Nach dem Massaker in ÖrebroSchweden will Waffenrecht verschärfen
Nach dem Attentat an einer Schule zieht die Regierung erste politische Konsequenzen. Zur Herkunft der Opfer schweigen die Ermittler noch immer.
![Trauernde Menschen versammeln sich an einer Gedenkstätte vor der Risbergska Schule in Örebro, Schweden, um der Opfer des Schulschiessens vom Dienstag zu gedenken. Im Vordergrund sind zahlreiche Kerzen und Blumen zu sehen.](https://cdn.unitycms.io/images/2Fg6oUxFae78RGhv6xu_E6.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=R3hmbP4Af0s)
- Bei dem Attentat an der Campus-Risbergska-Schule in Örebro sind am Dienstag elf Menschen ums Leben gekommen, sechs weitere wurden verletzt. Unter den Toten ist auch der mutmassliche Attentäter.
- Als Reaktion will Schweden sein Waffenrecht verschärfen.
- Über den mutmasslichen Täter ist öffentlich wenig bekannt, was das Gefühl der Angst in den betroffenen Gemeinden verstärkt.
Nach dem schlimmsten Schusswaffenattentat in der schwedischen Geschichte kündigte die Regierung nun eine Verschärfung des Waffenrechts an. Der Zugang zu halbautomatischen Waffen solle streng begrenzt werden, hiess es in einer Erklärung. Einige Waffen seien so gefährlich, dass Zivilisten nur in Ausnahmefällen das Recht erhalten sollten, sie zu erwerben. Man werde deshalb die Eignungsüberprüfung aller Personen, die solch eine Waffe beantragten, verschärfen.
Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten, auf deren Stimmen die Minderheitsregierung unter Ulf Kristersson angewiesen ist, erklärten, man werde dem Gesetzesentwurf im Parlament zustimmen. Die oppositionellen Sozialdemokraten fordern weitere Massnahmen wie etwa eine Überprüfung aller existierenden Waffenscheine.
Attentäter schoss mit Gewehr für die Grosswildjagd
Seit dem Sommer 2023 darf man in Schweden halbautomatische Waffen zur Jagd benutzen. Der mutmassliche Attentäter, ein 35-jähriger Schwede aus Örebro, besass vier solche Waffen und die entsprechenden Lizenzen. Drei davon fanden die Beamten am Tatort mit einer grossen Menge unbenutzter Munition. Das Gewehr, mit dem er laut dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender SVT hauptsächlich geschossen hat, ist eigentlich für die Jagd auf Grosswild bestimmt.
Elf Menschen starben am Dienstagmittag auf dem Campus Risbergska durch Schüsse, sechs weitere wurden verletzt. Unter den Toten ist auch der mutmassliche Attentäter. Die Polizei geht davon aus, dass er allein vorging. Bisher wurde kein Bekennerschreiben oder -video gefunden. Die Polizei sagte am Mittwochmorgen, keine 24 Stunden nach der Tat, es gebe keine Hinweise auf ein ideologisches Motiv.
Allerdings verübte der Attentäter sein Verbrechen an einer Berufsschule, an der die überwiegende Mehrzahl der rund 2000 Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund hat. «Möglicherweise» war der Täter selbst vor einigen Jahren an der Schule eingeschrieben, so die Leiterin der Ermittlungen, die am Freitag auch in Bezug auf die Motivlage vorsichtig zurückruderte, als sie sagte, man wisse einfach noch nicht sicher, was ihn zu der Tat verleitet habe.
Die meisten Opfer hatten Migrationshintergrund
Am Freitagnachmittag gab die Polizei Alter und Geschlecht der Opfer bekannt – sieben Frauen, drei Männer –, wollte aber auch weiterhin keine Angaben über Nationalität oder Herkunft der Opfer machen. Der öffentlich-rechtliche Sender SVT schrieb, die meisten der Opfer hätten Migrationshintergrund. Die Opfer, deren Hinterbliebene sich bislang in den Medien geäussert haben, stammen aus Bosnien, Eritrea, Syrien und Iran. Die Botschaften Syriens und Bosniens teilten mit, dass unter den Opfern auch syrische und bosnische Staatsbürger seien.
Die schwedische Polizei ist in der Regel vorsichtig, wenn es darum geht, während der Ermittlungen Namen von Verdächtigen zu nennen, aber das Fehlen offizieller Informationen hat in den letzten Tagen zu einem Gefühl der Angst und Unsicherheit in den Einwanderergemeinden beigetragen.
Soziologie-Professor kritisiert «Taubheit» der Politik
In der Zeitung «Arbetsvärlden» sagten drei Augenzeugen, sie fühlten sich «wie bewegliche Ziele», die von Schweden im Stich gelassen würden. Tobias Hübinette, ein aus Südkorea stammender Soziologie-Professor, schrieb auf seinem Blog von einer «skandalösen Taubheit und Blindheit» der Politik «gegenüber den Gefühlen vieler Einwohner mit ausländischem Hintergrund».
Ministerpräsident Kristersson schrieb dann Freitagabend auf X, er sei mit seinen Gedanken bei den Angehörigen und Hinterbliebenen. «Ihnen möchte ich sagen: Sie sind nicht allein. Ganz Schweden trauert mit Ihnen.»
Die liberale Bildungsministerin Lotta Edholm kündigte an, einige Gesetzesvorschläge zur Erhöhung der Schulsicherheit vorzubereiten.
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