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Gewalt gegen Frauen
Nach öffentlichem Druck: Cassis kritisiert iranisches Mullah-Regime

Schweizer Parlamentarierinnen halten es für unabdingbar, dass Bundespräsident Ignazio Cassis die Gewalt gegen Frauen gegenüber der iranischen Führung anspricht. Im September 2020 besuchte Cassis das iranische Parlament und traf dabei auch den damaligen Aussenminister Javad Zarif. 
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Kein Bundespolitiker platziert auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ähnlich scharfe Voten wie der Zuger Nationalrat und Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Am Dienstag setzte Pfister wieder einmal eine seiner berüchtigten Botschaften ab. Er bezichtigte Bundespräsident Ignazio Cassis (FDP), in seiner Rolle als Aussenminister zu schweigen, derweil das iranische Regime mutige Menschen niederknüppeln und töten lässt. 

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Ein harter Vorwurf, doch Pfister ist mit seinem Unmut nicht allein. Auch Parlamentarierinnen missfällt, dass Cassis zu den Geschehnissen im Iran schweigt. In Teheran und anderen Städten protestieren Frauen seit dem Tod der 22 Jahre jungen Mahsa Amini am 16. September auf Strassen und in Universitäten Tag für Tag gegen ihre systematische Unterdrückung. Die sogenannte Moralpolizei versucht, die Proteste mit roher Gewalt niederzuschlagen. 

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Um die Haltung der offiziellen Schweiz zu erfahren, haben Mitte-Nationalrätin Marianne Binder und weitere Parlamentarierinnen eine Interpellation eingereicht. Sie wollen unter anderem Folgendes wissen: «Welche Massnahmen ergreift die Schweiz gegenüber dem Iran, um ihn zur Einhaltung der Menschenrechte zu bewegen? Was hat die Schweiz im UNO-Menschenrechtsrat bisher getan, um den Iran von Menschenrechtsverletzungen abzuhalten?» Die Interpellantinnen sprechen auch die besondere Rolle und Verantwortung der Schweiz im Iran an, da die Schweiz ein Schutzmachtmandat der USA ausübt. Die Antworten stehen aus. 

«Sollte die Schweiz nicht intervenieren, würden sich die Iraner vielleicht sogar wundern.»

Philippe Welti, ehemaliger Schweizer Botschafter im Iran

Unterstützung bekommen die Parlamentarierinnen nun vom ehemaligen Zürcher Diplomaten Philippe Welti. Welti hat die Schweiz zwischen 2004 und 2008 als Botschafter in Teheran vertreten und präsidiert heute die Wirtschaftskammer Schweiz - Iran. Er sagt: «Es gibt keinen Grund für die Schweiz, zu den Vorkommnissen im Iran zu schweigen, weder wegen des Schutzmachtmandats für die USA noch wegen eigener politischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Interessen.» Der Zürcher sagt sogar: «Sollte die Schweiz nicht intervenieren, würden sich die Iraner vielleicht sogar wundern.» Angesprochen ist nebst Aussenminister Cassis auch Livia Leu, die aktuelle Staatssekretärin im Aussendepartement. Leu löste Welti 2009 als Schweizer Botschafterin im Iran ab. 

Klare Haltung bei Todesstrafe

Philippe Welti erinnert sich, insbesondere wegen der Todesstrafe im iranischen Aussendepartement interveniert zu haben. «Wenn die Todesstrafe dem Islam entspricht, wird der Islam in der globalisierten Welt nicht überleben»: Diese Botschaft deponierte er als Haltung der offiziellen Schweiz im iranischen Aussendepartement. 

«Man hat meine Sichtweisen stets problemlos entgegengenommen», versichert Welti. Er sagt: Um die Schweizer Haltung klarzumachen, könnte das Aussenministerium in Bern demnach den iranischen Botschafter einbestellen, aber auch die Schweizer Botschafterin in Teheran ins iranische Aussenministerium schicken. 

Auf eine mögliche diplomatische und politische Intervention der Schweiz hat die iranische Botschaft in Bern bereits reagiert. Sie verschickt Schweizer Parlamentarierinnen derzeit mehrseitige Briefe, in denen sie sie auffordert, sich nicht in interne Angelegenheit des Iran einzumischen.

Als Schweizer Botschafter im Iran hat Philippe Welti auch Menschenrechts­verletzungen offen angesprochen.

Dass die iranischen Frauen nun mit Strassenprotesten gegen ihre Unterdrückung und gemeinsam mit Männern gegen das Mullah-Regime kämpfen, erstaunt Philippe Welti nicht. Er selbst hat im Iran gewaltsame Proteste erlebt: etwa als der damalige iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad die Benzinsubventionen kürzte, worauf Tankstellen in Flammen aufgingen und es auch Tote gab. Ein anderes Mal im Jahr 2009, als Ahmadinejad seine Wiederwahl mittels Wahlbetrug sicherte. Welti sagt: «Im iranischen Volk kann die kollektive Empörung immer wieder ausbrechen.» Zur Frage, ob die Frauen und Männer mit ihren Protesten gegen das Mullah-Regime die Stellung der Frauen in der iranischen Gesellschaft langfristig ändern können, wagt der Zürcher keine Prognose. 

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Nach öffentlichem Druck hat Ignazio Cassis am Mittwochabend reagiert und eine Stellungnahme veröffentlicht. Die Schweiz «verurteilt den übermässigen Einsatz von Gewalt durch die iranischen Sicherheitskräfte gegenüber den Demonstrierenden», so Cassis. Die Schweiz rufe die iranische Regierung auf, «Zurückhaltung zu wahren und das Recht der Iranerinnen und Iraner auf freie Meinungsäusserung zu garantieren». Zudem erinnert Cassis daran, am Rand der UNO-Vollversammlung in New York den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini gegenüber dem erzkonservativen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi angesprochen zu haben. Die Schweiz fordere «die iranische Regierung erneut dazu auf, ihr Versprechen nach einer unparteiischen und transparenten Untersuchung der Umstände des Todes von Mahsa Amini rasch einzulösen.»