«The Lion King» im Theater 11Alle wollen den König der Löwen sehen – Warum nur?
Ein Bösewicht und schöne Menschen, die tanzen: Um das Musical in Zürich ist ein regelrechter Hype enstanden. Ein Besuch.
Ein englischsprachiges Pärchen mittleren Alters steht im Eingangsbereich des Theaters 11 vor einer gelben Wand mit «The Lion King»-Schriftzügen. Das Paar versucht seit geraumer Zeit den richtigen Winkel für ein Selfie zu finden. Sie lächeln sich an und dann: geschafft. Jetzt nichts wie weg, die Nächsten warten schon.
Wer sich umhört, stellt fest, dass viele das Musical «The Lion King», das gerade in der englischen Originalfassung in Zürich zu Besuch ist, schon gesehen haben oder es unbedingt noch sehen wollen. Aus dem eigenen Umfeld lässt sich sagen: Im Musikunterricht von Gymnasien ist die Show ebenso Thema wie in der halb privaten Kleidertausch-Gruppe auf Whatsapp.
Die Liebe zum «König der Löwen» ist eine zurückhaltendere als die zu «Barbie»: Letzten Sommer pilgerten die Menschen pink gekleidet ins Kino. Niemand im Theaterfoyer trägt an diesem Donnerstag Anfang Februar ein Löwenkostüm, aber eine begeisterte Vorfreude ist spürbar. Nicht nur an der Fotowand.
Eines der erfolgreichsten Musicals
Schon Ende Januar bestätigte Irina Brandenberger, PR-Managerin bei Freddy Burger Management, «The Lion King» sei eines der erfolgreichsten Musicals, das man je veranstaltet habe. Von der erfolgreichsten Produktion aller Zeiten kann und will Brandenberger noch nicht sprechen.
Seit der Premiere Ende November waren allerdings bereits über 150’000 Besucherinnen und Besucher im Zürcher Theater 11. Die Ticketpreise reichen von 79 bis 189 Franken. Gespielt wird noch bis Anfang März. Schon der «Lion King»-Animationsfilm von 2019 war in den Schweizer Kinos mit knapp 600’000 Besucherinnen der erfolgreichste Film im Vor-Corona-Jahr.
Die Geschichte ist ein Selbstläufer
Ein Grund für den Erfolg des Musicals liegt wohl in der Geschichte selbst: Simba, ein kleiner Löwe, der bald seinem gütigen und weisen Vater Mufasa auf den Thron nachfolgen soll, wird von seinem Onkel Scar getäuscht und in die Verbannung geschickt. Scar übernimmt das Zepter. Mithilfe eines Warzenschweins und eines Erdmännchens lernt Simba die Leichtigkeit des Lebens kennen. Gestärkt kehrt er als erwachsener Löwe zusammen mit seiner Freundin Nala in die afrikanische Savanne zurück und befreit die Tiere von Scars Schreckensherrschaft.
Der Sieg des Guten über das Böse ist auf der Bühne mit viel Staunenswertem angereichert. Kaum ist das Licht an diesem Abend im nahezu ausverkauften Zuschauerraum erloschen, kommt ein überlebensgrosser Elefant, bestehend aus vier Menschen, durch die Reihen gestapft. Aus Stelzengängern werden Giraffen, Tänzerinnen und Tänzer mit geschmückten Reifröcken zu sich wiegendem Savannengras. Die Hyänen-Darsteller verbringen den Abend auf allen vieren. Beim witzelnden Warzenschwein und seinem Erdmännchen-Freund vergisst man mitunter, dass da Menschen und nicht Tiere auf der Bühne stehen.
Das Kostümdesign ist so schön wie die Bühnenbilder, das Licht und die Musik. Komponiert wurde sie unter anderen von Elton John, Tim Rice, dem südafrikanischen Musiker Lebo M und Hans Zimmer. Zudem ist da Ro’jae Simpson, der den jungen Simba spielt (einer von sechs Buben, die abwechselnd die Rolle besetzen). Er singt, tanzt, spricht, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Eine beeindruckende Präsenz hat auch der Mufasa-Darsteller Jean-Luc Guizonne, der in aufwendiger Rüstung und mit Löwenmaske auf dem Kopf seinem Sohn ein Stück Weisheit und Würde weiterzugeben versucht.
African Spirit in Zürich
Gern schaut man all den Darstellerinnen und Darstellern auf der Bühne zu, die meisten von ihnen mit afrikanischen Wurzeln. Das lässt die Tänze und Gesänge zu den Trommelklängen des Live-Orchesters so authentisch wirken, wie man sich das als weisse Mitteleuropäerin, die auf einem Platz für 169 Franken sitzt, so vorstellt. Manchmal schwingt etwas Seltsames mit, wenn in Zürich mehrheitlich Weisse mehrheitlich Schwarzen zusehen, die in einem Musical von Disney vom African Spirit erzählen.
Aber wegen solcher Themen ist niemand hier. Man freut sich über schöne Menschen und talentierte Kinder, Tiere und Puppenspielkunst, Hits und etwas Exotik, lustige Figuren und einen Bösewicht, der seine Taten nur dank der Güte des Helden überlebt. Am Applaus gemessen, ist das Zürcher Publikum sich auch an diesem Abend einig: «The Lion King» ist einen Besuch wert.
Auf dem Weg nach draussen macht eine Frau mit Stoffbeutel und hellen Dreadlocks noch kurz halt an der gelben Fotowand. Eine Mutter schenkt ihrem Kind am Merchandise-Stand ein Plüschtier. Vielleicht kauft sich später noch jemand ein Fan-T-Shirt mit Löwenkopf – verziert mit Swarovski-Kristallen.
«Disney The Lion King», Theater 11, Thurgauerstr. 7, 8050 Zürich, Di–So, bis 10.3.2024
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