Krieg in NahostIsraelische Pläne für Angriff auf den Iran geleakt
Der lange erwartete Gegenschlag gegen den Iran könnte unmittelbar bevorstehen. Das steht in geheimen Dokumenten eines US-Geheimdienstes. Derweil fragen sich die Israelis, wie es der Hizbollah gelingen konnte, das Privathaus von Premier Netanyahu anzugreifen.
Es sind zwei streng geheime Dokumente der National Geospatial-Intelligence Agency (NGA), der Nationalen Behörde für Geografische Aufklärung, die am Wochenende in einem Telegram-Kanal auftauchten. Die NGA ist ein US-amerikanischer Militärgeheimdienst mit einem Milliardenbudget. Amerikanische Medien bestätigten später, dass die Dokumente echt seien, die Regierung in Washington dementierte zumindest nicht. Was die Papiere zeigen, ist, wie das israelische Militär sich auf einen Vergeltungsschlag gegen den Iran vorbereitet. Und zwar, so liest es sich, auf einen Schlag, der unmittelbar bevorstehen könnte.
Der Iran hatte Israel vor fast zwei Wochen mit ballistischen Raketen angegriffen. Es war die Reaktion Teherans auf das israelische Vorgehen gegen die mit dem Iran verbündete Hizbollah im Libanon – vor allem auf die Tötung von Hassan Nasrallah, dem langjährigen Anführer der Hizbollah. Am selben Abend noch hatte Israels Premier Benjamin Netanyahu dafür eine Reaktion angekündigt. Der Iran habe mit dem Angriff «einen schweren Fehler» begangen. Sein Verteidigungsminister Yoav Gallant sagte kürzlich, die israelische Vergeltung werde «tödlich und präzise» ausfallen, «vor allem aber überraschend».
Die Luftwaffe übt
In den US-Geheimdienstdokumenten ist nun die Rede davon, dass Israel bestimmte Raketen an Luftwaffenstützpunkte verlegt habe, die für einen Angriff infrage kommen würden. Ausserdem habe die israelische Luftwaffe vergangene Woche in Manövern geübt, die wohl für den Angriff gedacht gewesen seien. Es ähnele dem Muster der israelischen Angriffe auf Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen Ende September.
Die geleakten Dokumente zeigen, dass sich die USA in Bezug auf Israel nicht auf Absprachen verlassen, sondern dass sie das verbündete Land auch geheimdienstlich überwachen. US-Präsident Joe Biden sprach zuletzt immer wieder mit Netanyahu. Bei seinem Besuch kürzlich in Berlin sagte er, er wisse, wann und wie Israel reagieren werde. Aus Sorge vor einem grösseren Krieg im Nahen Osten versuchte Biden, Netanyahu von einem heftigen Schlag, also etwa gegen die iranischen Nuklearanlagen, abzubringen. Er sprach sich auch öffentlich dagegen aus.
Nuklear- und Ölanlagen als Ziel?
Wie Israel sich nun dem Iran gegenüber verhält, dürfte entscheiden, wie es im Nahen Osten weitergeht, also ob es doch noch zu einem direkten Krieg zwischen Israel und dem Iran kommt. Die «Washington Post» meldete kürzlich, der israelische Premier habe den Amerikanern versichert, er werde weder iranische Nuklear- noch Ölanlagen angreifen, es gehe um militärische Ziele. Das zumindest klang nicht nach der ganz grossen Eskalation. Jetzt allerdings hiess es aus der israelischen Regierung wieder, auch ein Angriff auf die Nuklearanlagen sei «nicht vom Tisch».
Am Samstag dann gelang der Hizbollah ein Angriff auf das Privathaus des israelischen Premiers. Netanyahus Haus liegt in einem Küstenort nördlich von Tel Aviv. Von den drei Hizbollah-Drohnen, die den israelischen Luftraum erreichten, konnte das israelische Militär jedoch zwei abfangen, die dritte erreichte ihr Ziel. Netanyahu und seine Familie waren zwar zu dem Zeitpunkt nicht im Haus, wie viel Schaden entstand, wurde nicht bekannt. Anwohner sprachen von einer lauten Explosion.
Iranische Generäle führen die Hizbollah
Der Iran behauptete, dass er mit dem Drohnenschlag der Hizbollah nichts zu tun habe. Allerdings sind es seit Nasrallahs Tod vor allem Generäle der iranischen Revolutionsgarden, die die Miliz befehligen. Netanyahu machte den Iran sofort verantwortlich und sagte, der Iran und seine «Achse des Bösen» würden dafür «einen hohen Preis zahlen». Dass die Hizbollah nun zu einem solchen Angriff wie gegen Netanyahus Haus in der Lage war und dass sie versuchte, ihn persönlich zu töten, könnte den Premier bestärken, den Krieg fortzusetzen. In Gaza, im Libanon, aber auch gegen das iranische Regime.
Nach dem Tod des Hamas-Anführers Yahya Sinwar am Donnerstag war die Hoffnung aufgekommen, die Kämpfe könnten zumindest dort ein Ende finden. Die diplomatischen Gespräche um einen Frieden in Nahost gehen zumindest weiter, der iranische Aussenminister Araghchi war am Freitag in Istanbul und sprach dort mit seinem türkischen Amtskollegen und mit Präsident Erdogan. Am Sonntag machte sich der iranische Präsident Pezeshkian auf den Weg zum Gipfel der Brics-Staaten in Russland, dort werden auch Erdogan und der ägyptische Präsident Sisi erwartet.
Andererseits will das iranische Regime im Moment auch demonstrieren, wie treu es zu seinen angeschlagenen Verbündeten steht, nicht nur zur Hizbollah, sondern auch zur Hamas. In Istanbul traf Aussenminister Araghchi eine Gruppe von Hamas-Funktionären. Und der Oberste Führer der Islamischen Republik, Ayatollah Ali Khamenei, schrieb auf X in hebräischer Sprache: «Die Hamas lebt.» Auf die Region kommen, mal wieder, nervöse Tage zu.
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