Wegen hoher InflationNestlé will auch dieses Jahr die Preise erhöhen
«Wir erleben eine Inflation, die viele von uns in ihrem Berufsleben noch nicht gesehen haben», sagt Konzernchef Mark Schneider. Dies zeigt sich an der Ladenkasse.
Wer Nespresso-Kapseln, Maggi-Produkte oder Cailler-Schoggi kauft, muss dafür wahrscheinlich bald noch tiefer in die Tasche greifen. Denn Nestlé hat weitere Preiserhöhungen für das laufende Jahr angekündigt. Welche Nahrungsmittel konkret davon betroffen sind, wollte Firmenchef Mark Schneider nicht verraten. «Das wird sehr zielgerichtet sein – von Produkt zu Produkt, von Markt zu Markt», sagte er am Donnerstag bei der Präsentation der Jahresbilanz.
Grund für die steigenden Preise sind höhere Einkaufspreise für Lebensmittel, die der Konzern dann weiterverarbeitet, sowie die höheren Energiekosten in Fabriken. «Das ist neu. Wir erleben eine Inflation, die viele von uns in ihrem Berufsleben noch nicht gesehen haben», sagte Schneider.
Bereits im vergangenen Jahr mussten die Konsumentinnen deutlich mehr für Nestlé-Produkte bezahlen. Im konzernweiten Durchschnitt und über das Jahr verteilt stiegen die Preise um 8,2 Prozent. Vor allem im zweiten Halbjahr zogen sie kräftig an. Besonders hoch war das Plus bei Tiernahrung, Fertiggerichten und Milchprodukten mit jeweils rund zehn Prozent. Nespresso-Kapseln verteuerten sich um rund fünf Prozent.
Die Preiserhöhungen im laufenden Jahr dürften im Vergleich dazu moderater ausfallen. Zwar machte Nestlé dazu keine genauen Angaben. Doch Schneider hat ein Wachstumsziel von sechs bis acht Prozent ausgegeben und will «das meiste davon» über Preiserhöhungen erreichen.
Die Konsumenten reagieren empfindlich
Doch ganz so einfach sind die höheren Preise selbst für den weltgrössten Nahrungsmittelhersteller nicht durchzusetzen. «Das wirtschaftliche Umfeld ist schwierig», sagt Konsumgüterspezialist Andreas von Arx von der Bank Baader Helvea. «Mit den Zinserhöhungen und der Inflation haben die Konsumenten weniger Geld in der Tasche.» Viele von ihnen wollen daher weniger ausgeben und machen einen Bogen um teure Lebensmittel.
Im wichtigsten Markt für Nestlé – in Nordamerika – sank das Konsumklima im vergangenen Jahr auf den tiefsten Stand seit Jahrzehnten. In Europa sah es nicht viel besser aus. Das bekam Nestlé zu spüren: Im Jahr 2022 konnte der Konzern nicht mehr Waren verkaufen – das Volumenwachstum stagnierte.
Und das hat weitere unerwünschte Nebeneffekte: Denn wenn angesichts der höheren Preise weniger konsumiert wird, sinkt auch die Auslastung in den Fabriken, und das wiederum lastet auf dem Gewinn, wie von Arx erklärt. «Das ist ein industrieweites Problem», so der Analyst.
Intensive Verhandlungen
Hinzu kommen schwierige Preisverhandlungen mit den Detailhändlern rund um den Globus. Sie sind weiterhin der mit Abstand wichtigste Vertriebskanal von Nestlé. Die Detailhändler sind bestrebt, die Markenprodukte des Schweizer Konzerns weiterhin möglichst günstig anbieten zu können. Die Folge sind «intensive» Preisverhandlungen, wie Schneider sagt. Weiter äussern wollte er sich zu diesen aber nicht.
«Das ist kein luftleerer Raum, sondern ein sehr kompetitives Umfeld», sagt Analyst von Arx. «Die Konkurrenten überlegen sich ständig, was sinnvoller ist – die Preise auch zu steigern oder vielleicht Marktanteile zu gewinnen.»
Im vergangenen Jahr war es Nestlé nur teilweise gelungen, die höheren Preise für Rohstoffe und Energie an die Konsumenten weiterzugeben. Folglich sanken die Renditen. Der Nettogewinn des Konzerns schrumpfte auf 9,3 Milliarden Franken – von durch einen Sondereffekt aussergewöhnlich hohen 16,9 Milliarden im Jahr davor.
Mit den weiteren Preiserhöhungen will Schneider nun aufholen. «Wir wurden von der Inflation getroffen und versuchen nun den Schaden, der angerichtet wurde, zu reparieren», sagte er.
Die Konsumentinnen und Konsumenten dürfte das weniger freuen. Doch Nestlé sei hier nicht allein, verteidigte sich der Firmenchef. Auch viele Konkurrenten hätten ihre Preise erhöht. Schneider sagte: «Wenn man unsere Preiserhöhungen mit dem Rest der Industrie vergleicht, dann schiessen sie nicht darüber hinaus.»
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