Grenzregion China-MyanmarDer Junta-Chef kriegt die Lage nicht in den Griff
Min Aung Hlaing steht sogar in den eigenen Reihen in der Kritik. Beim Gipfeltreffen in China dürften ihn unangenehme Fragen erwarten.

- Min Aung Hlaing nimmt an einem Gipfeltreffen in China teil.
- Die Junta ist seit dem Putsch zunehmend international isoliert.
- Rebellen kontrollieren wichtige Grenzübergänge und verdrängen die Junta.
- China ist gegen Chaos in Myanmar und sucht Stabilität an der Grenze.
Es ist nicht klar, ob es einen Bussgang oder eine Aufwertung für Myanmars Junta-Chef Min Aung Hlaing darstellt, wenn er diese Woche nach China reist. Vermutlich beides. Der General, der bei einem Staatsstreich des Militärs in der Nacht auf den 1. Februar 2021 die Macht an sich gerissen hat, wird an einem regionalen Gipfeltreffen teilnehmen, wie die staatlichen Medien in Myanmar berichten. Erst einmal also dürfte Min Aung Hlaing sich aufgewertet fühlen.
Denn an den Treffen der Asean-Staaten, des Verbundes der wichtigsten südostasiatischen Nachbarländer, darf Min Aung Hlaing (68) nicht mehr teilnehmen. Das Militär schafft es nicht, einen Fünfpunkteplan zu erfüllen, der so simple Forderungen wie Friedensgespräche mit den Rebellen im Land vorschreibt. International ist die Junta ohnehin weitgehend isoliert. Nur China hält seine starke Hand über den General, da man das Militär immer noch für den grössten Garanten für Stabilität im kleinen Nachbarland hält.
Das Militär in Myanmar hat die Kontrolle über die Grenzregion verloren
Der offizielle Anlass der Reise des Junta-Chefs ist ein Gipfeltreffen der Staaten der erweiterten Mekong-Region am 6. und 7. November in Kunming, zu dem neben Myanmar auch Laos und Kambodscha eingeladen sind.
Dass der Besuch von Min Aung Hlaing der erste seit dem Staatsstreich vor bald drei Jahren sein wird, kann also bedeuten, dass China ihm den Rücken stärkt. Oder aber ihn rüffelt. Denn seit dem Putsch herrscht Chaos in Myanmar, und das zunehmend auch in der Grenzregion zu China, über die das myanmarische Militär weitgehend die Kontrolle verloren hat. Rebellen haben im vergangenen Jahr gemeinsam mit der sogenannten Three Brotherhood Alliance, drei bewaffneten Militärgruppen, wichtige Posten und Strassen erkämpft.
Der Nachrichtenagentur Reuters erklärte die Junta nach der Niederlage in Lashio, dass man mit Peking zusammenarbeite, um Stabilität und Rechtsstaatlichkeit entlang der Grenze zu gewährleisten, und dass man die Forderungen der «bewaffneten Terroristen», wie sie die Rebellen nennt, nicht akzeptieren werde. Das chinesische Aussenministerium teilte mit, es sei «entschieden gegen das Entstehen von Chaos und Krieg in Myanmar».
Die Kriminalität Chinas hat sich in Myanmar festgesetzt
Peking hat mittlerweile Teile der Grenze nach Myanmar abgeriegelt und wichtige Importe in die von den Rebellen kontrollierten Gebiete gestoppt, wie Reuters meldete. Andererseits wird immer wieder berichtet, dass Peking die Rebellen-Allianz angeblich sogar unterstützt, um gegen die Kriminalität in der Grenzregion vorzugehen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es aber nicht. Generell ist das Verhältnis Chinas zu den Rebellen in Myanmar undurchsichtig, denn diese sind mit der National Unity Government verknüpft, die von Chinas Konkurrenten USA und Japan unterstützt wird und die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi weiter als Staatschefin ansieht.
Gleichzeitig braucht man die Hilfe etwa der Three Brotherhood Alliance, denn die organisierte Kriminalität in China, die Triaden, haben sich in der Grenzregion in Myanmar festgesetzt und regelrechte Online-Betrugsfabriken aufgebaut, die massenhaft Chinesinnen und Chinesen ausnehmen. Es ist zu vermuten, dass auch die Unfähigkeit der Junta, dem Einhalt zu gebieten, ein Thema beim Besuch von Aung Min Hlaing sein wird.
Bereits im August, kurz nachdem die Junta aus Lashio vertrieben worden war, traf der chinesische Aussenminister Wang Yi in Myanmars Hauptstadt Naypyidaw auf Min Aung Hlaing. Wang sagte, Peking sei «gegen Chaos und Konflikte».
Peking versprach beim Besuch von Wang Yi auch, die angekündigten Wahlen in Myanmar zu unterstützen. Diese könnten die Putschisten vordergründig legitimieren, nachdem Dutzende Parteien verboten worden sind. Doch auch Min Aung Hlaing ist wegen der Niederlagen im vergangenen Jahr enorm unter Druck geraten – angeblich auch aus den eigenen Reihen. Ende September hatte die Junta die Rebellen erstmals zu Friedensgesprächen eingeladen. Der Vorschlag wurde von den Rebellenführern rasch abgelehnt, um nicht den Weg für eine Scheinwahl zu ebnen.
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