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Service in Zürcher Restaurants 
«Meistens komme ich mir als Gast vor wie das Allerletzte»

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Das Verhältnis zwischen Gästen und Serviceangestellten in Restaurants hat sich abgekühlt. Mehrere Zürcher Gastronomen bestätigten, dass die Gäste seit der Corona-Pandemie noch gereizter sind. Derweil hat auch das Selbstbewusstsein in der Gastrobranche zugenommen. «Wir verwöhnen unsere Gäste, aber wir lassen uns auch nicht alles gefallen», sagt etwa der Geschäftsführer des Bistros Franzos am Limmatquai. 

Leserinnen und Leser hat diese neue Haltung der Zürcher Servicemitarbeitenden zu vielen Kommentaren veranlasst.

Kritik an Zürcher Wirten 

Das Problem seien nicht die Gäste und die Angestellten im Service, sondern die Wirte, die tiefe Löhne bezahlten, schrieben viele. «Wie wäre es, das Personal fair zu behandeln und zu entlöhnen?», fragt etwa Yvette. Das würde bestimmt zur Zufriedenheit beitragen. «Zufrieden macht freundlich, und freundlich bringt Gäste.» Eine andere Person schreibt über die eigene Tochter, die ihre Lehre als Hotelfachfrau abgeschlossen hat, heute aber wegen des «menschenunwürdigen Lohns» als medizinische Praxisassistentin arbeitet. 

Das Grundproblem sei, dass in vielen Restaurants und Cafés kein ausgebildetes Servicepersonal im Einsatz sei, schreibt Carly Locher. Die Serviceangestellten würden die Gäste ignorieren und die Produkte zu wenig kennen. Letztens sei ihm ein «Chardonnay mit etwas Rosa» versprochen worden, der sich dann als Federweisser Pinot entpuppte.

Eine weitere Person macht auf die im Artikel zitierte Studie der Unia aufmerksam. Diese besagt, dass ein Viertel der Belästigungen des Gastropersonals von den Gästen ausgeht und drei Viertel von den Mitarbeitenden. «Dort besteht grosser Handlungsbedarf hinsichtlich Respekt und Arbeitsbedingungen.»

«Muss ich mich nun immer duzen lassen?», fragt ein Leser in einem Kommentar. Eine Leserin: «Wie wäre es, das Personal fair zu behandeln und zu entlöhnen?» Hier ein Bild vom Zürcher Münsterhof. 

Nicht nur die Wirte kommen in den Kommentaren schlecht weg, sondern auch das Zürcher Servicepersonal. Ein Mann beklagt sich, dass er kürzlich 40 Minuten in einem Gartenrestaurant auf sein Essen warten musste und seine Kritik nicht ernst genommen wurde. Andere beklagen sich über das «ach so coole Personal». Ein 65-Jähriger fragt: «Muss ich mich nun immer duzen lassen?»

Sahra Gammer schreibt, sie sei sich der schlechten Arbeitsbedingungen im Service bewusst, erwarte aber trotzdem mindestens eine neutrale Bedienung. «Meistens komme ich mir als Gast vor wie das Allerletzte.» Bei vielen Leserinnen stehen zudem die Qualität des Service und die hohen Preise in Zürcher Restaurants in keinem Verhältnis. «Wenn alles so unanständig viel kostet, steigen die Erwartungen der Gäste entsprechend», schreibt etwa Valentin Hauri. 

Ein Leser findet, dass in gehobenen Restaurants wie dem Conti ein anderer Ton herrsche als in den Hipster-Läden im Kreis 4.

Die Serviceangestellten erfahren in den Kommentarspalten neben Kritik auch viel Lob. Es gebe in Zürich viele Restaurants mit freundlicher und aufmerksamer Bedienung. Peter Bietenholz kommentiert, dass ihm auffalle, dass in gehobenen Restaurants wie dem Conti oder der Kronenhalle ein ganz anderer Ton herrsche als in den Hipster-Läden in den Kreisen 4 und 5. 

Ein Mann lobt ein Lokal, in dem es Spaghetti mit Tomatensauce für die Kinder gibt, auch wenn dies nicht auf der Karte steht. Stefan Meier schreibt: «Ich möchte auf keinen Fall mit einer Servicekraft tauschen und bin beeindruckt, wie diese oft mit dem Stress umgehen.» 

Ein Punktesystem und Australien als Vorbild 

Schliesslich haben die Leserinnen und Leser auch ganz viele Ideen, wie sich das Verhältnis zwischen Serviceangestellten und Gästen wieder verbessern könnte. «Warum nicht das australische System anwenden?», fragt jemand. Das bedeutet: Am Tresen bestellen, den Aperitif mitnehmen und, ohne auf sich aufmerksam machen zu müssen, am Tisch auf das Essen warten. Auch andere wären froh, wenn sie per App bestellen könnten. Und Josef Künzli wünscht sich einen Knopf auf dem Tisch, um das Servicepersonal diskret rufen zu können.

Silvia Aebisegger hat noch eine weitere Idee. Sie schlägt ein Punktesystem vor, mit dem Gastronomen ihre Kunden bewerten können. «Wer jeglichen Anstand vermissen lässt, No-Show und dergleichen macht, bekommt einfach keinen Tisch.» 

Oder um es mit Leser Robert Richner zu halten: «Der Kunde ist König – solange er sich königlich benimmt.»