Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Schweiz - EU
Nationalrat will die Europapolitik nicht länger dem Bundesrat überlassen

GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser hat zusammen mit Eric Nussbaumer (SP) und Christa Markwalder (FDP) einen Vorschlag für ein Europagesetz ausgearbeitet. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Vor drei Wochen erst hat der Bundesrat dargelegt, wie er in der Europapolitik vorzugehen gedenkt. Er verabschiedete die Stossrichtung für ein Verhandlungspaket. Staatssekretärin Livia Leu soll Sondierungsgespräche mit der EU aufnehmen. Innenpolitisch will der Bundesrat ausloten, welche Kompromisse für die Sozialpartner und die Kantone tragbar sind.

Doch dem Nationalrat genügt das nicht. Er will ein Gesetz erlassen über die «Weiterführung und Erleichterung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU». Mit 127 zu 58 Stimmen bei 7 Enthaltungen hat sich der Nationalrat am Dienstag für eine parlamentarische Initiative seiner Aussenpolitischen Kommission ausgesprochen, gegen den Willen der SVP. 

Die Idee: Das Gesetz soll die Europapolitik innenpolitisch auf eine neue Grundlage stellen und sie damit demokratisch besser legitimieren. Als Nächstes wird der Ständerat über die parlamentarische Initiative befinden. Ist er einverstanden, kann die Nationalratskommission einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.

Wie schon bei Schengen

Tiana Angelina Moser (GLP), Eric Nussbaumer (SP) und Christa Markwalder (FDP) haben – in einer kleinen europapolitischen Allianz – jedoch bereits einen Vorschlag erarbeitet. Der Entwurf, der dieser Redaktion vorliegt, hält fest, dass die Schweiz weitere «Assoziierungen» beziehungsweise einen «assoziativen vertraglichen Rahmen» mit der EU anstrebt. 

«Assoziiert» hat sich die Schweiz schon bei Sicherheitsfragen, im Rahmen von Schengen: Sie verpflichtete sich, Weiterentwicklungen des Schengen-Rechts zu übernehmen. Nun soll auch für die Teilnahme am Binnenmarkt ein solcher vertraglicher Rahmen festgelegt werden, wie Moser und Nussbaumer erklären. Ob institutionelle Fragen wie die Rechtsübernahme oder die Streitbeilegung in den einzelnen Verträgen oder in einem Rahmenabkommen geregelt werden, lässt der Entwurf offen: Es sei nicht das Ziel, rote Linien festzulegen, sagt Moser.

Im Europagesetz verankert werden soll aber, dass Konfliktfragen – etwa zum Lohnschutz oder zu Schutzklauseln bei der Unionsbürgerrichtlinie – mit einem gemeinsamen Auslegungsinstrument geklärt werden. So könnten «vitale Interessen» der Schweiz gewahrt werden. Ferner soll im Gesetz festgehalten werden, dass die Schweiz dauerhaft einen Beitrag zur europäischen Kohäsion leistet, also regelmässige Zahlungen an die EU. Das will auch der Bundesrat prüfen. 

SVP spricht von «institutionellem Putsch»

Aus der Sicht Nussbaumers, Mosers und Markwalders wäre mit dem neuen Gesetz aber klar, dass der Status quo keine Option darstellt. Und das Parlament erhielte aussenpolitische Mitverantwortung. Aussenpolitik sei gemäss Verfassung nicht einfach Sache des Bundesrates, sondern des Bundes, sagt Nussbaumer. Dazu gehöre auch das Parlament. Dass – wie beim Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen – der Bundesrat allein entscheide, dürfe nicht mehr vorkommen. Das Gesetz würde die nötige innenpolitische Auseinandersetzung ermöglichen, sagt Moser. 

Gegen die parlamentarische Initiative stimmten die SVP-Fraktion sowie einzelne Vertreter der Mitte und der FDP. Der Genfer SVP-Nationalrat Yves Nidegger warnte im Rat, dass der Bundesrat damit beauftragt würde, die institutionelle Integration der Schweiz in die EU einzuleiten. Der Ausdruck «Erleichterung der Beziehungen» sei ziemlich kosmetisch, stellte Nidegger fest.

Ausserdem wäre das «nichts anderes als ein institutioneller Putsch» gegen das Vorrecht der Exekutive, die Aussenpolitik zu betreiben. «Es kommt nicht infrage, dass das Parlament das Heft in die Hand nimmt», sagte Nidegger. Der Bundesrat wird erst Stellung beziehen, wenn der Vorstoss die nächste Hürde nimmt.