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Plug-in-Hybride verlieren Marktanteile
Schweizer kaufen weniger «Schummel-Autos»

Letztes Jahr wurden in der Schweiz gut 226000 Neuwagen in Verkehr gesetzt.
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Die Autobranche preist sie als das «Beste aus zwei Welten» an: Plug-in-Hybride haben einen Verbrennungs- und einen Elektromotor. Im Unterschied zu normalen Hybridwagen verfügen sie über eine grössere Batterie, die an der Steckdose aufladbar ist. Damit können sie rein elektrisch 30 bis 100 Kilometer fahren, deutlich weiter also als normale Hybride, deren elektrische Reichweite bei wenigen Kilometern liegt. 

Autoverkäufer werben denn auch mit diesem Vorzug: «Auf den meisten Alltagsstrecken können Sie vollelektrisch und emissionsfrei fahren», heisst es etwa bei der Amag. Der Verbrennungsmotor springe ein, wenn die Batterie leer sei oder weite Distanzen gefahren würden. Für eine «sportliche Fahrweise» könnten ausserdem beide Motoren parallel genutzt werden.

Es sind Argumente, die offenbar ziehen. Plug-in-Hybrid sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Lag ihr Anteil an den verkauften Neuwagen 2019 noch bei 1,4 Prozent, 2020 waren es bereits 6,1 Prozent, 2021 gar 9,1 Prozent. Doch dieser Trend ist nun fürs Erste gestoppt. Letztes Jahr wurden noch gut 18’400 dieser Fahrzeuge verkauft, ein Sechstel weniger als 2021. Der Marktanteil sank von 9,1 auf 8,1 Prozent.

Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in anderen europäischen Ländern. «Diese Antriebstechnologie ist wohl früher als erwartet wieder rückläufig», bilanziert Christoph Schreyer, der beim Bundesamt für Energie die Sektion Energieeffizienter Verkehr leitet. Was sind die Gründe dafür?

Plug-in-Hybride sind in die Kritik geraten, weil sie deutlich mehr CO2 ausstossen, als es die Herstellerangaben versprechen. Untersuchungen zeigen: Wer einen solchen Wagen besitzt, fährt häufig auch mit dem Verbrennungsmotor, rein elektrisch wird nur selten gefahren. Plug-in-Hybride werden daher auch als «Schummel-Autos» bezeichnet

«Elektroautos decken zunehmend alle Einsatzbereiche und Bedürfnisse ab.»

Christoph Schreyer, Bundesamt für Energie

Inwieweit Medienberichte über deutlich höhere Treibstoffverbräuche von Plug-in-Hybriden die Verkaufszahlen beeinflusst haben, ist jedoch unklar. BFE-Experte Schreyer jedenfalls ist überzeugt, dass sie «eine gewisse Rolle spielen». Den Hauptgrund sieht er aber woanders: beim wachsenden Angebot an rein elektrisch betriebenen Autos. «Dank genügend grossen Reichweiten decken sie zunehmend alle Einsatzbereiche und Bedürfnisse ab.» Ähnlich tönt es von Auto-Schweiz, dem Verband der Schweizer Autoimporteure. «Möglicherweise legen sich immer mehr Menschen direkt ein Elektroauto zu, ohne sich vorher mit einem Plug-in an die Fahrweise und das regelmässige Aufladen eines Fahrzeugs gewöhnen zu müssen», sagt Sprecher Christoph Wolnik.

Tatsache ist: Anders als Plug-in-Hybride haben rein elektrisch betriebene Elektroautos auch letztes Jahr abermals zugelegt. Ihr Marktanteil kletterte von 13,3 auf 17,8 Prozent. Im Beliebtheitsranking der Schweizer Autofahrer fungieren unter den Top 5 denn auch zwei Elektroautos, auf Rang 1 das Tesla Model Y, auf Rang 5 das Tesla Model 3.

Insgesamt etwas mehr als 40’000 Elektroautos wurden letztes Jahr in der Schweiz in Verkehr gesetzt, dies bei insgesamt 226’000 immatrikulierten Neuwagen. Ein wesentlicher Treiber des Erfolgs ist die verbesserte Infrastruktur. Ende November gab es in der Schweiz 8897 öffentlich zugängliche Ladestationen an 4260 Orten, zwei Jahre zuvor waren es erst 5095 Stationen an 2484 Orten, wie Zahlen des Bundes zeigen.

Ob Plug-in-Hybride weiter schwächeln, ist dem aktuellen Trend zum Trotz nicht sicher. Wolnik von Auto-Schweiz spricht von einem «möglichen Nachholeffekt», denkbar seien Marktanteile von gegen 10 Prozent. Der Hintergrund: Bereits früh im letzten Jahr hatte ein Teil der Hersteller die Bestellmöglichkeiten von Plug-in-Hybriden eingeschränkt und sich auf die Auslieferung von reinen Elektroautos konzentriert. Grund ist einerseits der Chipmangel. «Die verfügbaren Chips wurden vermehrt in Fahrzeug eingebaut, die höhere Beiträge zu den CO2-Flottenzielen beitragen können», sagt BFE-Experte Schreyer.

Hinzu kommt, dass in Deutschland die Kaufprämie für Plug-in-Hybride Ende Jahr ausgelaufen ist, was beim nördlichen Nachbarn im letzten Quartal nochmals einen Run auf diese Fahrzeuge ausgelöst hat. In der Schweiz waren die Marktanteile im selben Zeitraum mit 7,4 Prozent unterdurchschnittlich. «Womöglich gingen Fahrzeuglieferungen prioritär nach Deutschland», sagt Wolnik. 

Insgesamt betrachtet, war 2022 für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb erneut ein Rekordjahr. Dass der Marktanteil bei knapp 51 Prozent liegt, ist aber nicht nur auf die steigenden Verkaufszahlen bei den Elektroautos zurückzuführen. Auch normale Hybride haben zugelegt. «Die Schweizer Neuwagenflotte wird damit klimafreundlicher», resümiert Wolnik von Auto-Schweiz. Das BFE bestätigt dies. Allerdings ist nicht klar, wie gross der Fortschritt ist, definitive Zahlen liegen noch nicht vor. 2021 stiess ein Neuwagen durchschnittlich knapp 130 Gramm CO2 pro Kilometer aus, 12 Gramm mehr als die Zielvorgabe.