Mehr E-Autos bei Zürcher Firmen Wenn der Handwerker mit dem E-Bulli kommt
In der Stadt Zürich steigen Unternehmen weit schneller auf Elektroautos um als Privatpersonen. Doch eine Hürde bremst die E-Offensive.
Der weiss-gelbe VW-Bus der Firma Elektro M+C Telematik fällt auf. Die etwas lang gezogene Nase und die grössere Windschutzscheibe verleihen dem Elektro-Bulli etwas Futuristisches. «Wir erhalten viele Reaktionen, die Lieferwagen sind ein Blickfang», sagt David Calò, Geschäftsführer der Firma Elektro M+C.
Zwei solche VW-Busse hat sich das Unternehmen kürzlich angeschafft. Fünf der insgesamt 34 Autos werden aktuell von einem Elektromotor angetrieben. Seit zwei Jahren ist die Firma dabei, ihre Fahrzeugflotte auf E-Antrieb umzurüsten, wenn ein Auto ersetzt werden muss.
Calòs Geschäft ist kein Einzelfall, wie Zahlen von Statistik Stadt Zürich zeigen, die diese Redaktion ausgewertet hat. Die Antriebswende – weg vom Verbrenner, hin zum Elektromotor – geht bei den Firmenautos deutlich schneller voran als bei den Privatwagen. Inzwischen ist jeder zehnte in der Stadt Zürich gemeldete Personenwagen in Firmenbesitz ein Elektrofahrzeug (3026 von insgesamt 30’047 Firmenautos). Bei den Privatwagen sind es gerade mal 2,8 Prozent (2964 von insgesamt 104’554).
Die fünf Elektrofahrzeuge der Firma Elektro M+C haben wenig Gewicht in der Statistik. Doch auch Halterinnen und Halter von grossen Autoflotten in der Stadt Zürich schreiten bei der Elektrifizierung voran.
Zum Beispiel die Stadt selbst. Inzwischen sind 134 der 439 Personenwagen mit Elektroantrieb unterwegs, das entspricht rund 30 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden es 18 Fahrzeuge mehr. Diese Zahlen sind noch ohne Blaulichtorganisationen. Dort sind es noch mal 65 E-Autos, was rund 17 Prozent entspricht. Im vergangenen Jahr kamen 17 Wagen hinzu. Für Aufsehen sorgte ein in diesem Jahr beschaffter E-Bulli der Stadtpolizei Zürich, wie «20 Minuten» berichtete.
Die Stadt überwacht ihre E-Auto-Fortschritte ganz genau. Denn der Stadtrat hat 2022 beschlossen, dass bis 2035 die gesamte Fahrzeugflotte – bis auf wenige Ausnahmen – nur noch mit alternativen Energien betrieben werden soll.
Private gehen voran
Grosse private Organisationen setzen sich ähnliche Ziele. So etwa die in Zürich ansässige Gebäudeunterhaltsfirma ISS. Sie setzt sich ein Netto-null-CO₂-Ziel aus ihrer direkten Geschäftstätigkeit. Für die Fahrzeugflotte heisst das: bis 2030 die gesamte Flotte elektrifizieren. Noch in diesem Jahr sollen 50 Prozent aller neu gekauften Autos einen E-Antrieb haben.
Man sei auf Kurs, sagt eine Sprecherin. Die ISS-Flotte, die gesamthaft in der Stadt Zürich gemeldet ist, zählt rund 1700 Fahrzeuge, 10 Prozent davon seien schon E-Fahrzeuge. «Für 2024 sind weitere 120 elektrifizierte Fahrzeuge in Bestellung, wobei erwartet wird, dass diese Zahl noch steigen wird», sagt die Sprecherin.
Ein grosser Knackpunkt
Die Elektrifizierung, so alle angefragten Unternehmen, verlaufe weitgehend reibungslos. Einen grossen Knackpunkt nennen aber alle: die Ladestationen. «Ein wesentliches Problem besteht jedoch darin, dass viele Mitarbeitende weder an ihren Arbeitsplätzen noch zu Hause über geeignete Ladestationen verfügen», schreibt die ISS-Sprecherin. Dies erfordere Investitionen auf verschiedenen Ebenen. ISS hat sich beim Energieförderprogramm der Stadt Zürich für die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge angemeldet.
Calò von der Elektro M+C sieht das ähnlich. «Unsere Mitarbeitenden haben das Fahrzeug zu Hause. Gibt es dort eine Lademöglichkeit, elektrifizieren wir ein neues Fahrzeug. Gibt es keine Ladestation, müssen wir darauf verzichten.» Da sein Team im Durchschnitt 50 Kilometer am Tag fahre, müssten die E-Autos unterwegs kaum aufgeladen werden. Die Reichweite sei wohl vor allem für Aussendienstmitarbeitende ein Problem, die landesweit tätig wären.
Insgesamt rechne sich das E-Fahrzeug auch. «Benzin ist teurer als Strom, der Unterhalt ist geringer», sagt Calò. Zudem seien die normalen Autos beinahe gleich teuer. Der VW-Bus war allerdings teurer als ein herkömmlicher Benziner. «Wir haben einen 60er bezahlt, normal hätte es wohl einen 50er gekostet.» Er meint damit 60’000 Franken.
Auch eine Frage des Image
Calòs Firma gehört wie 14 weitere Unternehmen zur Baumann Koelliker Gruppe. Diese unterstützt die Beschaffung von E-Autos finanziell und ist damit nicht allein.
Viele Firmen nutzen die Elektrifizierung auch zur Imagepflege. Im Ratgeber von Swiss E-Mobility zur Elektrifizierung von Unternehmensflotten heisst es auch: «Elektromobilität steht für Nachhaltigkeit und Innovation. Wer mit der Zeit geht, fährt elektrisch.»
Calò spürt den Trend doppelt. In der Branche würden aktuell viele umsteigen, und gleichzeitig würden sie vielerorts Ladestationen in Gewerbehäusern und bei Privaten installieren.
Dass die E-Auto-Quote der Privaten jene der Firmen in der Stadt Zürich in naher Zukunft überholen wird, ist aber unwahrscheinlich. Bisher öffnete sich die Schere weiter auf, da die Quote bei den Neuzulassungen bei den Firmenwagen ebenfalls höher ist.
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