Hochdruck am HimmelTrumps Entlassungswelle hat spürbare Folgen bei Schweizer Fluglotsen
Das hiesige Luftfahrtpersonal ist nach dem Abbau in den USA besorgt. Die Effekte sind in Europa bereits angekommen.

Vor rund drei Wochen haben Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der US-Luftfahrtbehörde FAA ihre Kündigung per E-Mail erhalten. US-Präsident Donald Trump hatte dies angeordnet nach einer Kollision zwischen einem Linienflugzeug und einem Armeehelikopter, bei der im Januar in Washington 67 Menschen ums Leben kamen.
Die Massenentlassungen hängen mit dem Sparprogramm der US-Regierung zusammen. Trump will mithilfe von Beratern und Techmilliardär Elon Musk die Staatsausgaben drastisch senken. Musk leitet das dafür zuständige Departement of Government Efficiency (Doge).
Die Abgänge treffen die amerikanische Luftfahrtbehörde in einer Zeit, in der sie mit einem Mangel an Fluglotsinnen und Fluglotsen konfrontiert sind. Seit Jahren machen sich Bundesbeamte Sorgen über ein überlastetes und unterbesetztes Flugverkehrskontrollsystem.
Fluglotsen müssen manchmal innert Sekunden entscheiden
Diese Entwicklung beunruhigt auch die Fluglotsinnen und Fluglotsen in der Schweiz. Vincent Pannatier ist Fluglotse im Kontrollturm des Flughafens Genf und hat mit dem Westschweizer Fernsehen RTS über seine Arbeit gesprochen. Seine Aufgabe besteht darin, den Verkehrsfluss zu gewährleisten und auf das Unvorhersehbare zu reagieren – dazu gehören auch medizinische Notfälle.
Im vergangenen Monat beispielsweise musste Pannatier innerhalb weniger Sekunden den anderen Flugzeugen Anweisungen zum Durchstarten geben, um die Landebahn freizumachen, weil eine Frau während eines Fluges Wehen bekam.

Die Notwendigkeit von geschultem Personal wird in solchen Situationen besonders sichtbar. Genau dieses Personal wurde jedoch zum Teil letzten Monat in den USA entlassen. Donald Trump sagte nach der Ankündigung der Massentlassungen, er wolle das Unglück in Washington «sinnvoll nutzen», um die Systeme der Flugverkehrskontrolle in den Vereinigten Staaten zu modernisieren.
Die Doge-Mitarbeitenden sollen dabei «aus erster Hand einen Blick auf das aktuelle System werfen, erfahren, was die Fluglotsen an ihren derzeitigen Instrumenten mögen und was nicht, und sich einen Eindruck davon machen, wie wir ein neues, besseres, moderneres und sichereres System schaffen können.» Das teilte der US-Verkehrsminister Sean Duffy vergangenen Monat mit.
Genfer Fluglotsenchef: «Flugzeuge sind nicht auf Schienen unterwegs»
Der Leiter des Kontrollturms und der Anflugkontrolle des Flughafens Genf, Pascal Hochstrasser, äussert sich gegenüber dem Westschweizer Fernsehen RTS besorgt über Trumps Massnahmen gegen die Mitarbeitenden der US-Luftfahrtbehörde: «Flugzeuge sind nicht auf Schienen unterwegs, die Situationen entwickeln sich je nach Wetterlage. Wenn wir uns personell reduzieren, nimmt unsere Fähigkeit, Bewegungen zu managen, entsprechend ab.»
Die Konsequenzen von Trumps Entlassungen der Fluglotsinnen und Fluglotsen sind in Europa bereits spürbar. «In den USA sind die Lufträume extrem dicht, unsere Kollegen stehen stark unter Druck. Wir versuchen deshalb, die Menge unserer Fragen und Anfragen zu regulieren. Wenn wir das Gefühl haben, dass der Druck auf die Fluglotsen bereits vorhanden ist, hat es keinen Sinn, diesen Druck noch zu erhöhen», sagt Vincent Cathelain, Pilot und Leiter der Flugoperationen bei Sparfell, einer österreichischen Fluggesellschaft.
Die Automatisierung hat auch bereits durch die Vermehrung und Optimierung von Radarsystemen und Warnsystemen Einzug in den Kontrollturm in Genf gehalten. Der grosse Unterschied zu den Entwicklungen in den USA ist jedoch, dass die Fluglotsinnen und Fluglotsen durch die Technologie unterstützt und nicht ersetzt werden sollen. Das Personal versichert, dass es nach wie vor unverzichtbar sei, um die vierzig Starts und Landungen zu bewältigen, die jede Stunde stattfinden.
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