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Fehlende Infrastruktur für E-Autos
Mieter warten auf Ladestationen 

Noch nicht Standard: Ladestationen  an einer Station der Firma Novavolt, Zürich Tiefgarage Technopark. 
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Monika Joller* hatte Glück. Die Zürcherin konnte vor einem Jahr ihren Vermieter davon überzeugen, eine Ladestation in der Garage des Mehrfamilienhauses zu installieren. Damit stand dem Kauf eines Elektroautos nichts mehr im Weg.

So wie Joller ergeht es aber nicht allen. Das Gros der Bevölkerung besitzt kein eigenes Haus. Diese Menschen sind wie Joller Mieterin oder Stockwerkeigentümer und damit auf das Wohlwollen von Hauseigentümerinnen, Verwaltungen und Miteigentümern angewiesen. Oftmals laufen sie auf. 

Dieses Fazit zieht jedenfalls der Verband Swiss E-Mobility, der die Elektromobilität in der Schweiz fördern will. Gestützt auf Erfahrungen und Umfragen, geht er davon aus, dass ein Drittel der Anfragen direkt abgelehnt wird. Bei einem weiteren Drittel würden die Abklärungen länger dauern, als die Mieterschaft bereit sei, auf die Anschaffung eines Elektroautos zu warten. Das soll sich ändern. In Zukunft sollen Mieterinnen und Stockwerkeigentümer ein Anrecht darauf haben, eine Heimladestation installieren zu dürfen.

«Die Autowende verzögert sich weiter.»

Jürg Grossen, GLP-Präsident

Es war Jürg Grossen, der diesen Vorschlag eingebracht hat. Das ist mittlerweile zwei Jahre her. Seither hat der GLP-Chef und Präsident von Swiss E-Mobility darauf gewartet, dass das Parlament seine Motion behandelt – vergebens. Doch in der jüngst zu Ende gegangenen Frühlingssession wurde Grossens Vorstoss vom Ratsbüro wegen anderer Geschäfte kurzfristig von der Traktandenliste gestrichen. Da er bereits zwei Jahre alt ist, wird er nun ordnungsgemäss abgeschrieben. Grossen bedauert das: «Die Autowende verzögert sich damit weiter.»

Jürg Grossen sagt, «Wer daheim keine eigene Ladestation hat, kauft kein Elektroauto» – Frühjahrssession 2023 im Nationalrat in Bern.

Worauf Grossen anspielt, zeigt das «TCS-Barometer E-Mobilität 2022», eine repräsentative Umfrage des Touring-Clubs Schweiz. 94 Prozent der befragten E-Auto-Besitzer sagen, sie hätten Zugang zu einer eigenen Ladestation. Umgekehrt bemängeln 62 Prozent jener Personen, die kein E-Auto haben, aber eines kaufen möchten, es fehle ihnen an einer solchen. Für Grossen zeigen diese Zahlen: «Wer daheim keine eigene Ladestation hat, kauft kein Elektroauto.» Auch der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz hält die gegenwärtige Situation für problematisch: «Die geltenden Vorschriften sind eine rechtliche Hürde, die Mietende zögern lässt, auf ein Elektroauto umzusteigen», sagt Vizepräsident und Nationalrat Michael Töngi (Grüne). 

Bundesrat muss reagieren

Und die Kosten? Eine Ladestation samt Installation kostet je nach Modell zwischen etwa 2000 und 3500 Franken. Verschiedene Modelle sind denkbar. So könnten etwa Mieter die Ladestation selber bezahlen. Oder aber der Vermieter tätigt die Investition und amortisiert sie über die Parkplatzmiete, den Stromverbrauch oder eine Pauschale. Infrage käme schliesslich, dass Energiedienstleister die Investitionen und den Betrieb übernehmen und die Kosten auf die Mieterschaft abwälzen. 

Aufgeben will Grossen nicht. Kurz vor Sessionsende hat er eine Interpellation mit Fragen eingereicht. Der Bundesrat soll unter anderem darlegen, wie er sicherstellen will, dass in Zukunft genügend Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht, und welche Bedeutung dabei Heimladestationen spielen. Swiss E-Mobility ist überzeugt, dass ein Recht auf Laden das Wachstum der Elektromobilität stark beschleunigen würde: «Der Impact wäre massiv», sagt Grossen. Ohne Recht auf Laden seien «ernst zu nehmende Bremseffekte» beim Umstieg auf eine fossilfreie Mobilität zu erwarten. Diese Befürchtung ist umso grösser, als weitere Elemente die Attraktivität der Elektromobilität schmälern könnten, etwa die auf 2024 geplante Importsteuer auf Elektroautos oder die angekündigte Ersatzabgabe für Elektroautos.

«Ein Recht auf Laden für die Mieter wäre ein Eingriff in die Eigentumsgarantie.»

Markus Meier, Hauseigentümerverband Schweiz

Im Sommer will Grossen einen Vorstoss mit verbindlichen Massnahmen einreichen. Ob es letztlich eine Neuauflage der abgeschriebenen Motion ist, sei abhängig von den Antworten des Bundesrates auf die Interpellation. Knifflig könnte es jedenfalls werden, eine mehrheitsfähige Forderung aufzustellen. Mitentscheidend dürfte sein, ob die Hauseigentümer mitziehen. Grossens Vorschlag für ein Recht auf Laden lehnt der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) ab. «Dies wäre ein Eingriff in die Eigentumsgarantie», sagt Direktor Markus Meier. Es sei allein Sache des Vermieters respektive der Stockwerkeigentümergemeinschaft, zu entscheiden, welche Investitionen getätigt würden. 

Meier betont, der HEV Schweiz sei weder gegen die Elektromobilität noch gegen die Möglichkeit, Ladestationen zu Hause zu errichten. Letztes Jahr hat er als eine von 56 Organisationen die vom Bund initiierte «Roadmap Elektromobilität 2025» mitunterzeichnet und sich anschliessend an der Ausarbeitung von Leitfäden beteiligt. In der Roadmap sind 76 Massnahmen formuliert, welche die Elektromobilität fördern sollen – auf freiwilliger Basis. Das sei der einzig gangbare Weg, er schaffe mehr Akzeptanz und löse mehr Innovation aus als starre Vorgaben, wie dies ein Recht auf Laden verlange, so Meier. 

An einem anderen Ort knüpft der Verband Auto-Schweiz an. Heute sind es die Kantone, die für Energiemassnahmen in Gebäuden zuständig sind. Grossens Forderung würde also in deren Kompetenz eingreifen. «Es steht zu befürchten, dass selbst politischer Druck auf Stufe Bund wenig an den entsprechenden kantonalen Gesetzgebungen ändern wird», sagt Auto-Schweiz-Sprecher Christoph Wolnik. Der Verband der Schweizer Importeure würde eine weite Verbreitung von Heimladestationen begrüssen. Er schlägt daher vor, mehr Anreize zu schaffen, etwa in Form von Förderbeiträgen für die Grundinstallation. Das sei der zielführendere Weg, sagt Sprecher Christoph Wolnik. 

Autoverband warnt

Die politische Situation scheint also kompliziert. Wie schnell die «Autowende» gelingen wird, ist offen. In der Schweiz war letztes Jahr jeder vierte verkaufte Neuwagen ein Steckerfahrzeug, also ein reines Elektroauto oder ein Plug-in-Hybrid.

Eine neue Umfrage von Auto-Schweiz unter seinen Mitgliedern zeigt: Bereits 2025 soll die Hälfte der verkauften Neuwagen auf Steckerfahrzeuge entfallen. Insgesamt waren Ende 2022 rund 175’000 Steckerfahrzeuge in der Schweiz immatrikuliert. Bei insgesamt 4,6 Millionen Fahrzeugen handelt es sich also um einen kleinen Teil. Andere Länder sind weiter. Im Jahr 2019 hat die Schweiz bei Steckerfahrzeugen im europäischen Vergleich der Marktanteile Rang 6 belegt, mittlerweile ist sie auf Platz 9 zurückgefallen. Auto-Schweiz warnt, die Schweiz drohe bei der Elektromobilität den Anschluss zu verlieren. 

* Name der Redaktion bekannt