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Kolumne Fast Verliebt
Nerviges Networking

Vielleicht ist es beim Networking dasselbe wie beim Dating: Hauptsache, es funkt mit dem oder der Richtigen.
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Zwei Seelen schlummern in meiner Brust: Die eine verabscheut Networking. Die andere beneidet jeden, der es kann. Aber sind das nicht diese aalglatten Karrieristen? Die wahllos jedem schmeicheln, der über ihnen steht, auch wenn sie die nicht leiden können? Hauptsache, sie werden hochgezogen. Auf der eigenen Schleimspur. So will ich nicht sein, sage ich mir: Bin kein Aal, habe Rückgrat. 

Und doch kommen mir Zweifel, wenn ich im Homeoffice allein vor mich hinarbeite. Ist es nicht auch ein Zeichen von Trägheit, wenn man um 15 Uhr gegen das Zuckertief stupide seinen Schokoriegel knabbert, um dann weiter zu werkeln, anstatt sich frisch gepudert aufs Rad zu schwingen und sich mit wichtigen Leuten auf einen Kaffee zu treffen? Gibt es ein Wort für das schlechte Gewissen, das einen manchmal befällt, weil man zu wenig Networking betreibt?

Wie viele fantastische Chancen sind uns so wohl schon durch die Lappen gegangen?

«Fomo», schlägt eine Freundin beim Kuchenessen vor: «fear of missing opportunities». Wir sind zu dritt, stochern jetzt lustlos im Apfelkuchen rum. Seit das Thema aufgekommen ist (sorry, das war ich), glauben alle am Tisch, furchtbar faul zu sein in der Kontaktpflege. Wie viele fantastische Chancen sind uns so wohl schon durch die Lappen gegangen? «Seit alle im Homeoffice sind, ist Networking ja noch schwieriger geworden», sagt die Dritte von uns betrübt.


Mitten in unser Gefühl des Zukurzkommens erzähle ich von einer Kollegin, deren Hardcore-Networking mich total nerve. Da sie Autorin ist, hat sie ein Gespür für Menschen. Sie weiss, was andere hören wollen. Und das sagt sie ihnen dann auch, schamlos. Sie bestätigt jedem das Selbstbild, völlig egal, wie weit es von der Realität entfernt ist. Sobald jemand Wichtiges zur Tür rein kommt, lässt sie dich stehen, magnetisch angezogen von dieser neuen Quelle künftiger Vorteile. In ihrem Regal sah ich mal das Buch: «Wie man Freunde gewinnt. Die Kunst, beliebt und einflussreich zu sein.» Das hat mich dann doch gegruselt.

Womöglich heisst Networking aber gar nicht, dass man aalglatt und verlogen sein muss. Vielleicht ist es wie beim Dating: Es gibt keinen Grund, mit allen zu flirten und allen gefallen zu wollen. Hauptsache, es funkt mit den Richtigen. Mit Menschen, die wir wirklich gut finden und deren Arbeit wir bewundern. Dann ist es nicht Heuchelei, sondern ein ehrliches Kompliment. Und das vermeintlich strategische Treffen ist der echte Wunsch, vom Gegenüber zu lernen und mit ihm oder ihr zusammenzuarbeiten. 

Will heissen: Es ist völlig okay, wenn man zum Beispiel ein total nerdiger und introvertierter Student ist — solange man bei der Campus-Führung mit dem einen Menschen connected, der sich als der Sergey Brin zum eigenen inneren Larry Page herausstellt. Dann kann man zum Beispiel so was wie Google gründen. Zwei, die das Gleiche wollen, reichen da erst mal.