Rasante Ausbreitung des CoronavirusMehrere Länder verhängen Einreiseverbote für Indien
Krematorien und Grabstätten werden von der verheerenden neuen Flut von Infektionen überwältigt, die das Land mit erschreckender Geschwindigkeit durchzieht. Nun helfen Staaten wie Deutschland und die USA.
In Indien grassiert die Corona-Seuche und die Mutante B.1.617 ist auf dem Vormarsch – Deutschland hat das südasiatische Land ab diesen Montag deshalb zum Virusvariantengebiet erklärt. Dann gilt ein weitgehendes Einreiseverbot für Menschen, die sich zuvor in Indien aufgehalten haben. Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, begrüsste dies. Er sagte der Düsseldorfer «Rheinischen Post», dass «alle Massnahmen der Kontakteinschränkung gegenüber potenziell hiermit Infizierten gerechtfertigt» seien. «Dazu gehören Flug- und Einreiseverbote, strenge und überwachte Quarantäne für alle Heimkehrer aus diesen Risikogebieten aber natürlich genauso Hilfsangebote an die Regierungen dieser Länder».
Bundeskanzlerin Angela Merkel bot Indien am Sonntag Hilfe an. «Der Kampf gegen die Pandemie ist unser gemeinsamer Kampf», erklärte sie dem Regierungssprecher zufolge. «Deutschland steht Seite an Seite in Solidarität mit Indien. Wir bereiten so schnell wie möglich eine Unterstützungsmission vor.» Der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarčič, erklärte, Brüssel habe auf indischen Wunsch bereits den Zivilschutzmechanismus aktiviert und werde bei der Versorgung mit Sauerstoff und Medikamenten helfen. Lesen Sie dazu auch: Indien geht der Sauerstoff aus
Flugverbot gefordert
Auch Italien und andere Länder schränkten die Einreise aus Indien ein. Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber forderte die Einstellung aller Flugverbindungen in die EU. «Einige Covid-Fälle mit der indischen Mutante sind bereits in Deutschland und der EU aufgetreten. Diesmal müssen die EU-Innenminister schneller und konsequenter handeln und sofort ein vorübergehendes Verbot von Flügen aus Indien und Einreisebeschränkungen verhängen», sagte der CSU-Politiker der «Bild»-Zeitung.
Auch Grossbritannien stellt Indien dringend benötigte Beatmungsgeräte und andere medizinische Ausrüstung zur Verfügung. Wie das britische Aussenministerium am Sonntag mitteilte, werden dem Land mehr als 600 wichtige medizinische Gerätschaften geschickt. Das Hilfspaket besteht demnach aus 140 Beatmungsgeräten und 495 Sauerstoffkonzentratoren aus überschüssigen Beständen. «Wir stehen Seite an Seite mit Indien als Freund und Partner während einer äusserst besorgniserregenden Zeit im Kampf gegen Covid-19», erklärte der britische Premierminister Boris Johnson.
USA schicken Schnelltests
Konkrete Hilfen haben auch die USA in Aussicht gestellt. Neben spezifischen Rohmaterialien für die Herstellung des Impfstoffs von Astrazeneca, der in Indien unter dem Namen Covishield produziert wird, werden die Vereinigten Staaten dem Land «sofort» Medikamente, Schnelltests, Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, wie das Weisse Haus am Sonntag nach einem Telefonat zwischen US-Sicherheitsberater Jake Sullivan und seinem indischen Amtskollegen Ajit Doval mitteilte. Auch bei der Versorgung mit Sauerstoff soll Indien unterstützt werden.
«Genau wie Indien den Vereinigten Staaten Hilfe schickte, als unsere Krankenhäuser zu Beginn der Pandemie überlastet waren, sind die Vereinigten Staaten entschlossen, Indien in der Zeit der Not zu helfen», erklärte das Weisse Haus.
Schweiz prüft Situation
Die indische Variante B.1.617 steht bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter Beobachtung. In der Schweiz ist der erste Fall einer Infaktion mit der indischen Coronamutation aufgetaucht, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Samstagmittag bekannt gab. Stand Samstag wurde laut dem BAG geprüft, ob Indien auf die Risikoliste kommt. Lesen Sie hier mehr dazu: Erster Corona-Fall mit indischer Mutation in der Schweiz
Indien verzeichnet seit Tagen immer wieder Höchstwerte an Corona-Neuinfektionen. Binnen 24 Stunden wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Sonntag 349 691 neue Fälle verzeichnet. Dies ist zugleich ein weltweiter Tageshöchstwert. 2767 Menschen starben an oder mit Covid-19. Dies ist die bisher höchste Todeszahl in Indien. Den vierten Tag in Folge wurden mehr als 300’000 Neuinfektionen und über 2000 Tote registriert. Die Dunkelziffer dürfte sogar deutlich höher liegen.
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Indien hat gut 1,3 Milliarden Einwohner, so dass sich eine vergleichsweise mässige Sieben-Tage-Inzidenz von rund 132 Fällen pro 100’000 Einwohner ergibt. Das Gesundheitssystem des Schwellenlandes ist aber völlig überlastet. Es fehlt an Betten, antiviralen Medikamenten und medizinischem Sauerstoff. Spitäler wie das Pentamed Hospital in Neu Delhi senden immer wieder SOS-Nachrichten zum Sauerstoffmangel. Premierminister Narendra Modi sagte in einer Rundfunkansprache, die Regierung tue alles, um die Einzelstaaten im Kampf gegen Covid-19 zu unterstützen.
Sogar Pakistan bietet seinem Erzrivalen die Lieferung medizinischer Güter an. Als eine «Geste der Solidarität» mit der indischen Bevölkerung wolle man Beatmungsgeräte, digitale Röntgengeräte, Schutzkleidung und andere Ausrüstung bereitstellen, teilte das pakistanische Aussenministerium am späten Samstagabend mit.
Unterdessen versuchen viele Inder noch, das Land zu verlassen. Wie indische Medien berichteten, sind an den Flughäfen viele Menschen in Richtung Vereinigte Arabische Emirate und USA unterwegs. Da aber die Emirate ab Montag die Flugverbindungen aus Indien und Pakistan bis vorerst 4. Mai streichen, schnellten die Flugticketpreise in die Höhe. Am Sonntag waren sie teilweise elfmal so hoch wie normal.
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SDA/oli
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