, aber bei dieser gebe es zahlreiche Ausnahmen. Die Befürworter bezweifeln, dass die Steuer dem Standort schaden würde. Der Schweizer Finanzplatz gehöre zu den stärksten und stabilsten der Welt, sagt Bregy.

Gab es in der Schweiz bereits Pläne in diese Richtung?

Ein Komitee, dem unter anderen Finanzprofessor Marc Chesney und der frühere Bundesratssprecher Oswald Sigg angehörten, versuchte vor einigen Jahren, mit einer Volksinitiative eine Mikrosteuer auf sämtlichen bargeldlosen Finanztransaktionen einzuführen. Diese hätte laut Chesney jährlich rund 100 Milliarden Franken eingebracht. Die nun diskutierte Finanztransaktionssteuer wäre die kleine Variante einer solchen Steuer. 

Obwohl es 2021 nicht gelang, 100’000 Unterschriften für die Mikrosteuerinitiative zu sammeln, hält Chesney die Idee nach wie vor für sehr relevant. Eine Finanztransaktionssteuer wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung, sagt der Professor am Institut für Banking and Finance der Universität Zürich. Eine solche erste Etappe wäre «technisch einfach umzusetzen und viel sozialer als eine Erhöhung der Mehrwertsteuer». Mit der Finanztransaktionssteuer könnte die 13. AHV-Rente finanziert werden.