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Antisemitisches Flugblatt in Bayern
Söder hält an Aiwanger fest

Fall Hubert Aiwanger: Heikle Personalakte für Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.

In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt sieht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vorerst von personellen Konsequenzen ab. Sein Stellvertreter, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), dürfe im Amt bleiben, sagte Söder bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz am Sonntagvormittag. Eine Entlassung wäre «nicht verhältnismässig».

Söder sprach von einem «Abwägungsprozess». Er habe sich die Entscheidung «nicht leichtgemacht». Er wolle ein «faires Verfahren» und «ganz bewusst keine Vorverurteilung», sagte Söder. Aiwanger hatte am Freitagabend Antworten auf einen Fragenkatalog dazu abgegeben und mit Söder, nach dessen Angaben, am Samstagabend ein langes Gespräch geführt. «Leider» sei Aiwangers Krisenmanagement nicht gut gewesen.

Hintergrund sind die Vorgänge um ein antisemitisches Flugblatt, das 1987/1988 an Aiwangers ehemaliger Schule in Niederbayern aufgetaucht ist und in dem die Opfer des Holocaust verhöhnt werden.

Aiwanger hat wiederholt bestritten, das Flugblatt, welches vor 36 Jahren in seiner Schultasche gefunden wurde, verfasst zu haben. Das tat er auch am Donnerstag, als er sich erneut öffentlich äusserte. Der Freie-Wähler-Chef räumte Fehler ein, sprach jedoch nicht explizit von Rücktritt. «Ich bereue zutiefst, wenn ich durch mein Verhalten auf das in Rede stehende Pamphlet oder weitere Vorwürfe gegen mich aus der Jugendzeit Gefühle verletzt habe», sagte er.

«Ich habe als Jugendlicher Fehler gemacht»

Es seien Aussagen aufgetaucht, «die den Eindruck vermitteln, ich wäre als Jugendlicher auf einen menschenfeindlichen Weg geraten». Er habe als «Jugendlicher auch Fehler gemacht» und er entschuldigte sich bei den Opfern des NS-Regimes sowie bei «allen Beteiligten an der wertvollen Erinnerungsarbeit».

Gleichzeitig betonte Aiwanger, dass er sich als Opfer einer politischen Kampagne sieht. «Ich war nie ein Antisemit, ich war nie ein Menschenfeind», sagte er. Es sei in den vergangenen Tagen ein negatives Bild von ihm gezeichnet worden. Das Statement schloss der Politiker mit den Worten: «Das bin nicht ich, das ist nicht Hubert Aiwanger.»

Kritik von der Opposition Bayerns

Zwei Tage zuvor hatte Bayerns Ministerpräsident Söder - nach einer Krisensitzung der Regierungskoalition in Bayern - betont, dass die bisherigen Erklärungen Aiwangers in der Angelegenheit nicht ausreichten. Das Flugblatt sei «ekelhaft und widerlich», es sei «übelster Nazi-Jargon» und nicht «ein Dummer-Jungen-Streich oder eine blosse Jugendsünde». Allein der blosse Verdacht beschädige das Ansehen Bayerns und die persönliche Glaubwürdigkeit des bayerischen Wirtschaftsministers.

Hubert Aiwanger bei einem Wahlkampfauftritt am Sonntag in Keferloh bei München.

Eine Entlassung sei jedoch auf Basis der bisher vorliegenden Informationen nicht gerechtfertigt, sie wäre «ein Übermass», so Söder. Der Wirtschaftsminister müsse die Möglichkeit haben, die Vorwürfe gegen ihn vollständig auszuräumen. Allerdings dürften auch keine neuen Vorwürfe mehr dazu kommen. Söder und die CSU verlangten von Aiwanger, 25 Fragen in Zusammenhang mit dem Flugblatt zu beantworten. Aiwanger sagte zu, diese «zeitnah» zu beantworten - und schickte die Antworten am Freitag an die Staatskanzlei.

Aus der bayerischen Opposition kam heftige Kritik an der Entscheidung Söders. Auch deutsche Bundespolitiker kritisierten die Entscheidung. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Aiwanger: «Sich als Jugendlicher möglicherweise zu verlaufen, ist das eine, sich als verantwortlicher Politiker zum Opfer zu machen und der Inszenierung wegen an den demokratischen Grundfesten zu rütteln, ist das andere.» Da sei eine Grenze überschritten.

red/SDA