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Meinung

Mamablog
«Nie würde ich ein Kind in diese Welt setzen!»

Ständiges Aufräumen, Haare im Pesto-Look und abgewetzte Jeans – und finanziell sowieso ein Desaster. Aber dennoch gibt es viele gute Gründe für Kinder.
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Gerade in diesem schäbigen Sommer, der uns vorführt, dass er und seine Kollegen langsam die Schnauze voll von unseren Mätzchen haben, gibt es wirklich wenig Gründe, nicht eifrig zu nicken, wenn jemand sagt: «Nie würde ich ein Kind in diese Welt setzen!» Denn mit der Aufzucht begehen wir die grösste Klimasünde, und finanziell fordert ein Kind auch einiges. Es gibt – siehe Geburtenrückgang – immer weniger Paare, die ihrem nächsten Liebesakt eine Prise Zeugungsfreudigkeit beimischen. Warum sollte man Zweierglück gegen Mental-Load-Fights, Trips in die Malediven gegen Ferien im Reka-Dorf und gepflegte Einladungen in beige gehaltene Wohnungen gegen vollgekackte Windeln auf verflecktem Sofa eintauschen? Eben. Da gibt es wenig Gründe. Und doch so viele…

Die Ausreden

Wenn ich mal wieder an einem Weihnachtsapéro sass, bei dem ich mit meinen Arbeitsgspäändli bedeutend weniger lustige Gespräche führte als bei einer zufälligen Begegnung am Kopierer, war es stets eine Erlösung, nach dem dritten Lachsbrötli zu seufzen: «Leute, ich muss! Die Kita schliesst gleich!» Leider glaubt mir heute keiner mehr, dass meine überlangen Teenies dort immer noch auf einem Tripp-Trapp sitzend meinem Erscheinen entgegenfiebern.

Lebendige Menschen braucht das Land

Unsere schnelle und komplexe Welt braucht Menschen, die empathisch, mutig und kreativ denkend durchs Leben gehen und Verantwortung übernehmen. Meine Kinder sind keine Überflieger. Sie werden auch nicht die Welt retten. Aber indem ich ihnen die Möglichkeit gebe, sich und ihre Talente zu entfalten, fliessen diese auch wieder in die Welt ein.

Die persönliche Entwicklung

Bevor ich Kinder hatte, war mein Lebenselixier das Reisen. Nie vergesse ich, wie ich den ersten positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt und vor meinem geistigen Auge sämtliche Überlandbusse in exotischen Ländern abfuhren. Ohne mich. So verschob ich mein Reisen ins Innere und entdeckte dort Orte, gegen die der Amazonas eine Ballenberg-Landschaft ist. Es waren die Auslöser durch Kinder und Mann, durch Familie, die mich vieles über mich und meinen persönlichen Amazonas lehrten.

Der Jeansvorrat

Dass meine Haare in der Kleinkindmutter-Phase oft aussahen, wie öliges Pesto mit wenig Spaghetti, weil das ständige SCHREI – Brüll – MAMAAAA es mir nicht erlaubte, lange unter der Dusche zu bleiben, konnte ich irgendwie hinnehmen und mit einem Pferdeschwanz kaschieren. Was ich jedoch unerträglich fand, waren meine Jeans, deren Kniebereich stets zerschlissen war, weil ich mich ständig robbend (putzend, spielend, aufräumend) durch die Wohnung bewegte. Also legte ich mir einen grossen Vorrat meiner Lieblingsjeans zu, um wenigstens im Kniebereich adrett auszusehen, falls unerwartet die Zeugen Jehovas klingeln würden. Dass mein – sagen wir mal gesund gewachsener –Körper mittlerweile nicht mehr in diese Jeans passt, ist eine andere Geschichte und liesse sich durchaus unter den Anti-Kinder-Argumenten verbuchen.

Die Liebe

Bevor Sie jetzt Ihr altes Poesiealbum vom Estrich holen, um romantische Verse über die Liebe neben gezeichnete Schwäne im Sonnenuntergang zu schreiben: Lassen Sie es. Die Liebe, von der ich spreche und durch meine Kinder kennen gelernt habe, ist weder zuckrig noch rosa, noch spricht sie von einem durchgehend idyllischen Leben. Es ist die Liebe des Trotzdem. Eine Liebe, die ich in dieser Form nicht kannte. Selbst an Tagen, an denen ich kurz davor stehe, meine Kinder zur Marsexpedition anzumelden, weiss ich im selben Moment, dass ich es mit allen Planeten des Universums aufnehmen würde, wenn meine Kinder es bräuchten. Und das ist eine wirklich grosse Sache!