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Verschwinden von Maddie McCann
Verdächtiger im Fall Maddie könnte 2025 freikommen

04.06.2024, Niedersachsen, Braunschweig: Der Angeklagte Christian B. kommt in Handschellen und mit einem Aktenordner in der Hand in den Gerichtssaal im Landgericht Braunschweig. Christian B. werden drei Fälle schwerer Vergewaltigung und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Portugal vorgeworfen. Ermittler verdächtigen den Deutschen auch im Fall Maddie. Foto: Julian Stratenschulte/dpa Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Julian Stratenschulte)
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Seit Juni 2017 sitzt Christian B., 47, im Gefängnis. In diesen Jahren wurde er mehrmals verurteilt, wegen des sexuellen Missbrauchs eines Kindes, wegen der Vergewaltigung einer 72 Jahre alten US-Amerikanerin, und er wurde zu einem der berühmtesten Häftlinge des Kontinents, weil ihn die Staatsanwaltschaft Braunschweig zum Hauptverdächtigen in einem bis heute ungelösten Vermisstenfall erklärt hatte, dem Verschwinden der drei Jahre alten Maddie McCann im Mai 2007. Seit Februar steht Christian B. erneut vor Gericht, die Staatsanwaltschaft Braunschweig wirft ihm vor, drei Frauen vergewaltigt und zweimal vor Kindern masturbiert zu haben. Doch seit diesem Mittwoch ist wahrscheinlich, dass Christian B. im Frühjahr 2025 wieder ein freier Mann sein wird.

Verteidiger Friedrich Fülscher hatte vor knapp zwei Wochen beantragt, im laufenden Verfahren den Haftbefehl gegen Christian B. aufzuheben – am Mittwoch teilte das Landgericht Braunschweig nun mit, dass die 2. Strafkammer «einen dringenden Tatverdacht hinsichtlich sämtlicher Anklagevorwürfe verneint». Und dass sie deshalb den Haftbefehl aufgehoben hat. Für Fülscher ist diese Entscheidung «das einzige mögliche Ergebnis nach der bisherigen Hauptverhandlung». Kein Vorwurf, sagt er am Telefon, «hat sich bislang bestätigen lassen». Da der Haftbefehl aufgehoben wurde, sagt Fülscher, sei er sich auch sicher: «Christian B. wird freigesprochen werden.»

Christian B. wird den Rest des Prozesses dennoch im Gefängnis bleiben, da er bis zum kommenden Frühjahr noch die Haftstrafe absitzen muss für die Vergewaltigung der 72 Jahre alten US-Amerikanerin. Verurteilt wurde er in jenem Fall 2019, und damals war die Beweislage eindeutig: Im Bett der Frau wurde ein Haar gefunden, das ihn als Täter überführt hatte. Ein derart klarer Beweis fehlt in dem aktuellen Verfahren.

Videos sind nicht mehr auffindbar

Bei zwei der drei vorgeworfenen Vergewaltigungen stützt sich die Staatsanwaltschaft auf die Aussagen von zwei ehemaligen Bekannten von Christian B., die bei ihm eingebrochen waren, als B. im Frühjahr 2006 in Portugal wegen Dieseldiebstahls im Gefängnis sass. Bei dieser Gelegenheiten hatten die zwei Bekannten auch Videokassetten geklaut, auf denen die Vergewaltigungen zu sehen gewesen seien – und Christian B. als Täter. Die Videos sind inzwischen allerdings unauffindbar. Die 2. Strafkammer scheinen die Aussagen der beiden Bekannten nicht überzeugt zu haben, auch nicht, dass ein anderer Zeuge bestätigte, dass ihm die beiden von den Videos schon 2007 erzählt hätten.

Die dritte vorgeworfene Vergewaltigung gleicht in vielen Punkten derjenigen, für die Christian B. 2019 verurteilt wurde: Die Irin Hazel B. berichtete von einem vermummten Mann, der im Juni 2004 bei ihr nachts eingebrochen sei, der sie gepeitscht und vergewaltigt habe. Als 2020 dann die Staatsanwaltschaft Braunschweig Christian B. als Verdächtigen im Vermisstenfall Maddie McCann präsentiert hatte, habe sie diesen wiedererkannt. Doch in ihrem Apartment wurden damals keine DNA-Spuren gefunden, die einen Täter zweifelsfrei identifizieren.

Der aufgehobene Haftbefehl ist ein schwerer Rückschlag für die Staatsanwaltschaft Braunschweig, die sich von einer weiteren Verurteilung – und einer möglichen Sicherungsverwahrung – mehr Zeit erhofft, um im Vermisstenfall Maddie McCann weiterermitteln zu können. Sie verdächtigt Christian B. unter anderem, weil dieser an der Algarveküste in der Nähe der Ferienanlage der McCanns gelebt hatte und weil ein Handy, das auf ihn zugelassen ist, am Abend des Verschwindens eine halbe Stunde lang über den Funkmast der Ferienanlage eingeloggt war.

Im aktuellen Verfahren wird ein Urteil im Herbst erwartet.

Benedikt Warmbrunn