Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Katja Früh rät zur Therapie
Meine Tipps für Herrn Glarner

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Lieber Andreas Glarner,

ich würde Ihnen gern ein bisschen auf die Sprünge helfen. Schauen Sie, es ist doch so: Wenn man eine so starke Abwehrhaltung gegen was auch immer entwickelt, dann hat das sicher etwas mit einem selbst zu tun. Und für die eigene psychische Gesundheit sollte man herausfinden, was das sein könnte. Sie zum Beispiel fürchten sich vor Dragqueens. Da wäre vielleicht eine Konfrontationstherapie angebracht, was bedeuten würde, dass Sie selbst einmal in schillernde Frauenkleider schlüpfen sollten, mit allem drum und dran, eine rosa Perücke vielleicht und Stilettos mit schwindelerregendem Absatz. Ich könnte Sie mir durchaus vorstellen.

Ich weiss, natürlich, in Ihrer Welt ist das nicht normal. Aber so what? Man sollte sich eben nicht unbedingt an das sogenannt Normale klammern, denn dadurch entgeht einem die prächtige Vielfalt des Lebens. Natürlich, als hardcore Hetero hat man vielleicht eine gewisse Scheu vor der glitzrigen Welt der Drags, weil es eben fremd ist, aber bei Ihnen geht es über das normale Mass der Schüchternheit hinaus. Und ich frage mich, warum. Was bedroht Sie so? Ist es der Neid? Könnte es sein, dass Sie, ohne es selber zu wissen, auch lieber so ein freies und buntes Leben leben würden? Oder haben Sie Angst, dass die Welt zusammenbrechen würde, wenn jede:r einfach sein darf, wie er oder sie will? Durften Sie das mal? Als Kind vielleicht? Ich hätte Ihnen gewünscht, dass Sie, als Sie klein waren und noch offen, mal einer Dragqueen begegnet wären, vielleicht wäre alles ganz anders gekommen.

Nun zum Gendern: Das scheint Ihnen auch ziemliche Angst zu machen. Warum nur? Es ist doch nichts anderes als der Versuch, auch in der Sprache Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, nur das, es handelt sich nicht um die Weltrevolution. Was macht Sie so fuchsteufelswild daran? Wollen Sie gar nicht, dass Frauen gleich wie Männer behandelt werden? Es passt Ihnen wohl ganz gut, die Frauen ein bisschen im Hintergrund zu wissen, niemand nimmt Ihnen Ihre Privilegien weg, und niemand stört die «natürliche» Ordnung. Haben Sie vor Frauen gleich viel Angst wie vor Homosexuellen? Dann würde ich Ihnen ernsthaft eine Therapie ans Herz legen. Engmaschig, damit Sie, solange Sie noch als Politiker tätig sind, Ihre Heilung und Wandlung in die Gesellschaft tragen können. Oder vielleicht gehen Sie dann lieber in Frauenkleidern tanzen.

So oder so, viel Glück dabei.

Mit besten Grüssen,
Katja Früh

Katja Früh ist Drehbuchautorin und Regisseurin.