Nachfolger von PrigoschinPutins Favorit für die Führung der Gruppe Wagner
Andrei Troschew wirkt bisher als Kommandant der Söldnertruppe. Beim Aufstand im Juni machte der 61-Jährige nicht mit. Schon vorher war er im Kreml wohlgelitten.
Wie wird man Söldnerchef bei Wagner? Dass es dazu ein geregeltes, transparentes Abstimmungsverfahren gibt, ist unwahrscheinlich. Aber die Frage der Neubesetzung stellt sich in Russland nun dringend nach dem spektakulären Absturztod von Jewgeni Prigoschin. In seiner Maschine sassen zudem weitere Söldner-Anführer, unter ihnen Wagner-Mitgründer Dmitri Utkin, der sich den Komponistennamen vor knapp zehn Jahren ausgedacht hatte.
Wladimir Putin hat bereits eine Idee. Er machte sich nach Prigoschins gescheiterter Meuterei für den 61 Jahre alten Andrei Troschew stark. Es wäre also überraschend, wenn es anders käme. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Prigoschins Anhänger sprechen von Mord».)
Troschew war fünf Tage nach dem gescheiterten Aufstand im Kreml und hörte, wie Putin im Beisein von Prigoschin und Dutzenden seiner Männer eine kleine Eloge auf ihn hielt. Putin sagte den Wagner-Leuten, sie könnten weiterhin unter einem Mann dienen, der ohnehin ihr eigentlicher Kommandant gewesen sei – Andrei Troschew. Viele Anwesende hätten genickt, berichtete die Zeitung «Kommersant». Troschew also soll es sein, genannt «sedoi», der Grauhaarige.
Kämpfer in Afghanistan und Tschetschenien
Es wäre eine Zäsur. Denn nach dem Catering-Unternehmer Prigoschin, der sich in der Ukraine zuletzt immer stärker als Feldherrscher inszeniert hatte, würde in Troschew künftig ein Militärveteran die Wagner-Truppen führen. Und das wäre sehr im Sinne Putins. Wagner soll zwar offenbar weiter den einträglichen Geschäften in Afrika nachgehen, sein militärisches Eigenleben aber aufgeben. Troschew würde die Söldner wohl sehr eng an die russischen Streitkräfte heranführen. Denn dort hat der pensionierte und dekorierte Oberst Karriere gemacht.
Wie Putin und Prigoschin kommt auch Andrei Nikolajewitsch Troschew aus Sankt Petersburg, das sich bei seiner Geburt noch Leningrad nannte. «Roter Oktober» hiess die Artillerieschule, an der Troschew sich militärisch ausbilden liess. Noch zu Sowjetzeiten kämpfte er in Afghanistan. Für die russische Armee machte er beim zweiten Krieg in Tschetschenien mit, der Putin Anfang der 2000er-Jahre half, seine Macht zu zementieren.
In Syrien soll Troschew als Stabschef der Wagner-Gruppe das Assad-Regime unterstützt haben.
Nach seiner Militärzeit 2012 hörte er nicht auf, sich dem russischen Staat zu verschreiben. In seinem Ruhestand ging Troschew nach Syrien. Er leitete die Logistik der Wagner-Gruppe, mit der die russische Regierung und auch der Kreml jahrelang offiziell nichts zu tun haben wollten. Tatsächlich half sie, den syrischen Diktator Bashar al-Assad zu stützen.
Für Moskau ist Andrei Troschew ein Held, und er ist das sogar offiziell. Nach den Verdienstorden und -medaillen für seine Einsätze in Afghanistan und Tschetschenien zeichnete Putin ihn mit der höchsten aller Dekorationen aus: dem Titel eines Helden der Russischen Föderation. Es gibt ein Gruppenfoto mit fünf Personen, das Ende 2016 im Kreml aufgenommen worden sein soll und Troschew direkt neben Putin zeigt, im Anzug, an dem beidseitig die grossen Sterne stecken.
Auf der Sanktionsliste der EU
Die EU schätzt sein Wirken kritisch ein und setzte Troschew am 13. Dezember 2021 auf die Sanktionsliste. Ihre Begründung: Troschew habe als Stabschef der Wagner-Gruppe das Assad-Regime unterstützt und sei «direkt beteiligt in ihre Militäreinsätze einbezogen», unter anderem im Gebiet von Deir ez-Zor in Syrien.
Ärger hat er auch mit dem nun gestorbenen Wagner-Chef Prigoschin bekommen. Denn an jenem turbulenten Meuterei-Wochenende im Juni war Troschew der erste Wagner-Kommandant gewesen, der aus dem Marsch der Aufständischen wieder ausgeschert war. Für Prigoschin war das Verrat. Und deshalb lehnte der Söldnerchef auch kategorisch ab, dass Troschew seine Nachfolge übernehmen könnte, als Putin genau dies im Kreml vorgeschlagen hat. Aber das spielt jetzt natürlich keine Rolle mehr.
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