Kinder und HöhenbergsteigenGehört diese 15-Jährige wirklich auf 8000er? Ja, findet ihr Vater
Schon mit 12 wollte Selena Khawaja auf einem 8000er stehen. Nun scheiterte die Pakistanerin erneut und befeuert die Debatte um junge Menschen in dieser Extremwelt.
Als «Prinzessin der Berge» wird die 15-jährige Selena Khawaja daheim in den pakistanischen Medien gefeiert. Mit 9 bestieg sie nämlich den 5765 m hohen Quz Sar Peak in Pakistan. Mit 10 war es der 7027 m hohe Spantik im Karakorum-Gebirge. Immer dabei: Vater Yousaf Khawaja, der seine einzige Tochter allein grosszieht.
Und gross denkt er für beide: Selena solle als jüngster Mensch auf dem Mount Everest stehen, dem mit 8849 m höchsten Berg der Welt – und er gleich mit 62 Jahren als ältester pakistanischer Vater. Der Plan galt für 2022. Doch da ist so einiges dazwischengekommen.
Dass doch wieder über dieses aussergewöhnliche Vater-Tochter-Duo gesprochen wird, hängt mit aktuellen News zusammen. Gerade mussten die Khawajas ihre Expedition am Nanga Parbat (8126 m) abbrechen.
Was Selena Khawaja auf den sozialen Medien berichtete, klingt dramatisch: Erst blieb sie mit ihrem Vater und Höhenträgern zwischen Camp 1 und Camp 2 stecken – und musste die Nacht am Seil stehend bei minus 12 Grad ausharren. Erschöpft versuchten sie später doch noch deutlich höher zu kommen, nur um bei gefährlichen (Lawinen-)Verhältnissen nach einer 19-stündigen Tortur auf 7541 m umzukehren.
Allein mit 12 am Broad Peak (8051 m)
Mittlerweile sind sie heil zurück vom Berg – und haben eine Diskussion darüber ausgelöst, ob Kinder bzw. Teenager überhaupt auf 8000er gehören. Ja, findet natürlich Vater Khawaja im Fall seiner Tochter, der diese schon auf den Broad Peak (8051 m) führen wollte, da war sie 12-jährig.
Krank musste Yousaf Khawaja jedoch aus dem Basislager geflogen werden. Das Mädchen aber blieb am Berg und hätte nach dem Plan des Vaters zusammen mit Trägern losziehen sollen. So weit kam es nicht, die Gründe sind unklar, weil Selena Khawaja verschiedene Abbruchversionen erzählte, die sich mitunter widersprachen.
Klar bleibt: Vater und Tochter sind beseelt davon, Altersrekorde an den höchsten Bergen dieser Welt zu brechen. Sie sind natürlich nicht die Einzigen. Und darum handelten die betroffenen Länder. In Nepal dürfen 8000er erst ab 16 Jahren bestiegen werden. China erlaubt den Everest-Aufstieg erst mit 18 Jahren. Pakistan hingegen, wo sich Nanga Parbat und Broad Peak befinden, kennt kein Alterslimit.
Nur schon aus dem Verbotsgrund war die Aussage von Vater Khawaja, seine Tochter wolle den Everest besteigen, mehr Wunsch als Realität. Das war 2010 noch anders, als der damals 13-jährige Amerikaner Jordan Romero mit seinen Eltern und drei Sherpas den Mount Everest als Jüngster je erklomm – und als Folge auslöste, dass China ein Alterslimit für das Dach der Welt einführte.
Romero und Khawaja sind Einzelfälle
Auch damals diskutierte die Szene über Sinn und Unsinn solcher Teenager-Besteigungen. An den massiven Vorbehalten hat sich nichts geändert. Denn wie heranwachsende Körper und Hirne auf diese extremen Bedingungen in dünner Luft reagieren, weiss man so gut wie nicht – aus einem simplen Grund: Romero oder nun Khawaja zählen zu den ganz wenigen Ausnahmen in einer Welt, die gewöhnlich nur Erwachsene beschreiten.
Darum raten Alpin-Organisationen und Mediziner dringend davon ab, jüngere Teenager oder gar Kinder auf solche Berge mitzunehmen. Zumal gilt, dass solch junge Menschen gerade in Extremsituationen psychisch rascher überfordert sind als Erwachsene.
Selena Khawaja hat sich seit ihrem Abbruch am Nanga Parbat noch nicht ausführlich geäussert. Ihre Vita aber deutet nicht darauf hin, dass sie so rasch von ihrem Vorhaben abrücken wird: den Gipfel eines 8000ers zu erreichen.
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