Millionen aus dem Ökosteuer-Topf bleiben liegen
Für die Ökologisierung des Luftverkehrs stehen Millionen bereit – doch der Bund rührt diese kaum an.
Manch ein Klimaschützer würde das Fliegen am liebsten ganz verbieten. Philipp Hadorn gehört nicht dazu. Der SP-Politiker, der die Wiederwahl in den Nationalrat verpasst hat, plädiert für eine «Ökologisierung des Luftverkehrs» – ein Prozess, den der Bund in Zukunft finanziell stärker als bis jetzt unterstützen soll.
Die Staatsgelder sollen verstärkt etwa in die Entwicklung von Elektroantrieben für Flugzeuge oder in Verfahren für emissionsarme Anflüge fliessen. «In der Zeit des Klimanotstands» will Hadorn den Menschen weiterhin «internationale Verbundenheit» sowie den Beschäftigten in der Aviatikbranche eine «verantwortungsbewusste Zukunft» ermöglichen.
Nächste Woche wird die Verkehrskommission des Nationalrats einen entsprechenden Vorstoss des SP-Politikers behandeln. Im Zentrum steht jener Geldtopf, in den die Einnahmen aus der zweckgebundenen Mineralölsteuer fliessen; zuletzt waren dies 45 bis 50 Millionen Franken pro Jahr. Zwischen 12,5 und 25 Prozent davon stehen von Gesetzes wegen dem Bund zur Verfügung, um Umweltmassnahmen der Aviatikbranche mitzufinanzieren. Diesen Anteil will Hadorn nun auf mindestens 25 Prozent erhöhen. Zudem soll der Bund neu maximal 100 Prozent der anfallenden Kosten tragen, heute sind es maximal 80 Prozent.
Nur in einem Jahr 10 Millionen Franken
Nur: Zwischen 2011 und 2015 floss aus dem besagten Topf kaum Geld. 2016 erfolgte zwar ein Sprung auf 23 Prozent, was gut 10 Millionen Franken entsprach. Seither ist es aber wieder deutlich weniger: 2017 waren es 6 Prozent, also 2,8 Millionen Franken, letztes Jahr mit 8 Prozent knapp eine Million mehr. Die Verantwortung für die Geldverwendung obliegt dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl). Prompt sieht sich das Amt dem Vorwurf ausgesetzt, die Ökologisierung der Luftfahrt zu wenig voranzutreiben.
Das Bazl weist diese Kritik aus linksgrünen Kreisen zurück. «Wir können die Einreichung von Projekten weder initialisieren noch beeinflussen», sagt Sprecher Christian Schubert. Viele potenzielle Gesuchsteller seien angesichts der heute bestehenden relativ hohen Umweltauflagen kaum bereit, freiwillig über das ohnehin Verlangte hinauszugehen.
«Somit leistet der Gesuchsteller immer einen finanziellen Mehrbeitrag für etwas, was gesetzlich nicht verlangt ist»
Mit anderen Worten: Es mangelt an Gesuchen. Das liegt laut Branchenvertretern nicht zuletzt daran, dass aus den Umweltprojekten in der Regel kein zusätzlicher betriebswirtschaftlicher Nutzen für den Gesuchsteller resultiert. Und falls ein solcher entstehen sollte, wird der Bundesbeitrag entsprechend gekürzt. Darauf hin weist die Flughafen Zürich AG. «Somit leistet der Gesuchsteller immer einen finanziellen Mehrbeitrag für etwas, was gesetzlich nicht verlangt ist», sagt Sprecherin Sonja Zöchling.
Bund soll mehr zahlen
Auf den Flughäfen wurden in der Vergangenheit diverse Projekte umgesetzt: In Zürich-Kloten etwa wurden Photovoltaikanlagen und Wärmepumpenanlagen installiert, elektrische Abfertigungsgeräte gekauft, Instrumente zur Luftqualitätsüberwachung angeschafft, der Euroairport Basel hat erdgasbetriebene Flughafenbusse gekauft.
Die Flughafen Zürich AG resümiert, dass der Bund oft weniger als 30 Prozent an die Kosten beisteuere, obschon er bis zu 80 Prozent übernehmen könnte. Vor diesem Hintergrund begrüsst der Flughafen Zürich zwar Hadorns Vorschlag, die maximale Bundesbeteiligung auf 100 Prozent zu erhöhen. Sprecherin Zöchling stellt aber klar: «Ein erster Schritt wäre es schon mal, dass der Bund die heute geltenden Maximalbeträge ausrichtet.»
Klimaschutz versus Terrorabwehr
Hadorns Vorstoss wird es schwer haben – auch im neuen, grüneren Parlament, denn aus der CVP, die es für eine Mehrheit im Nationalrat braucht, ist kaum Support zu erwarten. Der Grund: Finanziert der Bund mehr Umweltmassnahmen im Luftverkehr, bleibt für die anderen Bereiche, die von den Einnahmen aus der zweckgebundenen Mineralölsteuer profitieren, weniger Mittel übrig.
«Es ist zentral, dass die Schweiz in beiden Bereichen investiert.»
Betroffen wären Projekte zur Abwehr von Terroranschlägen und Entführungen sowie Massnahmen, die den Luftverkehr technisch sicherer machen. «Es ist zentral», sagt CVP-Nationalrat Martin Candinas, «dass die Schweiz in beiden Bereichen investiert, damit unser Luftverkehr sicher bleibt und unsere Unternehmen auf einem hohen technischen Sicherheitsniveau operieren.» Ähnlich äussern sich FDP-Parlamentarier.
Auch die SVP wird den Vorstoss bekämpfen: «Es floss in der Vergangenheit zu wenig in die Umwelt, weil zu wenig Projekte eingereicht wurden», sagt Nationalrat Thomas Hurter. Das habe also sehr wenig mit der zur Verfügung stehenden Geldmenge zu tun, sondern mit Innovation. «Leider vergessen das linke Politiker oft.»
SP-Politiker Hadorn sieht das anders. Seiner Ansicht nach braucht es mehr Geld – und mehr Engagement auch vom Bazl. Das Amt soll deshalb von Gesetzes wegen verpflichtet sein, aktiv auf Gesuchsteller zuzugehen und «Impulse» zu geben, so Hadorn. «Die Klimakrise zwingt uns zum Handeln.»
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