McConaughey spricht über Amoklauf«Man konnte sie nur anhand ihrer grünen Converse identifizieren»
Der Hollywoodstar hat in einer emotionalen Rede über das Schulmassaker in seiner Heimatstadt Uvalde gesprochen und eindringlich für eine Reform des Waffenrechts in den USA geworben.
Der US-Schauspieler Matthew McConaughey hat nach dem Schulmassaker von Uvalde im Weissen Haus einen emotionalen Appell für einen «verantwortungsvollen» Umgang mit Waffen gehalten. «Wir befinden uns jetzt in einem Zeitfenster, das wir noch nie zuvor erlebt haben, in dem es scheint, dass ein echter Wandel möglich ist», sagte der 52-Jährige am Dienstag. Der Schauspieler stammt aus der Kleinstadt im Bundesstaat Texas, wo ein 18-Jähriger Ende Mai 19 Grundschüler und zwei Lehrerinnen erschoss.
McConaughey, der den Tatort besucht und sich mit den Familien der Opfer getroffen hatte, sprach in Washington eindringlich über einige der Kinder, die gestorben waren. Er zeigte eine farbenfrohe Zeichnung von Alithia Ramirez, einer Zehnjährigen, die eines Tages eine Kunstschule in Paris besuchen wollte.
McConaughey wies auch auf ein Paar grüne Schuhe hin, die einem anderen Opfer, Maite Rodriguez, gehörten. «Grüne Converse-Schuhe mit einem Herz auf der rechten Zehe», sagte McConaughey. «Das sind dieselben grünen Converse an ihren Füssen, die sich nach der Schiesserei als der einzige eindeutige Beweis herausstellten, der sie identifizieren konnte», fügte er hinzu und schlug mit der Faust aufs Rednerpult. «Was sagt man dazu?»
McConaughey hatte sich vor der Pressekonferenz mit US-Präsident Joe Biden und Mitgliedern des Kongresses getroffen. Die Angehörigen der Opfer von Uvalde hätten ihm gesagt, dass sie sich wünschten, dass ihr Verlust eine Bedeutung habe. «Wir haben so viele Menschen getröstet», sagte er. «Und wissen Sie, was sie alle sagten? Wir wollen sichere Schulen und wir wollen Waffengesetze, die es den bösen Jungs nicht so leicht machen, an diese verdammten Waffen zu kommen.»
McConaughey warb für die von Biden vorgeschlagene Verschärfung der Waffengesetze. Er forderte schärfere Kontrollen für Waffenkäufer und die Erhöhung des Mindestalters für den Kauf von Sturmgewehren auf 21 Jahre. Er forderte Demokraten und Republikaner auf, bei dem Thema aufeinander zuzugehen. «So gespalten unser Land auch ist, in der Frage der Waffenverantwortung sind wir uns einig», sagte er. «Können beide Seiten über das politische Problem hinausblicken und zugeben, dass wir ein Problem mit dem Schutz von Leben haben?»
Nach dem Schulmassaker von Uvalde ist die Debatte über strengere Waffengesetze in den USA wieder in vollem Gange. Eine parteiübergreifende Gruppe von Senatoren arbeitet an Reformen, die allerdings schon seit Jahren von den Republikanern sowie Demokraten aus ländlichen Gegenden blockiert werden.
Sollen Bilder der Getöteten gezeigt werden?
Gleichzeitig ist in den USA die Diskussion entfacht, ob nicht Fotos der Getöteten gezeigt werden sollten, um auf die Problematik der laschen Waffengesetzgebung hinzuweisen. Viele sind überzeugt, die Debatte um das Waffenrecht würde anders geführt, wenn die erschossenen Primarschulkinder öffentlich gezeigt würden.
Kritiker hingegen befürchten, dass durch das Veröffentlichen expliziter Bilder Nachahmer motiviert werden könnten (Lesen Sie dazu auch unser Interview zum Schulmassaker in Texas: «Bilder von weinenden Kindern und Eltern finden Täter grossartig»).
Auslöser für die Debatte war unter anderem ein Tweet von David Boardman, Dekan des Klein College of Media and Communication der Temple University in Philadelphia. Einen Tag nach dem Schulmassaker von Uvalde schrieb Boardman: «Es ist an der Zeit – mit der Erlaubnis eines überlebenden Elternteils – zu zeigen, wie ein abgeschlachteter Siebenjähriger aussieht.»
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Daraufhin haben mehrere Medien das Thema aufgenommen. Erfahrene Journalisten und Journalistinnen beschrieben in Kommentaren ihren Umgang mit Bildern von Amokläufen während ihrer Karriere. Die «New York Times» untersuchte die politische Bedeutung solcher Bilder und deren Macht, die öffentliche Meinung zu formen. Die «Washington Post» analysierte die Debatte, indem sie die Argumente der Befürworter und Gegner aufzeigte. Und CNN-Moderator Brian Stelter richtete sich in seiner Live-Sendung an die Zuschauer und Zuschauerinnen und fragte: «Was, wenn Sie diese Bilder sehen müssten?»
Auch das sogenannte «Napalm Girl» hat sich in der Debatte zu Wort gemeldet. Während des Vietnamkrieges ging das Bild des damals neunjährigen Mädchens, das nackt und schreiend um sein Leben rennt, um die Welt. Es gab dem weit entfernten Krieg ein Gesicht und soll geholfen haben, den Einsatz der USA in Vietnam zu beenden.
Diese Wirkung sollen auch Bilder von getöteten Schulkindern haben. «Der Gedanke, die Bilder des Gemetzels zu teilen, insbesondere von Kindern, mag unerträglich erscheinen – aber wir sollten uns ihnen stellen», schreibt die heute 59-jährige Kim Phuc Phan Thi in einem kürzlich veröffentlichten Essay der «New York Times».
Die Debatte um Bilder von getöteten Kindern ist in den USA jedoch nicht neu. Bereits in den 1950er-Jahren forderten Gegner der lockeren Waffengesetze, dass Fotos von Getöteten gezeigt werden sollten. Die Mutter eines Schusswaffenopfers aus Mississippi ging 1955 sogar soweit, dass sie ihren Sohn, Emmett Till, bei dessen Beerdigung offen aufbahren liess. «Sie sollen sehen, was ich gesehen habe», wurde sie damals in den Medien zitiert. Das Bild schockierte und half, die Bürgerrechtsbewegung zu mobilisieren.
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AFP/aru
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