Studiowechsel bei SRFMit Stuhl, Mega-Screen und Youtube-Moment – die «Tagesschau» ist umgezogen
Nach 17 Jahren werden die SRF-Formate «Tagesschau» und «10vor10» auf einer neuen Studiofläche produziert. Die Premieren zeigen: Das Design denkt über das klassische Fernsehen hinaus.
Und dann war es kurz wie auf Youtube. Der überraschendste Moment der Studio-Premiere der «Tagesschau» kam am Schluss, bei der Vorschau auf «10vor10».
Als Florian Inhauser zum Themenausblick überleitete, erschien unten rechts, als Bild im Bild, seine Kollegin Bigna Silberschmidt. Sie stand also nicht direkt neben ihm im gleichen Studio, wie das die letzten Jahre über der Fall gewesen war, sondern zwei Etagen höher, irgendwo im Newsroom von SRF, der abends kurz vor 20 Uhr menschenleer und etwas düster erschien.
Der Mini-Screen als Vorschau ist bereits von Youtube bekannt: Dort poppen Videos, die empfohlen werden, ebenfalls als kleines Bild im Hauptbild auf.
Seit Montagabend produzieren die Teams von «Tagesschau» und «10vor10» auf einer neuen Fläche, im Erdgeschoss des News- und Sportcenters in Zürich, das SRF für 80,4 Millionen gebaut hat (Technik nicht mit einberechnet). Rund 80 qm² misst das eigentliche Studio, die ganze Nutzfläche kommt auf 440 qm². Florian Inhauser und Bigna Silberschmidt haben die Premieren moderiert, gewohnt professionell und stilsicher, ohne Patzer und ohne technische Pannen.
Die neue Ära startete unaufgeregt. Am Ablauf der Sendungen, an den Einblendern und den Intros und Outros wurde nichts verändert. Inhauser erwähnte das Studio in seiner Begrüssung nur kurz. «Ja, Sie sehen die ‹Tagesschau›, einfach umgezogen, neu möbliert, mit einer hochmodernen und höchst dynamischen Tapete.» Dann ging er nahtlos über ins Tagesgeschehen.
Neben dem Rednerpult liegt Inhausers Brille. War die schon immer da?
Diese «hochmoderne Tapete» ist denn auch das Auffälligste am Umbau. Hinter den Moderatorinnen und Moderatoren steht neu ein riesiger Bildschirm, der die Newsprofis überragt, frei im Raum.
Auf dem LED-Screen, zusammengesetzt aus mehreren Einzelmodulen, werden die Themen angeteast. Mit seinen Ausmessungen ist er sehr präsent, die Fotos, die darauf ausgespielt werden, dominieren den Bildausschnitt.
Die sogenannte Medienwand bietet für die Präsentation auch neue Möglichkeiten: So leitete Bigna Silberschmidt bei «10vor10» einen Beitrag über Gastarbeiter in Katar stehend neben einem Foto eines Fussballstadions ein. Das bringt eine Dynamik in die Sendungen, die vorher so nicht möglich war.
Auf dem Mega-Screen wurden in den ersten beiden Sendungen nur Standbilder gezeigt. Die «Tagesschau»-Liveschaltung zu Korrespondent Sebastian Ramspeck lief über einen gesplitteten Bildschirm. Dabei würde die neue Wand Gespräche auf Augenhöhe ermöglichen, im Wortsinn.
Grundsätzlich zeigt sich: Das neue Set wirkt verschlankt, und da ist tatsächlich mehr Nähe. Die Moderatorinnen und Moderatoren erscheinen grösser, die einstige Nahaufnahme ist das neue Standardbild. So war bei Inhausers Moderation neben dem metallenen Rednerpult und einer alten Computermaus seine Brille zu sehen. War die schon immer da? Oder fällt das erst jetzt auf?
Die neue Nähe und der grosse Bildschirm machen jedenfalls auch auf kleinen Geräten Sinn, da kommen sie ideal zur Geltung. Auch hier passt sich SRF mit dem aktuellen Design der Streaming-Realität an. Der Anteil des Publikums, der die SRF-News auf Smartphones und Tablets schaut, dürfte zwar eher klein sein: Er wird aber sicher immer grösser.
Bei der Technik sind letztlich die grössten Veränderungen zu verorten, fürs Publikum sind diese nicht sichtbar. Mit Roboterkameras und automatisierten Abläufen können die Sendungen effizienter und mit weniger Personalaufwand umgesetzt werden. Das neue Studio sei kein Personalabbauprojekt, teilt SRF auf Anfrage mit. «Mit der Inbetriebnahme des News- und Sportcenters und der Konzentration auf ein Gebäude können wir die Produktionskette optimieren und noch mehr Synergien nutzen – sowohl technisch als auch redaktionell.» Frei werdende Ressourcen würden zugunsten des Programms umgelagert.
Was mit dem alten, wuchtigen Moderationspult geschieht, ist noch nicht klar. SRF will die frei werdenden Studioflächen umnutzen.
Zum Ende der Sendung gabs dann noch ein Novum: Als die Kamera rauszoomt und von Inhauser und Silberschmidt wegfährt, wird ersichtlich, dass beide beim Moderieren auf einem Stuhl sitzen, einer Art Barhocker.
Oder war das im alten Studio etwa auch so?
Fehler gefunden?Jetzt melden.