Migration aus BelarusPolen rüstet gegen Lukaschenko auf – und gegen Flüchtende
Mit einem 186 Kilometer langen Zaun und Bunkern schützt sich Polen gegen militärische Angriffe und Flüchtlinge. Humanitäre Helfer üben Kritik aus.
- Polen verzeichnete im Januar deutlich weniger illegale Grenzübertritte aus Belarus.
- Es wird spekuliert, der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko wolle vor der Wahl am Sonntag für Ruhe sorgen.
- Polen baut Verteidigungsanlagen entlang der Grenze, darunter Bunker und Schützengräben.
- Hilfsorganisationen kritisieren den eingeschränkten Zugang zur Sperrzone an der Grenze.
An der Grenze zwischen Polen und Belarus ging es zuletzt ruhiger zu. Im Winter versuchen weniger Menschen, die grüne Grenze zu überqueren, um illegal in die EU zu gelangen. Doch es lag wohl nicht allein daran. «Wir haben beobachtet, dass Migranten aus der Grenzzone Richtung Russland gebracht wurden», sagte vor wenigen Tagen ein General des polnischen Grenzschutzes der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Seit 2021 schickt Belarus gezielt Flüchtlinge an die Grenze zu Polen sowie Litauen und Lettland.
In den ersten beiden Januarwochen gab es Angaben des Grenzschutzes zufolge nur 86 versuchte Grenzübertritte – 2024 waren es durchschnittlich täglich 80 Versuche. Es könne sein, sagte der General, dass Diktator Alexander Lukaschenko vor der sogenannten Wahl an Ruhe in seinem Land gelegen sei. Zugleich berichtete der polnische Sender Belsat allerdings auch von möglichen belarussischen «Provokationen» an der polnischen Grenze.
Polens Regierung und der Präsident treffen sich häufig mit der belarussischen Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja, Präsidentschaftskandidatin 2020. Zugleich rüstet das Land massiv gegen das Lukaschenko-Regime auf. Einige dieser Massnahmen sehen humanitäre Helfer, die im Grenzgebiet Flüchtlinge versorgen, allerdings kritisch.
Im Oktober 2024 begann die Regierung mit dem Bau von Verteidigungsanlagen, es entstehen Schützengräben und Bunker. An vielen Stellen wurden Betonigel aufgestellt. Das alles gehört zur Initiative «Schild Ost», die dem Schutz Polens und – wie die Regierung stets betont – der ganzen EU und der Nato vor der Gefahr eines militärischen Angriffs aus Belarus oder Russland dient.
Menschen aus Ukraine, Belarus und Russland bitten um Asyl in Polen
Gegen die Flüchtlingsbewegung soll der 186 Kilometer lange und fünfeinhalb Meter hohe Stahlzaun helfen, den bereits die rechtsnationalistische PiS-Regierung erbauen liess und der unter der Tusk-Regierung verstärkt wurde. Zudem gibt es eine Pufferzone genannte Sperrzone im Grenzgebiet.
Diese bereitet vor allem humanitären Helfern Probleme. Etwa einem Team der internationalen Organisation Ärzte ohne Grenzen. «Wir brauchen dringend ungehinderten Zugang zum Grenzgebiet», sagt Felix Braunsdorf, der in der Berliner Zentrale von Ärzte ohne Grenzen arbeitet. Laut der polnischen Organisation We Are Monitoring kamen zwischen Dezember 2023 und 2024 etwa 5500 Menschen über die grüne Grenze. Der polnische Grenzschutz zählte im vergangenen Jahr 29’616 versuchte Grenzübertritte – dabei kann eine Person mehrmals gezählt werden. Auch Hilfsorganisationen halten diese Zahlen für plausibel – sie rechnen wiederholte Pushbacks ein.
Um politisches Asyl bitten in Polen vor allem Menschen aus der Ukraine, Belarus und Russland – seit Jahren stellen sie die grössten Gruppen unter den Antragstellern. Im Jahr 2024 erhielten laut Regierungsangaben 3750 Menschen aus Belarus Asyl in Polen, insgesamt leben etwa 190’000 belarussische Staatsbürger in Polen. Seit Ende 2019 habe sich die Zahl der in Polen lebenden Belarussen verfünffacht, teilte kürzlich der polnische TV-Sender Belsat mit.
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