Anklage in DeutschlandProzess gegen Maddie-Verdächtigen vertagt
Christian B. muss sich vor Gericht für fünf Sexualdelikte verantworten, die nicht mit Maddies Verschwinden zusammenhängen. Die Verhandlung wurde wegen eines Befangenheitsantrags vertagt.
Der Prozess gegen den im Fall Maddie mordverdächtigen Deutschen wurde vertagt. Der Verdächtige im Fall des vor bald 16 Jahren verschwundenen britischen Mädchens muss sich wegen fünf nicht im Zusammenhang mit dem Fall stehender Sexualverbrechen vor dem Landgericht im niedersächsischen Braunschweig verantworten. Christian B. ist unter anderem wegen Vergewaltigung angeklagt. Es geht in dem Prozess um Taten, die er zwischen 2000 und 2017 in Portugal begangen haben soll.
Wegen eines Befangenheitsantrags der Verteidigung wurde die Verhandlung um eine Woche vertagt.
Zuvor war es bereits zu Verzögerungen beim Prozessauftakt gekommen, weil der Andrang vor dem Landgericht Braunschweig am Freitagmorgen so gross war. Vor dem Gebäude bildeten sich lange Schlangen, vor dem Betreten mussten sich alle Besucherinnen und Besucher aufwendigen Sicherheitsmassnahmen unterziehen.
Das Gericht setzte für die Verhandlung zunächst rund 30 Verhandlungstage bis Ende Juni an. B. sitzt nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Vergewaltigung derzeit ohnehin bereits in Strafhaft. Von portugiesischen und deutschen Ermittlern wird er auch als Verdächtiger im Fall des im Mai 2007 aus einer Ferienanlage an der südportugiesischen Algarveküste verschwundenen britischen Mädchens Madeleine «Maddie» McCann geführt.
Maddie verschwand damals, während ihre Eltern in einem nahen Restaurant zu Abend assen. Trotz grossangelegter Fahndungen und zahlreicher Aufrufe ihrer Eltern wurde der Fall nie aufgeklärt, Maddie blieb unauffindbar.
Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft ermittelt seit mehr als drei Jahren im Zusammenhang mit dem Verschwinden Maddies gegen B. wegen Mordes. Sie geht nach eigenen Angaben davon aus, dass er das Mädchen tötete. Nähere Angaben dazu, worauf sich ihr Verdacht stützt, macht die Behörde bislang nicht. Auch eine Anklage erfolgte bislang nicht. Auch die portugiesische Staatsanwaltschaft beschuldigt den Deutschen im Fall Maddie des Mordes.
Opfer zwischen zehn und 80 Jahre alt
In den jetzt vor Gericht kommenden Fällen soll B. mehrere Mädchen und Frauen im Alter von zehn bis 80 Jahren sexuell missbraucht haben. Die Anklage stützt sich auf Videoaufnahmen der Taten, die der Beschuldigte selbst aufnahm. In einem Fall wurde er auch vor Ort von der Polizei festgenommen. Nicht alle Opfer konnten schon identifiziert werden.
Konkret legen die Ermittlerinnen und Ermittler B. drei Vergewaltigungen von Jugendlichen und Frauen in Ferienwohnungen, Appartements und anderen vergleichbaren Objekten zwischen 2000 und 2006 zur Last. Demnach soll der Beschuldigte in die Räume eingedrungen sein, um seine Opfer zu fesseln, brutal zu misshandeln und zu missbrauchen. Diese Taten filmte er.
Ausserdem wird B. sexueller Missbrauch von zwei Mädchen im Alter von zehn sowie elf Jahren 2007 und 2017 an Stränden sowie auf einem Spielplatz zur Last gelegt. Im letzten Fall alarmierte das Opfer seinen Vater, woraufhin der Beschuldigte seinerzeit von Polizisten noch vor Ort gefasst wurde.
Der Polizei seit langem bekannt
B. beschäftigt Ermittler und Justiz in Deutschland bereits seit langem, er ist unter anderem auch wegen Sexualdelikten an Kindern vorbestraft und verbüsste im Lauf seines Lebens diverse Haftstrafen. Zuletzt verurteilte ihn das Landgericht Braunschweig 2019 wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Touristin in Portugal im Jahr 2005 rechtskräftig zu einer siebenjährige Gefängnisstrafe, die er derzeit in einer Haftanstalt verbüsst.
Deutschen Ermittlern zufolge hielt sich B. früher regelmässig in Portugal auf, um dort Gelegeheitsjobs auszuführen und in Ferienanlagen und Hotels einzubrechen. Parallel soll er während seiner wiederholten Aufenthalte in Feriengebieten an der Algarve dort auch Sexualverbrechen begangen haben.
B. lebte früher unter anderem in Braunschweig, daher ist das Landgericht in der niedersächsischen Stadt für ihn zuständig. Geklärt wurde dies erst nach einem juristischen Zuständigkeitsstreit. Das Braunschweiger Gericht erklärte sich für nicht zuständig und argumentierte, B. habe den letzten ständigen Wohnsitz vor seinem Auslandsaufenhalt in Sachsen-Anhalt gehabt.
Das übergeordnete Oerlandesgericht in Braunschweig entschied später auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft aber, dass von einem letzten Wohnsitz in Braunschweig auszugehen sein. Daher sei das Landgericht dort zuständig.
AFP/aru
Fehler gefunden?Jetzt melden.