Langfristige UnterstützungMehr Hilfe für KMU und Selbstständige
Vertreter des Gewerbeverbandes verlangen im Parlament mehr und länger dauernde Liquiditätskredite und dass auch indirekt vom Lockdown betroffenen Kleinunternehmern geholfen wird. Der Bundesrat sei in diesen Fragen «blockiert».
![Physiotherapeuten gehen im Moment leer aus, denn sie dürfen theoretisch arbeiten, aber die Abstandsregeln können sie in den allermeisten Fällen nicht einhalten.](https://cdn.unitycms.io/images/EjvHhIM6qH895eUNOIsjIz.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=bE94F8iVWtA)
Die Corona-Krise wird die Schweizer Wirtschaft in eine nie dagewesene Rezession stürzen. Um die Folgen abzufedern, hat der Bundesrat in kürzester Zeit Milliardenhilfen lockergemacht. Doch das wird nicht reichen. Daher schaltet sich jetzt das Parlament zunehmend in die Wirtschaftspolitik ein.
Den Anfang machen die Vertreter des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV). Sein Präsident Fabio Regazzi (CVP, TI) und andere Parlamentarier, die den Verband vertreten, haben gleich fünf Anträge in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrates eingereicht. Diese tritt am Dienstag zum ersten Mal zusammen. Die Anträge haben gute Chancen, verabschiedet zu werden, möglicherweise ergänzt mit weiteren Anliegen, heisst es aus dem Umfeld der Kommission.
Die Kernpunkte: Regazzi und seine Verbündeten wollen mehr und länger Geld für kleine und mittlere Betriebe. Zudem sollen auch indirekt von der Schliessung der Wirtschaft betroffene Selbstständige Geld erhalten. Dies hatte der Bundesrat bis jetzt abgelehnt.
Der Gewerbeverband unterstützt in einem E-Mail an die Kommissionsmitglieder zwar die bundesrätlichen Massnahmen. Sie hätten eine «hohe Wirkung» erzielt. Der Gewerbeverband schätzt, dass die Wirtschaft nur noch zu 50 bis 65 Prozent ausgelastet ist und sich ein Viertel der Arbeitsstellen in Kurzarbeit befindet. Die Massnahmen des Bundesrates funktionierten als Überbrückung zwar gut, schreibt der Gewerbeverband weiter. Sie müssten jedoch weiterentwickelt werden. Doch im Bundesrat herrsche «Uneinigkeit», die das Weiterkommen in der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Krise blockiere.
Längere Laufzeit der Kredite
Am dringlichsten sei die Anpassung der Liquiditätshilfen. Der SGV fordert, dass die Laufzeit der Solidarbürgschaft für die Kredite der Banken von fünf auf acht Jahre verlängert wird. Mit der weiterhin vorgesehenen Verlängerung um zwei Jahre müssten die Kredite erst 2030 endgültig zurückbezahlt werden. Zudem will der Verband, dass für die Kredite bis 500’000 Franken während der ganzen Laufzeit kein Zins zu bezahlen ist. Heute ist vorgesehen, dass das Finanzdepartement einmal im Jahr die Zinssätze anpassen kann.
Die Kredite, so der Gewerbeverband, seien kein Geschenk, sondern müssten zurückbezahlt werden. Das sei ein Mittel gegen Missbrauch und ein Anreiz, nur so viel Geld zu holen, wie absolut notwendig sei. Trotzdem seien die derzeit geltenden fünf respektive sieben Jahre für die meisten KMU eine «sehr kurze Frist». Da die Marge der Firmen in den meisten Branchen nur 3-6 Prozent betrage, könnte die rasche Rückzahlung oder gar ein Zins auf dem Darlehen zu neuen Liquiditätsengpässen führen.
Gleichzeitig fordern die Antragsteller, dass die Firmen in den Jahresrechnungen 2019 Sonderrückstellungen für die Corona-Pandemie vornehmen dürfen. Damit könnten die Firmen ihren Gewinn in der Jahresrechnung senken, entsprechend auch die Steuern. Der Verband schlägt vor, dass natürliche und juristische Personen bis die Hälfte des Nettogewinns als Rückstellung aufbauen können, maximal 300’000 Franken.
Auf Gesuch hin wären höhere Rückstellungen möglich, allerdings müssten dafür Beweise vorgelegt werden. Diese Rückstellungen müssten bis spätestens 2022 zwingend aufgelöst und dann auch versteuert werden.
Ebenso möchte der Gewerbeverband in der Verordnung präzisieren, dass die Offenlegung von finanziellen Informationen nur für die Gewährung der Solidarbürgschaften verwendet werden darf. Dies ist heute nur in den Erläuterungen erwähnt. Der Verband befürchtet eine Lockerung des Bankgeheimnisses.
Selbstständige sollen Hilfe erhalten
Schliesslich verlangen die Anträge der Verbandsmitglieder, dass auch Selbstständigerwerbende Taggelder erhalten, deren Geschäft nicht ausdrücklich durch Beschluss des Bundesrates geschlossen wurde. 270’000 von den Massnahmen Betroffene würden derzeit durch die Maschen des Auffangnetzes fallen, schreibt der Gewerbeverband. Es müsse darum gehen, auch für diese Unternehmen eine «gerechte Behandlung» zu finden.
Wer in seiner Tätigkeit vollständig von anderen Firmen abhängig ist, die geschlossen wurden, soll 30 Taggelder zu 196 Franken erhalten. Wer teilweise betroffen ist, bekäme noch 30-mal 98 Franken. Dabei sollen alle Branchen gleichbehandelt werden, um einen Verteilkampf zu verhindern.
Ähnliche Vorstösse haben auch die Grünliberalen angekündigt. Sie verlangen, dass Selbstständige Zugang zu den Liquiditätskrediten erhalten. Mindestens teilweise sollen ihnen diese Kredite später erlassen werden. Die Wirtschaftskommission will sich heute vor allem der Corona-Krise widmen; ob allerdings bereits Entscheide gefällt werden, ist noch nicht klar.
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