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Hilfe zur gesunden Ernährung
Mehr Transparenz bei Lebensmitteln

Hier könnte eine einheitliche Lebensmittelkennzeichnung helfen, das gesündeste Joghurt auszuwählen. 
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Hierzulande sind mehr als 40 Prozent der Erwachsenen und 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen zu dick. Übergewicht kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs führen. Das erklärte Ziel ist also, Übergewicht vorzubeugen und neben mehr Bewegung auch eine gesunde Ernährung zu fördern. Eine Strategie ist dabei, Lebensmittel so zu kennzeichnen, dass Konsumenten gesündere Produkte auf einen Blick erkennen.

Konsumentenschützer fordern deshalb seit langem eine eindeutige Kennzeichnung von Lebensmitteln, zum Beispiel durch einen Farbcode, ein Ampelsystem. In Europa führend ist der Nutri-Score, eine von französischen Forschern entwickelte Kennzeichnung, die in fünf Abstufungen von A bis E anzeigt, ob ein Lebensmittel empfehlenswert ist (grünes A), ob sich die positiven und negativen Komponenten die Waage halten (oranges C), oder ob es ungesund ist (rotes E).

Das grüne A ziert die gesündesten Produkte aus einer Kategorie, beispielsweise unter den Getränken immer das Wasser.  

Seit einigen Tagen stehen nun auch Produkte vom Lebensmittelkonzern Nestlé hierzulande im Regal, auf denen der bunte Farbcode prangt. «Bisher haben wir vegetarische und vegane Produkte der Marke Garden Gourmet und Nestlé Frühstückscerealien gekennzeichnet», sagt Stéphanie Collier-Blanc, Leiterin der Abteilung Ernährung und Sensorik bei Nestlé Schweiz. Bis Ende 2021 sollen dann rund 1000 Produkte des Konzerns in der Schweiz den Nutri-Score tragen. Die breite Palette der Nestlé-Produkte reiche dabei von Nutri-Score A bis E, wobei die Mehrheit in der Mitte liegen werde. «Unser Anspruch ist, in jeder Kategorie eine der gesündesten Alternativen anzubieten», sagt Collier-Blanc, und: «Wir sind seit Jahren dabei, Zucker, Salz und gesättigte Fette in unseren Produkten zu reduzieren und gesunde Komponenten, etwa den Vollkornanteil, zu erhöhen.»

Die Firma Danone hat vor einem Jahr den Nutri-Score eingeführt. «Wir haben inzwischen über 80 Prozent unserer Milchfrischeprodukte gekennzeichnet», sagt Philippe Aeschlimann, Pressesprecher von Danone Schweiz. Bis Ende Jahr sollen die restlichen Produkte folgen. Die Firma habe dafür die Rezepte nicht extra angepasst, fügt Aeschlimann an, aber auch Danone verfolge generell das Konzept, das Nährwertprofil der Produkte stetig zu verbessern. In der Schweiz seien mehr als 80 Prozent der Produkte mit einem A und B ausgezeichnet, und nur wenige fielen in die schlechteren Kategorien C und D, sagt Aeschlimann. «Ein E haben wir nicht.»

Forderung an die EU

Danone und Nestlé sind nun auf europäischer Ebene einen Schritt weitergegangen. Ende April haben die Firmen in einem Brief an die EU-Kommissarin Stella Kyriakides vom Kommissariat für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gefordert, den Nutri-Score EU-weit verbindlich einzuführen. Unterschrieben haben neben den Lebensmittelherstellern auch Detailhändler wie Carrefour oder Lidl, Wissenschaftler, Gesundheitsorganisationen und Konsumentenschützer.

Konsumentenschützer protestierten gegen «irreführende» Kennzeichnung.

Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz Schweiz begrüsst die Initiative. «Die Lebensmittelkennzeichnung sollte verbindlich für alle Hersteller und Detailhändler eingeführt werden», sagt Stalder. Sie begleitet seit Jahren das Ringen um eine objektive Kennzeichnung. «Es ist noch nicht lange her, da wollte eine Gruppe von Grosskonzernen, darunter auch Nestlé, in der EU eine eigene Kennzeichnung einführen», erinnert sich Stalder. Die Konsumentenschützer intervenierten vehement gegen die «irreführende» Kennzeichnung. So hätten sich beispielsweise die angegebenen Werte auf nicht genau definierte Portionsgrössen bezogen. «Kunden hätte dieses Label nicht geholfen», sagt Stalder. Das Ampelsystem Nutri-Score berechnet hingegen die Angaben für alle Produkte jeweils für 100 Gramm oder 100 Milliliter. Damit sind die Werte besser vergleichbar. Noch seien allerdings wichtige andere Lebensmittelhersteller und Detailhändler der Schweiz nicht mit im Boot, bemängelt Stalder.

Auch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) setzt sich inzwischen mit Nachdruck für den Nutri-Score ein. «Wir begrüssen, wenn die Lebensmittelindustrie ihre Informationen verbessert, damit sich die Konsumenten für gesunde Produkte entscheiden können», sagt Liliane Bruggmann vom BLV. Die Behörde setzt jedoch auf Freiwilligkeit. Die Hersteller und Detailhändler werden auch künftig nicht verpflichtet, den Nutri-Score einzuführen.

«Der Nutri-Score ist wissenschaftlich am besten untersucht.»

Liliane Bruggmann, BLV

Zur Wahl standen in der Vergangenheit auch andere Lebensmittelkennzeichnungen wie zum Beispiel das britische Ampelsystem, bei dem einzelne Komponenten wie der Zucker- oder der Salz-Anteil gesondert farblich markiert auf die Verpackung gedruckt sind. «Die Kennzeichnung nach dem Nutri-Score bewertet hingegen das gesamte Produkt und ist wissenschaftlich am besten untersucht», sagt Bruggmann.

So bestätigte eine neue Studie, dass der Nutri-Score es den Konsumenten aus acht verschiedenen Ländern – darunter auch die Schweiz – am einfachsten macht, eine gesunde Wahl zu treffen. Das Label sollte deshalb einheitlich in den europäischen Ländern eingeführt werden und somit eine Konfusion durch verschiedene Länderkennzeichnungen verhindern. Zu dem Schluss kommen die Autoren der Studie, die sie letzte Woche im Fachjournal «Nutrients» veröffentlichten.

Das Ampelsystem Nutri-Score soll Kunden auf einem Blick helfen, ein Lebensmittel als gesund oder ungesund einschätzen zu können. Bei diesen Cornflakes  halten sich ungesunde Zutaten wie Zucker und Salz und gesundheitsfördernde die Waage.

Aus Frankreich, wo der Nutri-Score 2017 eingeführt wurde, ist zudem bekannt, dass die Konsumenten tatsächlich dank des Labels häufiger gesündere Produkte kaufen. Französische Forscher, die den Nutri-Score mitentwickelt haben, modellierten aus verschiedenen Daten, welchen Einfluss diese Kennzeichnung auf die Gesundheit der Konsumenten haben könnte. Demnach hatten Testpersonen beispielsweise neun Prozent weniger Kalorien zu sich genommen. Dank des Nutri-Scores könnte sich die Sterblichkeit durch Krankheiten, die auf eine falsche Ernährung zurückzuführen sind, um mehr als drei Prozent verringern. Diese Ergebnisse veröffentlichte das Team letztes Jahr im «International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity».

Wichtig sei, dass die Kennzeichnungen nur Hilfestellungen seien, um beispielsweise in einer grossen Auswahl von Joghurts eine bewusste Wahl zu treffen, sagt Liliane Bruggmann vom BLV. Generell sollte man sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren, dann sei auch ab und zu mal ein Produkt erlaubt, das ein D oder E trägt, sagt Bruggmann.