Interdiscount und Fust in der KriseBeim Elektronikhandel hängt die Migros Coop deutlich ab
Während Digitec Galaxus von der Migros boomt, kommt Coop mit Fust und Interdiscount auf keinen grünen Zweig. Die Probleme seien hausgemacht, sagen Experten. Coop habe den Anschluss verloren.

- Coop verliert bei seinen Elektronikformaten Marktanteile.
- Gemäss Experten hat der Detailhändler die Entwicklung verschlafen.
- Von möglichen Verkäufen will Coop jedoch nichts wissen.
Für Sandro Haag waren die Probleme absehbar. Haag, der heute als Unternehmer im Einrichtungssektor tätig ist, leitete bis 2019 das für den Onlineauftritt zuständige Team beim Coop-Elektronikhändler Fust. «Während bei Digitec Galaxus von der Migros Hunderte Spezialisten in diesem Bereich arbeiten, waren wir nur ein Team von zwei bis drei Personen», erinnert sich Haag.
Seine Erkenntnis aus dieser Zeit: «Damals schien es so, als hätte man bei Fust gar kein grosses Interesse an einem wirklich guten Onlineshop.» Vielmehr sei der Onlineauftritt so gestaltet worden, dass dieser «eher als Umweg diente – mit dem Ziel, die Kundinnen und Kunden letztendlich in die Filiale zu lenken».
Stationäre Formate leiden
Viel geändert hat sich seit damals nicht. Während die Migros sich trotz Widerständen radikal von schlecht laufenden stationären Formaten wie M-Electronics getrennt hat und im Elektronikbereich ganz auf den Onlinehändler Digitec Galaxus setzt, ist Coop weiterhin mit klassischen Formaten wie Fust und Interdiscount im Rennen.
Bei diesen setzt Coop zwar auf neue Ladenkonzepte, doch zur Wahrheit gehört auch, dass über die Hälfte des Umsatzes im Bereich der Heimelektronik in der Schweiz längst online gemacht wird. Tendenz leicht steigend.
Bei Fust, wo Haag einst tägig war, hat Coop die Anzahl Filialen laufend reduziert auf 139 im vergangenen Jahr. 2019 waren es noch 159. Der Umsatz ging ebenfalls zurück – von 966 auf 943 Millionen Franken allein im vergangenen Jahr. 2021 hatte Fust noch einen Umsatz von 1,02 Milliarden Franken gemacht. Zum Vergleich: Der Umsatz von Digitec Galaxus stieg zuletzt um 484 Millionen Franken auf inzwischen 3,228 Milliarden Franken.
Positiv sieht es auf den ersten Blick hingegen bei der Coop-Tochter Interdiscount aus. Coop weist für Interdiscount im aktuellen Geschäftsbericht fürs Jahr 2024 einen Umsatz von 772 Millionen Franken aus, für 2023 wird dort lediglich ein Umsatz von 700 Millionen Franken genannt. Interdiscount legte also gemäss Coop um rund zehn Prozent zu. Oder doch nicht?
Was wurde aus dem Umsatz von Microspot?
Ursprünglich wurde der Umsatz von Interdiscount fürs Jahr 2023 nämlich im Geschäftsbericht 2023 mit 954 Millionen Franken angegeben. Einberechnet war hier der Umsatz des Online-Elektronikhändlers Microspot von 254 Millionen Franken. Doch das Format wurde inzwischen geschlossen und der Onlineshop mit Interdiscount fusioniert. Der Umsatz von Microspot wurde nachträglich wieder herausgerechnet.
Dass Interdiscount ohne Microspot im Jahr 2024 lediglich um 72 Millionen Franken zulegen konnte, zeigt, dass Interdiscount nur einen Bruchteil des einstigen Microspot-Umsatzes behalten konnte und eher Marktanteile verlor, als Marktanteile gewann.
Statt 954 Millionen Franken mit Microspot machte Interdiscount 2024 ohne Microspot nur noch einen Umsatz von 772 Millionen Franken. Coop will dazu keine Stellung nehmen. Nur: «Wir kommunizieren grundsätzlich keine weiteren Zahlen ausserhalb des Jahresergebnisses.»
Fachleute schätzen diese Berechnungen als realistisch ein. Schade sei, dass Coop es nicht geschafft habe, einen starken Onlineshop aufzubauen, so wie Digitec Galaxus einer sei, sagt etwa Online-Handelsexperte Malte Polzin. «Bei Coop geht es bergab, in einem Markt, der eigentlich bergauf geht», sagt er. Ausgenommen sei dabei der Onlineshop für Lebensmittel Coop.ch, mit dem Coop erfolgreich unterwegs sei.
Nun müssten Shops wie Fust und Interdiscount mit ihren sinkenden Umsätzen die Ladenflächen finanzieren, entsprechend könnten diese preislich und qualitativ nur schwer mit anderen Onlineshops konkurrieren, sagt Polzin. Den richtigen Moment, dort mithalten zu können, habe Coop leider verpasst. Es würde ihn deshalb nicht wundern, wenn trotz aller Dementi der Coop-Leitung auch Coop demnächst auf die Suche nach Käufern für gewisse Ladenformate gehe.
Auf Anfrage widerspricht Coop: Es gebe keine Pläne für Umstrukturierungen oder Verkäufe von Fachformaten, schreibt der Mediensprecher. Das Angebot in den Verkaufsstellen gehe Hand in Hand mit dem Onlineangebot, und die individuellen Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden stünden im Vordergrund. «Von dieser Strategie sind wir überzeugt und mit der Entwicklung zufrieden.»
Malte Polzin erinnert an das Experiment mit dem Online-Marktplatz Siroop, den Coop bis 2018 mit der Swisscom betrieben hatte und der «zum relevantesten und beliebtesten Schweizer Online-Marktplatz» werden sollte. Nachdem sich die Swisscom zurückzog, wurde das Projekt wieder eingestellt. Fortan setzte Coop auf Microspot. Doch Microspot gibt es nun auch nicht mehr.
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