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Ständerat sagt Ja
Ein historischer Moment – die Ehe für alle ist Realität

Mann und Mann, Frau und Frau – alle halt. Der Ständerat sagt Ja zur Ehe für alle.
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Vor ziemlich genau sieben Jahren, am 5. Dezember 2013, reichte Kathrin Bertschy von den Grünliberalen einen Vorstoss ein. Er trug den prosaischen Titel «Ehe für alle» und die Nummer 13.468.

Am Dienstag, den 1. Dezember 2020, schaute Ständeratspräsident Alex Kuprecht ein letztes Mal in die Runde. «Gibt es Wortmeldungen? Das scheint nicht der Fall. So beschlossen. Wir kommen zur Schlussabstimmung.»

Uff. Sieben Jahre! Die inhaltliche Diskussion sei gar nicht so anstrengend gewesen, sagt Bertschy nach der Abstimmung im Ständerat. «Mühsam war, wie verschiedene Kreise die Diskussion immer wieder verschoben und verzögerten.»

Muss die Verfassung geändert werden?

Diese «verschiedenen Kreise» versuchten das bis ganz zum Schluss. Nach der deutlichen Zustimmung des Nationalrats im Sommer («Das war der beste Moment der vergangenen sieben Jahre», sagt Bertschy) entspann sich im Ständerat ein Streit darüber, ob die Ehe für alle eine Verfassungsänderung erfordere oder ob ein einfaches Gesetz dafür reiche – so wie es der Nationalrat bereits beschlossen hatte.

Eine Regelung in der Verfassung hätte eine weitere Verzögerung der Vorlage um etwa eineinhalb Jahre bedeutet – und eine grössere Hürde bei einer Volksabstimmung (Stichwort: Ständemehr). «Persönlich wünsche ich mir die Ehe für alle, und zwar rasch», sagte die Urner Ständerätin Heidi Z’graggen (CVP), «aber aus Respekt vor der Verfassung muss dieser Wunsch zurückstehen.»

Z’graggen hatte sich schon in der vorberatenden Kommission für eine Änderung der Verfassung ausgesprochen. Sie stützte sich dabei auf ein Gutachten der Zürcher Rechtsprofessorin Isabelle Häner. Darin argumentierte Häner, dass der Ehebegriff in der Verfassung zwar neutral verfasst sei («Das Recht auf Ehe und Familie ist gewährleistet», heisst es dort), die Materialien allerdings nahelegen würden, dass die Ehe als Institut einzig für Mann und Frau gedacht sei. Ergo brauche die Ehe für alle zwingend eine Verfassungsänderung (Lesen Sie hier: «Das geheime Dokument»).

Argumentieren mit Scalia

So wie Häner und Z’graggen argumentierten im Ständerat vorab Männer aus konservativ geprägten Kantonen. Allen vorab Beat Rieder (CVP) aus dem Wallis, der in seinen Ausführungen bis in die 1870er-Jahre zurückging und aus der Geschichte des Ehebegriffs in der Bundesverfassung abzuleiten versuchte, dass dieser als heterosexuell begriffen werden müsse.

Rieder bediente sich dabei (es dürfte eine Premiere für den Ständerat gewesen sein) der Argumentation von Antonin Scalia, dem 2016 verstorbenen, erzkonservativen Richter am US Supreme Court. Scalia, ein Abtreibungsgegner, war ein Anhänger des «Originalism» und legte die Verfassung wörtlich aus: Massgebend sei nicht, wie die Verfassung nach heutigen Massstäben ausgelegt werde, sondern welche Absicht ihre damaligen Autoren verfolgt hätten. Darum, und damit beendete Rieder sein staatspolitisches Kolloquium wieder im Hier und Jetzt, brauche es zwingend eine Änderung im Verfassungstext, um die Ehe für alle im heutigen Recht zu verankern.

Diese Auffassung der Verfassung ist, man ahnt es, unter Rechtsgelehrten umstritten. Andrea Caroni (FDP, AR) erinnerte während der Debatte daran, dass bis in die 1980er-Jahre das Patriarchat mit dem Mann als «Oberhaupt der Familie» gegolten habe. Die Abschaffung diese Modells sei ein viel grösserer Eingriff in das Zusammenleben der Menschen gewesen – und habe dennoch allein im Zivilgesetzbuch geregelt werden können. «Das heute ist dagegen eine Pinselrenovation.»

«Mit welchem Wort möchten Sie den Verfassungstext denn ergänzen? Er ist perfekt so, wie er heute ist.»

Lisa Mazzone (GE, Grüne)

Die Linke, in dieser Frage mit dem Freisinn verbündet, sieht es gleich. Die Ehe für alle erweitere das Institut der Ehe und stütze es damit, sagte Lisa Mazzone (Grüne, GE). «Und überhaupt: Mit welchem Wort möchten Sie den Verfassungstext denn ergänzen? Er ist perfekt so, wie er heute ist.»

Die Sichtweise von Mazzone und Caroni setzte sich am Schluss knapp durch. Eine Differenz zum Nationalrat besteht noch in der Frage der Samenspende bei Frauenpaaren. Laut Ständerat würde die gemeinsame Elternschaft ab Geburt nur gelten, wenn Paare Schweizer Samenbanken in Anspruch nehmen. Zudem fehlt bis jetzt eine Regelung für die private Samenspende. «Das war heute ein Schritt in die richtige Richtung», sagt SP-Nationalrätin Tamara Funiciello. «Aber Fakt ist, dass lesbische Frauen nicht gleichgestellt sind.»

Zwanzig Jahre später

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Noch diesen Dezember soll diese Ungleichheit beseitigt werden, hofft Kathrin Bertschy. Und dann: fertig! Sieben Jahre waren es für Bertschy, für andere waren es noch mehr. Vor über zwanzig Jahren reichte Ruth Genner, ehemalige Nationalrätin der Grünen, einen ersten Vorstoss für die Ehe für alle ein und scheiterte damit deutlich. Seither haben sich Gesellschaft und Politik in dieser gesellschaftspolitischen Frage fundamental gewandelt. «Und heute ist dieser Wandel sogar im Ständerat angekommen», sagt Bertschy. «Wenn auch ziemlich knapp.»

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