Lichtblick nach Erdbeben in der TürkeiMutter und Baby sowie zwei Kinder wundersam gerettet
Nach mehreren Tagen unter den Trümmern ihrer Häusern konnten in der Nacht gleich mehrere Personen lebend von Rettungskräften geborgen werden.
Die erfolgreiche Rettungsaktion gleicht einem Wunder: In der Südosttürkei haben Rettungskräfte in der Provinz Hatay eine Mutter und ihr zehn Monate altes Baby gerettet. Die beiden harrten gemäss Angaben von Nachrichtenagenturen 90 Stunden unter den Trümmern aus. Eigentlich gelten 72 Stunden als die Zeitgrenze, nach der bei einer derartigen Katastrophe nicht mehr mit Überlebenden unter den Schuttbergen zu rechnen ist. Die Gesamtzahl der Todesopfer in der Türkei und Syrien ist mittlerweile auf mehr als 20’000 angestiegen.
Und doch sorgen immer wieder Meldungen von wundersamen Rettungen für kleine Lichtblicke im grossen Unglück: Das Schweizer Rettungsteam hat bereits mehrere Menschen aus den Trümmern befreit, darunter am Mittwoch auch ein vier Monate altes Baby. Und in Hatay City retteten Helferinnen und Helfer in der Nacht auf Freitag offenbar einen Mann nach 101 Stunden, wie der Sender CNN Türk berichtet. Alleine die Bergung dauerte über zehn Stunden, da er unter einem Betonblock gefangen war.
Im südosttürkischen Diyarbakir wurden am Freitagmorgen eine Frau und ihr Sohn lebend aus einem zusammengestürzten zehnstöckigen Gebäude gerettet. Die 32-Jährige und ihr zehnjähriges Kind sollen ebenfalls 101 Stunden unter den Trümmern ausgeharrt haben, wie die Agentur Anadolu berichtet. Helfer hörten ihre Stimmen und konnten sie so lokalisieren. Für fünf weitere Personen der Familie kam jede Hilfe zu spät.
Bergarbeiter retten 16-Jährige
In der südtürkischen Stadt Antakya zogen die Bergungskräfte ein 16-jähriges Mädchen lebend aus den Trümmern. Melda Adtas wurde mehr als 80 Stunden nach dem Beben der Stärke 7,8 gerettet. Die lange Zeit seit dem Unglück und die eisigen Temperaturen hatten die Hoffnungen schwinden lassen, noch Überlebende zu finden. Als dann am Donnerstag die 16-Jährige lebend gefunden wurde, war der Jubel in der ansonsten von blanker Not überwältigten Katastrophenregion riesig.
Die umstehende Menge applaudierte, als Melda nach der dramatischen fünfstündigen Rettungsaktion aus den Trümmern gezogen wurde. «Mein Schatz, mein Schatz!» rief der Vater unter Tränen, als er seine Tochter nach tagelangem Bangen lebend erblickte.
Die Suche nach Melda begann, nachdem Nachbarn von Geräuschen hinter den zerborstenen Hausmauern berichtet hatten. Die Hoffnungen, die 16-Jährige lebend zu finden, erhielten Auftrieb, nachdem drei andere Überlebende aus den Trümmern desselben Gebäudes geborgen wurden. Die Rettungskräfte fanden Melda schliesslich unter einer eingestürzten Wand. Die Suche nach der 16-Jährigen wurde von einem Mann namens Süleyman geleitet. Er gehört zu einer Gruppe von Bergarbeitern aus der Schwarzmeerregion, die nach dem Erdbeben in den Süden gekommen waren, um bei den Bergungsarbeiten zu helfen.
Ohne Süleyman wäre die Suche nach Melda nicht möglich gewesen, sagte ein anderer Helfer. Der Kumpel vermöge es, sich in dunklen und schmalen Räumen fortzubewegen. Vorsichtig beseitigten die Rettungskräfte ein Hindernis nach dem anderen, um sich Melda zu nähern.
Schliesslich erreichten sie das durchgefrorene und mit Schrammen überzogene Mädchen und trugen es vorsichtig zu einem Krankenwagen. Mehrere Helfer, staubbedeckt und mit müden Gesichtern, schützten Melda mit einer Decke gegen die Kälte und die neugierigen Blicke. Nachdem sie in den Krankenwagen gehoben worden war, umarmten und küssten viele Umstehende die Rettungskräfte. Mehrere Menschen brachen in Tränen aus.
«Wir haben nicht umsonst gearbeitet, wir haben ein Mädchen aus dem Schutt geholt», sagte einer der Helfer. «Welcher Tag ist es?" fragte ein anderer, der im Rennen gegen die Zeit das Zeitgefühl verloren hat. «Gott segne Euch alle!» rief Meldas Vater den Rettungskräften zu.
AFP/anf
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