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Erschwerter Marktzugang
Neue Nadelstiche aus Brüssel gegen Schweizer Banken

Blick auf das Gebäude der EU-Kommission in Brüssel. Neue Regulierungsvorstösse lösen Sorgen bei Schweizer Banken aus. 
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Schweizer Banken drohen Opfer der angespannten Beziehungen zwischen der EU und Grossbritannien zu werden. Als Reaktion auf den Brexit plant Brüssel eine Verschärfung der Regeln, wie Banken aus Nicht-EU-Staaten Kunden in der EU ihre Dienste anbieten dürfen.

Der vor kurzem präsentierte Vorschlag für die Kapitalanforderungen an Banken in der EU, genannt CRD6, sieht vor, dass Banken aus Drittstaaten nur noch EU-Kunden ihre Dienste anbieten dürfen, wenn der Finanzdienstleister zumindest eine Niederlassung in der EU betreibt. Das würde gerade kleineren Schweizer Privatbanken das Leben erschweren, die bisher primär aus der Schweiz heraus agieren. Schon jetzt geht die Zahl der Privatbanken stetig zurück.

«Die EU erschwert schrittweise den Marktzugang für Banken aus Ländern wie der Schweiz, der Vorschlag der CRD6-Richtlinie ist hier ein weiterer Mosaikstein», sagt Pascal Sprenger, Partner und Experte für Finanzmarktregulierung bei der Unternehmensberatung KPMG.

Das grenzüberschreitende Anbieten von Finanzdienstleistungen von Banken ist derzeit ein nationaler Flickenteppich. Frankreich, Spanien und Italien haben bereits eine Pflicht zu einer Zweigniederlassung eingeführt, Deutschland, Irland, Belgien und Luxemburg dagegen nicht.

Brexit als Auslöser

Gerade nach dem Brexit sehen EU-Aufseher mit Argusaugen, dass Banken von London aus auf Basis bilateraler Zugangsabkommen in der EU geschäften. So warnte EZB-Bankaufseher Edouard Fernandez Bollo jüngst, dass britische Banken diese Grenzregime nicht «als Mittel nutzen sollten, um hohe Volumina von Aktivitäten in der EU abzuwickeln».

Deutschland zum Beispiel erlaubt Schweizer Banken bislang mit der sogenannten Freistellung, auch aus der Schweiz heraus aktiv deutsche Kunden zu bedienen. Diese Ausnahmeregel ist aber nun in Gefahr, sollte die EU-Kommission ihre Vorschläge durchsetzen.

Laut einer Analyse der Anwaltskanzlei Linkslaters ist die neue Vorschrift «ausreichend mehrdeutig» formuliert, sodass vermutlich auch Angebote wie Anlageberatung von der neuen Niederlassungspflicht betroffen sein werden.

1000 Milliarden von EU-Kunden

Die EU ist für die Schweizer Banken aber ein wichtiger Exportmarkt. Von den 2400 Milliarden Franken verwalteter Vermögen ausländischer Kunden stammen laut der Schweizerischen Bankiervereinigung rund 1000 Milliarden von EU-Kunden.

Hat ein Institut keine Niederlassung in der EU, so droht es auf die passive Dienstleistungsfreiheit zurückgeworfen zu werden (Fachbegriff: «reverse solicitations»). Das bedeutet, dass eine Schweizer Bank warten muss, bis ein EU-Kunde sie gezielt anspricht.

Und auch diese Möglichkeiten, EU-Kunden aus der Schweiz heraus zu bedienen, hat die EU bereits mit einer Verschärfung der Anlegerschutzrichtlinie Mifid jüngst verschärft, wie KPMG-Experte Sprenger erklärt. «Hat ein deutscher Kunde eine Ferienwohnung im Engadin und aus diesem Grund eine Schweizer Bankbeziehung, so darf seine Bank ihm nicht mehr ohne weiteres weitere zusätzliche Dienste wie die Anlageberatung oder selbst den Verkauf einer Kreditkarte anbieten», erklärt er.

«Aus unserer Sicht ist es mit den zunehmend verschärften Regeln für Schweizer Banken schwierig, einen EU-Markt aktiv zu bedienen.»

Pascal Sprenger, Partner und Experte für Finanzmarktregulierung bei KPMG.

Die neue Regulierung muss noch vom EU-Parlament und vom EU-Rat angenommen werden, der Prozess dürfte 12 bis 18 Monate dauern. Die Bankiervereinigung ist besorgt: «Wir stellen seitens EU eine Tendenz zur weiteren Einengung des regulatorischen Rahmens fest, der es für Finanzdienstleister aus Drittstaaten immer schwieriger macht, legitime Bedürfnisse von EU-Kunden grenzüberschreitend abzudecken. Einzelne Verschärfungen erfolgten unter anderem aufgrund des Brexit», erklärt Verbandssprecher Silvan Lipp.

Das zuständige Staatssekretariat für internationale Finanzfragen erklärt: «Die Auswirkungen auf die Banken in der Schweiz sind noch unklar, da es sich derzeit um einen Regulierungsvorschlag der Europäischen Kommission handelt.»

KPMG rät den Banken, sich der Realität zu stellen: «Aus unserer Sicht ist es mit den zunehmend verschärften Regeln für Schweizer Banken schwierig, einen EU-Markt aktiv zu bedienen. Daher raten wir unseren Kunden, mit einer Niederlassung in den Markt zu gehen, wo die Bank Kunden bedienen will. Nur mit genügend Nähe zum Kunden ist Wachstum in diesen Märkten noch möglich», sagt Experte Sprenger.

Jobs gehen ins Ausland

Schon jetzt beschäftigen Schweizer Banken laut dem Bankenbarometer mehr Menschen im Ausland (94’329) als im Heimatmarkt (91’207). Und sie schufen allein im ersten Halbjahr 1655 neue Jobs im Ausland – das ist zehnmal mehr als im Inland, wo nur 146 neue Arbeitsplätze entstanden.

Setzt die EU die Niederlassungspflicht am Ende durch, dürfte sich das Jobwachstum im Ausland zulasten der Schweiz beschleunigen.