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Meinung

Nationalteam steigt ab
Für diese Bilanz kann es keine Ausreden geben

15.11.2024; Zuerich; Fussball UEFA Nations League - Schweiz - Serbien, Trainer Murat Yakin (SUI) 
(Claudio Thoma/freshfocus)
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In Kürze:
  • Die Schweiz steigt in der Nations League ab.
  • Trainer Yakin bescheinigt mehrfach Pech und fehlerhafte Schiedsrichterentscheidungen.
  • Yakin vermeidet notwendige Experimente mit neuen Spielern in der Mannschaft.
  • Amendas Debüt und Fernandes’ Leistung bieten neue Erkenntnisse für das Team. Und auch sonst gibt es Anlass zur Hoffnung.

Als die Schweiz nach dem 1:1 gegen Serbien aus der höchsten Kategorie der Nations League abgestiegen ist, steht Captain Granit Xhaka in der Mixed Zone des Letzigrunds und spricht vom «besten Spiel» in dieser Kampagne. Und sagt dann: «Wir wurden nicht belohnt. Einmal mehr.»

Das Gefühl, unter Wert geschlagen worden zu sein, zieht sich bei den Schweizern wie ein roter Faden durch diesen Herbst. Mal ist der Schiedsrichter schuld, mal der unsportliche Gegner, mal der schlechte Rasen, mal schlicht das Pech. Nur nicht das eigene Unvermögen.

Ja, die Schweizer zeigten beim 1:1 gegen die Serben tatsächlich ihren besten Auftritt in der Nations League, ganz sicher auch ihren couragiertesten. Sie erspielten sich Chancen für drei, vier Tore, trafen den Pfosten und streiften die Latte. Bloss: Sie, und nur sie, brachten sich um die geleistete Arbeit.

Sie taten das, indem sie kopflos auf das zweite Tor drängten, das dafür gesorgt hätte, dass sie am Montag auf Teneriffa gegen Spanien den Abstieg aus eigener Kraft hätten abwenden können. So kopflos, dass alle Verteidiger in den serbischen Strafraum aufrückten und Xhaka als ihr hinterster Spieler in der Mitte der gegnerischen Hälfte stand. Naiv ist das treffende Wort, um ihr Verhalten beim 1:1 in der 88. Minute zu beschreiben.

So stehen sie wieder ohne Sieg und nach fünf Partien nur mit zwei Punkten da. Sie haben vier Tore erzielt, aber elf erhalten. Für diese Bilanz kann es keine Ausreden geben. Vielmehr sollte sie als Weckruf dienen.

Yakins Alibi für seine Spieler

Dafür braucht es nun aber eine schonungslose Aufarbeitung. Und keine Schönfärberei des Trainers. «Es lief gegen uns», diesen Satz wiederholte Yakin diesen Herbst zu oft.

Natürlich hatte die Schweiz in einigen Szenen Pech mit den Entscheidungen der Spielleiter, gerade in den Partien gegen Dänemark. Aber sie schaffte es trotz siebzig (!) Minuten Überzahl im Heimspiel gegen Spanien auch kaum, Torgefahr zu kreieren. Und lief dann äusserst arglos in zwei Konter. Und am fürchterlichen Auftritt in Serbien waren bestimmt nicht die Schiedsrichter schuld. Wer so redet wie Yakin, gibt seinen Spielern ein Alibi.

Das nächste Mal trifft sich das Nationalteam im März, dann startet es voraussichtlich in die Qualifikation für die WM 2026 in den USA, in Kanada und Mexiko. Und dann wird es für Yakin darum gehen, nicht als erster Nationaltrainer seit 14 Jahren eine Endrunde zu verpassen.

Wie er das angehen will und mit welchem Personal – in dieser Hinsicht hat sich Yakin selbst um wertvolle neue Erkenntnisse gebracht. Weil er, an der EM noch der Tüftler, weitestgehend auf Experimente verzichtete.

Manuel Akanji spielte bis zu diesem Zusammenzug, den er verletzt verpasst, immer durch, obwohl er mit Manchester City alle drei Tage beschäftigt ist. Remo Freuler hat den Platz an der Seite von Captain Granit Xhaka sicher, ungeachtet dessen er 32 ist und es auf seiner Position genügend valable Kandidaten gäbe, um diese mal zu testen. Und im Sturmzentrum gibt es an Breel Embolo kein Vorbeikommen, dabei hat er in dieser Saison für Monaco und die Schweiz in 18 Spielen 2 Tore erzielt. Seine letzten Auftritte im Nationalteam verkamen gar zum Ärgernis.

Yakin hat mit Gregor Kobel, Akanji und Xhaka eine Achse, auf die er baut und um die ihn so mancher Trainer beneidet. Er hat dazu rund ein Dutzend weitere Spieler, denen er vertraut. Nur, Yakin hat mit seinen kurzsichtigen Nominationen gleich selbst dafür gesorgt, dass dieser Kreis in den letzten Monaten kaum grösser geworden ist. Seinen Aufgeboten haftete etwas Zufälliges an, ein Plan über dieses Jahr hinaus war nicht erkennbar.

Der Umgang mit Amenda als Sinnbild

Die Abwehr ist nicht bloss wegen des teils hanebüchenen Defensivverhaltens eine Baustelle. Zu Ricardo Rodriguez fehlen weiterhin Alternativen. Noch ist ihm nicht anzumerken, hat er bei Betis Sevilla nur eine untergeordnete Rolle. Aber was ist, wenn sich seine Lage in Spanien bis zum Frühling nicht ändern oder gar verschlechtern sollte?

In der Innenverteidigung ist neben Akanji ein Platz zu vergeben, Nico Elvedi hat sich mit seinen Leistungen nicht dafür aufgedrängt. Vielleicht tut es Aurèle Amenda, Yakin bescheinigt ihm gegen Serbien ein «hervorragendes» Länderspieldebüt. Es ist allerdings bezeichnend, brauchte es lauter verletzungsbedingte Absagen, damit der 21-Jährige von Eintracht Frankfurt überhaupt zu seinem ersten Aufgebot kam.

Amendas Leistung stellt ein Erkenntnisgewinn dar. Jene von Edimilson Fernandes auf der rechten Aussenbahn tut das auch. Nachdem er 2024 bis in den Oktober nicht nominiert worden ist, hat er sich zuletzt gegen Dänemark und Serbien für einen festen Platz aufgedrängt. Vielleicht löst er das Problem, das für Yakin durch Silvan Widmers Ersatzrolle in Mainz entstanden ist.

Bleibt die Offensive, in der Zeki Amdouni der mit Abstand torgefährlichste Spieler ist und gesetzt sein sollte. Aber braucht er tatsächlich einen Turm wie Embolo, um den er herumschwirren kann? Und was passiert mit Fabian Rieder, wenn Dan Ndoye und Ruben Vargas zurückkehren? Für eine Ersatzrolle ist er eigentlich zu talentiert. Schade, hat es Yakin verpasst, ihn im Vierermittelfeld an der Seite von Xhaka zu testen.

So ist in diesem Team immer noch reichlich Potenzial zu erkennen. Sogar nach diesem Herbst, in dem es gleich selbst dafür sorgte, dass der EM-Höhenflug im Sommer nur noch wie eine glückliche Fügung wirkt. Und der für den Schweizer Fussball auch sonst ein trister war. Die U-19- und U-21-Nationalmannschaften verpassten die EM-Qualifikation. Dazu offenbarte eine vom SFV in Auftrag gegebene Studie, dass die Schweiz im Vergleich mit Ländern ähnlicher Grösse bei der Nachwuchsförderung ins Hintertreffen geraten ist.

In diesem grossen Bild ist ein Abstieg aus der höchsten Kategorie der Nations League verkraftbar. Aber bloss, wenn er als das wahrgenommen wird, was er ist: ein Weckruf.